Formvollendet Licht lenken

Formvollendet Licht lenken

Neue Beleuchtungsprinzipien für AOI-Anwendungen

Ist ein flaches Objekt mit bekanntem und fixem Abstand zu beleuchten, ist die Auswahl der notwendigen Fokussierung vergleichsweise einfach. Aufwendiger gestaltet sich die Auswahl der richtigen Beleuchtung, wenn ein Objekt keinen genau definierten Abstand zum Licht hat, oder die zu untersuchende Oberfläche nicht flach sondern räumlich ist.
Die meisten Menschen verbinden mit dem Begriff ‚Scannen‘ das Digitalisieren von Dokumenten, eine zeilenbasierte Abtastung eines relativ kleinen flachen Objektes mit optischen Sensoren. Im Bereich von AOI (Automated Optical Inspection) sind die technologischen Anforderungen weitaus anspruchsvoller: Mit modernen Scansystemen werden nicht nur großformatige, flächige Objekte digitalisiert, mithilfe von 3D-Bilderfassungsverfahren müssen darüber hinaus auch große Höhenbereiche abgedeckt werden. Geeignete Lösungen verlangen nicht nur innovative, zeilenbasierte Scantechnologien, sie setzen auch den Einsatz leistungsstarker, hochspezialisierter Beleuchtungssysteme voraus.

Komplexe AOI-Anforderungen

Anwendungen, bei denen allein aufgrund der schieren Größe des Prüfobjektes besondere Lichtlösungen benötigt werden, gibt es beispielsweise in der holzverarbeitenden Industrie. In modernen Sägemühlen werden Holzbalken/-bretter mit Geschwindigkeiten von bis zu 12m/s – gleichzeitig von allen vier Seiten – automatisiert auf Qualitätsmerkmale gescannt. Auch beim AOI-Einsatz in der Verpackungsindustrie werden höchste Anforderungen an die Beleuchtung gestellt. Kartons und Wellpappen, die später in Verpackungskisten für Umzüge oder Warentransporte Verwendung finden, werden mit modernen Maschinen in großflächigen Einheiten produziert und bedruckt. Die automatisierte Inspektion der Druckqualität erfordert gleichzeitig eine hohe Auflösung und Toleranz gegenüber einer nicht sehr präzisen Führung der Kartons im Produktionsmaschinen-Workflow. Letztendlich verlangen auch AOI-Anwendungen im Bereich der Logistik eine unglaubliche Flexibilität im Hinblick auf die Handhabung und das Nachverfolgen von Verpackungseinheiten jeder Größe. Das Lesen von Transport-Tags auf den Kisten erfordert eine extrem flexible Kameravorrichtung und eine perfekte Ausleuchtung, unabhängig von der Größe und Bauform der Kiste. Die Kisten werden in vielen Fällen auf Rollen oder Wagen in der gleichen Höhe bewegt, die Tags sind jedoch aufgrund der unterschiedlichen Höhen der Kisten auf ganz verschiedenen Niveaus angebracht. Im Wesentlichen lassen sich im AOI-Segment drei Anforderungsszenarien für Beleuchtungen unterscheiden:

