Das Zünglein an der Waage

Das Zünglein an der Waage

Das optimale Testchart für Ihre Zwecke – Teil 2/2

Nachdem im ersten Teil der Serie (inVISION 2/16) die verschiedenen Testcharts zur Überprüfung der Auflösung und Verzeichnung vorgestellt wurden, soll in diesem Teil der Schwerpunkt auf der Vorstellung von spezielleren Targets liegen, die zur Überprüfung weiterer Schlüsselparameter eines Bildverarbeitungssystems wie z.B. Tiefenschärfe, Telezentrie und Vignettierung genutzt werden.

Tiefenschärfe

Die Tiefenschärfe gehört im Allgemeinen zu einer der schwieriger zu definierenden Kenngrößen eines Bildverarbeitungssystems. Die geeignetste Methode, wenn auch in der Praxis nur bedingt möglich, ist die Spezifikation von Kontrast- und Auflösungswerten an verschiedenen Stellen des Bildes (z.B. in der Mitte, bei 70 Prozent und 100 Prozent des Bildfeldes), und das innerhalb des gesamten gewünschten Arbeitsbereiches. Die experimentelle Überprüfung und Festlegung dieser Werte in applikationsnahen Tests ist aber meist mit signifikantem Aufwand verbunden. Hier schafft das links in Bild 1 gezeigte Target Abhilfe, wenn es darum geht die Tiefenschärfe eines Bildverarbeitungssystems zu überprüfen. Positioniert unter 45° zur Kamera, verfügt es über vier Skalen mit verschiedener Auflösung, so dass es innerhalb eines breiten Bereiches an Brennweiten und Arbeitsabständen eingesetzt werden kann. Die jeder Skala benachbarte Kalibration in Millimetern erleichtert die Auswertung, wie rechts in Bild 1 illustriert. Hier wird der Effekt einer kleineren Blende (größeren F-Zahl) auf die Tiefenschärfe quantitativ erfasst und dargestellt. Im oberen Beispiel beträgt der Bereich innerhalb welchem der geforderte Kontrastwert erreicht wird 1,5mm. Das untere Bild, aufgenommen mit kleinerer Blende, zeigt hingegen einen Tiefenschärfebereich von 3,0mm. Neben der F-Zahl ist die Tiefenschärfe proportional zur Wellenlänge des verwendeten Lichtes. Auch dieser Einfluss lässt sich mit Hilfe des Targets leicht verifizieren bzw. quantifizieren. Hier ist zu beachten, dass mit diesem Target nur jeweils eine Stelle des betrachteten Bildfeldes erfasst wird. Zur vollständigen Charakterisierung – auch in den Randbereichen – sind daher mehrere Einzelmessungen notwendig. Mit etwas Mehraufwand kann man diese Messungen auch mit Ronchi-Strichplatten durchführen (s.Teil 1 des Beitrages), wobei darauf zu achten ist, dass diese weniger flexibel sind, da sie nur über eine Auflösung bzw. Frequenz in einer Orientierung verfügen.

Telezentrie

Das Konzept objektseitig telezentrischer Objektive beruht auf der Parallelität des Hauptstrahles zur optischen Achse. Hierdurch werden perspektivische Fehler vermieden und die Vergrößerung des Objektivs ist in der Theorie unabhängig vom Abstand zwischen Objektiv und Objekt. In der Praxis wird diese perfekte Telezentrie jedoch nie erreicht, da zum einen der Winkel des Hauptstrahles mit der Position innerhalb des Sichtfeldes variiert und zum anderen dieser Winkel von der Wellenlänge des verwendeten Lichtes abhängig ist. Der verbleibende Winkel stellt einen limitierenden Faktor hinsichtlich der Genauigkeit eines bildgebenden Mess- und Prüfsystems dar, so dass es sich lohnt diesen Aspekt genauer zu betrachten. Hierfür kann ein spezielles Telezentrie-Target herangezogen werden (Bild 2, links). Es verfügt über parallele Linien verschiedener Dicke und wird ähnlich dem Tiefenschärfe-Target üblicherweise unter 45° zum Objektiv positioniert. Bild 2 zeigt ein mit einem telezentrischen Objektiv aufgenommenes Bild dieses Targets. Die Linien erscheinen ungeachtet der sich ändernden Distanz zum Objektiv parallel. Zum unteren Rand zeigt sich die Defokussierung, die aufgrund des limitierten Tiefenschärfebereiches auftritt. Mit telezentrischen Objektiven tritt diese Defokussierung jedoch symmetrisch zur Mittelposition der Linie auf. Würde man die Mittenposition der Linie am oberen und am unteren Rand bestimmen, käme man zum gleichen Ergebnis – im Rahmen der Genauigkeit des verwendeten telezentrischen Objektivs. Zur besseren Darstellung zeigt Bild 2 noch einmal die gleiche Szene, diesmal aufgenommen mit einem entozentrischen Objektiv. Hier wird deutlich, dass sich die Mittenpositionen der einzelnen Linien nicht auf der gleichen Position befinden. Als Maß für die Telezentrie kann der Winkel: Tan =X/Y, mit X=|X1-X2| und Y=|Y1-Y2| herangezogen werden.

Weißabgleich und Vignettierung

Für manche Anwendungen, z.B. in der Qualitätssicherung, spielt die korrekte Identifikation der Farbe eine wichtige Rolle. Um den Einfluss der Beleuchtung auf die korrekte Farbgebung zu minimieren oder mehrere Systeme aufeinander abzustimmen, können hier spezielle Targets zum Weißabgleich herangezogen werden. Diese werden in verschiedenen Größen angeboten und bieten eine in alle Richtungen gleichmäßig stark reflektierende, weiße Fläche. Zu beachten ist hierbei, dass diese Gleichmäßigkeit im gesamten für die Anwendung relevanten Wellenlängenbereich eingehalten wird, sei es UV, VIS oder NIR. Basierend auf einem mit diesem Target aufgenommenen Testbild können software-seitige Korrekturen vorgenommen werden, um die fehlerfreie Farbgebung des Systems in der Anwendung zu gewährleisten. Teilweise werden Targets zum Weißabgleich auch mit NIST-Zertifizierung angeboten, so dass sie zur Kalibration von Bildverarbeitungs- oder Spektrometersystemen verwendet werden können. Schließlich eignen sich diese Targets auch zur Überprüfung des Randlichtabfalles eines Bildverarbeitungssystems, eine homogene Beleuchtung vorausgesetzt. Hierbei können verschiedene Objektive miteinander verglichen werden oder aber das gleiche Objektiv bei verschiedenen F-Zahlen.

Fazit

Die Beiträge vermittelten einen detaillierten Einblick in die verschiedenen Targets zur Überprüfung der Schlüsselparameter eines Bildverarbeitungssystems. Im ersten Teil wurden die Targets zur Charakterisierung von Auflösung, Kontrast und Verzeichnung behandelt, im zweiten die Themen Tiefenschärfe, Telezentrie, Weißabgleich und Vignettierung vorgestellt.

Themen:

| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 3 2016
Edmund Optics GmbH

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