Drohenden Stillstand vermeiden

Drohenden Stillstand vermeiden

Intelligente Roboterleitung warnt frühzeitig vor Ausfall

Im Vergleich zu den Ausgaben für den eigentlichen Roboter machen sich die Kosten für die Leitungen, mit denen dieser bestückt ist, wie die sprichwörtlichen Peanuts aus. Nimmt aber eine solche Leitung Schaden und fällt darauf eine Maschine oder Anlage ungeplant aus, kann dies gravierende wirtschaftliche Konsequenzen haben. Grund genug für Igus, eine intelligente Roboterleitung vorzustellen, die den Anwender frühzeitig vor einem Ausfall warnt. Wie das funktioniert, erklärt Rainer Rössel, Leiter des Geschäftsbereichs Chainflex-Leitungen bei Igus.

Was unterscheidet eine Leitung für eine Energiekette, die eine lineare Bewegung ausführt, von einer Leitung für Robotik-Anwendungen?

Rainer Rössel: Die Leitung für die linear bewegte Energiekette weist nicht selten eine beträchtliche Länge auf. Damit diese der Bewegung der Kette auch folgen kann, sind Leitungen für den sicheren Betrieb in einer Kette recht steif ausgeführt. Eine Roboterleitung ist hingegen vergleichsweise kurz, muss aber sehr flexibel sein und dreidimensionale Bewegungen problemlos mitmachen. Wenn sich die Leitung in der Torsion bewegt, muss die Kraft, die dabei entsteht, irgendwohin abgeführt werden, damit die Adern nicht reißen. Unsere neue Roboterleitung haben wir deswegen zwischen den Adern mit Füllelementen versehen, die wie Stoßdämpfer wirken. Die Adergruppen werden vom Dämpferelement abgefedert und der Mantel gleitet über den Schirm. Damit ist die nötige Bewegungsfreiheit gegeben.

Waren für die neu entwickelte Roboterleitung eigene tribologische Untersuchungen notwendig, oder hatten Sie das Material dafür bereits in der Schublade?

Rössel: Die Entwicklung verlief nach dem Trial&Error-Prinzip. Bei den Tests herkömmlicher Leitungen haben wir in unsrem mit 2.750m2 großen Testlabor für bewegte Leitungen festgestellt, dass Kräfte durch dreidimensionalen Bewegungen in die Adern abgeführt werden und diese zerstören. Daraufhin haben wir einen wesentlich weicheren Aufbau gewählt, zum Teil andere Werkstoffe verwendet und zudem mit den bereits erwähnten Füllelementen gearbeitet, die in einer Energiekette gar keinen Sinn machen würden.

Wen sehen Sie als primäre Zielgruppe für Ihre neue Roboterleitung?

Rössel: Für die großen Roboterhersteller, die entsprechende Mengen abnehmen, werden Leitungen natürlich speziell angefertigt. Aber für den Systemintegrator, der einzelne Roboter in eine Produktionslinie integrieren möchte und dafür lediglich 30 bis 100m Leitung benötigt, gab es bisher nichts von der Stange. Er musste also irgendeine flexible Leitung nehmen und hoffen, dass diese möglichst lange ihre Dienste in der dreidimensionalen Bewegung verrichtet. Wir sind mit der Leitungsfamilie CF Robot der einzige Anbieter am Markt, der für die Robotik ein geprüftes Katalogprogramm an Leitungen bietet, das ab Lager lieferbar ist. Dieses Alleinstellungsmerkmal macht CF Robot für uns zu einem absolut zukunftsträchtigen und wichtigen Geschäftsfeld.

Wie bekommt man eigentlich Intelligenz in ein Kabel?

Rössel: Die neue Roboterleitung ist ja nicht intelligent im herkömmlichen Sinn. Durch unsere langjährigen Testverfahren wissen wir allerdings ganz genau, wann einer Leitung ein Defekt droht. Wir führen über zwei Milliarden Testzyklen pro Jahr durch und messen dabei über Jahre kontinuierlich die Veränderungen in den Eigenschaften von Leitungen. Dafür haben wir sogar ein eigenes System namens Aut0mes-System entwickelt. Die Erfahrungswerte aus diesen Tests sind jetzt in die sogenannte intelligente Leitung eingeflossen. Wir bieten also ein System an, das die Leitung überwacht und dem Anwender frühzeitig signalisiert, dass in X Zyklen oder Wochen die Leitung ausgetauscht werden sollte. Der Gedanke ist also, einen geplanten Austausch der Leitung vornehmen zu können, um unvorhergesehene Roboterausfälle und deren weiterreichende Folgen zu verhindern. Der Anwender legt sich so eine Leitung auf Vorrat ins Lager und kann nach einer entsprechenden Meldung durch unser System in aller Ruhe einen Austausch planen, der optimal in seine Unternehmensabläufe passt.

In welcher Form wird der Anwender benachrichtigt, dass ein Austausch eingeplant werden sollte?

Rössel: Das kann je nach Applikation und vorhandener Hardware-Infrastruktur unterschiedlich sein. Eine Meldung kann über eine definierte Schnittstelle ausgegeben werden, die ohnehin beim Anwender implementiert ist, etwa ein Warnlicht, ein Balkendiagramm innerhalb einer Software oder eine entsprechende Information an die Steuerung.

Igus gewährt auf seine Chainflex-Leitungen eine 36-monatige Garantie. Muss sich der Anwender in den ersten drei Jahren überhaupt um die Roboterleitung kümmern?

Rössel: Selbstverständlich. Jede Leitung arbeitet unter bestimmten Rahmenbedingungen wie Temperatur, Biegeradius oder Verfahrweg, die bei verschiedenen Anwendungen sehr unterschiedlich sind. Und ein Kunde soll nach 36 Monaten nicht plötzlich durch einen Ausfall überrascht, sondern frühzeitig informiert werden. Außerdem gibt es Anwendungen, die Leitungen stärker beanspruchen, als es in den technischen Daten definiert ist. Hier ist es umso wichtiger, den Kunden vor einem Ausfall zu warnen, um ihn nicht in vermeintlicher Sicherheit zu wahren. Wenn eine Applikation deutlich mehr Zyklen erreicht, möchte der Anwender ja trotzdem über einen drohenden Ausfall informiert werden.

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inVISION 2 2016
igus GmbH

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