  • • Großer Arbeitsabstand: Es gibt Anwendungen, bei denen der Arbeitsabstand zwischen der Scanvorrichtung mit Zeilenkamera und Beleuchtung und dem Prüfobjekt groß sein muss. Anwendungsfälle gibt es z.B. in der Lebensmittelindustrie. Aus Hygienegründen und um potenziell mögliche Verschmutzungen der Esswaren zu vermeiden, erfolgt die Inspektion aus vergleichsweise großem Abstand. Ebenfalls aus weiter Entfernung findet die Inspektion auch bei Anwendungen in der Stahlindustrie statt. Grund ist hierbei die extrem hohe Temperatur bei der Kontrolle des glühenden Stahlgusses.
  • • Große Ausleuchtungstiefe: In der Nahrungsmittelindustrie werden große Fleischstücke in hohen Kunststoffkisten über Transportbänder von einer Station zur nächsten transportiert. Die optische Überprüfung der Qualität und Form des Fleischstücks erfordert hier eine gute Ausleuchtung über die gesamte Tiefe der Kiste. Auch für die exakte 3D-Vermessung von Objekten ist eine große Ausleuchtungstiefe eine Grundvoraussetzung, um sicherzustellen, dass der gesamte Höhenbereich des Prüfobjektes gleichmäßig beleuchtet ist.
  • • Applikationsspezifische Besonderheiten: Ein Beispiel hierfür ist die Vermeidung von Blendung anderer Kameras, wenn die Inspektion eines Objektes gleichzeitig über mehrere Kameras erfolgt. Auch mögliche Reflektionen, die beispielsweise durch ein Schutzglas zwischen Objekt und Beleuchtung entstehen und zu Blendungen des eigenen Kamerasystems führen, gilt es durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden.

Nichts bleibt im Dunkeln

Optimale Lichtbedingungen sind die Voraussetzung für perfekte Bilder. Zu diesem Zweck stehen Anwendern heute hochspezialisierte LED-Beleuchtungssysteme mit unterschiedlichen Abstrahlcharakteristiken zur Verfügung. Dazu gehören Auflicht- und Dunkelfeldbeleuchtungssysteme, die sich durch extrem hohe Lichtstärke und Homogenität auszeichnen, aber auch Hellfeld- und Durchlichtbeleuchtungssysteme, die aufgrund ihrer außergewöhnlichen Leuchtdichte und Farbgleichmäßigkeit für den Einsatz in Hochgeschwindigkeitsanwendungen prädestiniert sind. Eine dritte Alternative, sogenannte Tunnelbeleuchtungssysteme, wurden speziell für Zeilenkamera-Applikationen mit diffusen Lichtverhältnissen konzipiert. Sie eignen sich aufgrund ihrer gleichförmigen Lichtverteilung besonders für die automatische Inspektion von Werkstücken mit hoch reflektierenden oder glänzenden Oberflächen. Um unerwünschte Lichtreflexe – hauptsächlich bei fokussierenden Beleuchtungen – zu verhindern, können Anwender zudem auf Polarisationsfilter zurückgreifen. Eines der Hauptanwendungsgebiete ist das Lesen von Tags/Adressen, die hinter einer reflektierenden Plastikfolie bzw. einem transparenten Sichtfenster liegen. Beim Einsatz derartiger Filter in der industriellen Bildverarbeitung gilt es jedoch einige Faktoren zu beachten. Ein Punkt ist die Temperaturstabilität der Filter. Viele Polarisationsfilter sind diesbezüglich nur eingeschränkt einsetzbar. Ein weiteres Kriterium ist die Effektivität: Durch derartige Anordnungen erreichen oft weniger als 20 Prozent der ursprünglichen Lichtmenge den Sensor. Die Lichtmenge der Beleuchtung muss also entsprechend hoch sein, um Rauschen zu minimieren und dennoch eine ausreichende Bildqualität beim Einsatz von Polarisationsfiltern zu erzielen.

Neu: das Reflektor-Prinzip

Wenn im Fall von AOI-Applikationen der Abstand vom Objekt zur Kamera und zur Beleuchtung variiert, stellt die schwankende Bildhelligkeit eine echte Herausforderung für die Bildverarbeitung dar. Der Einsatz von Reflektortechnik ermöglicht es, in derartigen Fällen mehr Licht von einer LED zu sammeln (größerer Erfassungswinkel der abgestrahlten Lichtmenge) und eine bessere Lichtverteilung über die Tiefe zu erreichen. Im Gegensatz zu einer Hintergrund- oder einer Hellfeldbeleuchtung wird für eine Auflichtbeleuchtung in der Regel eine fokussierte Beleuchtung eingesetzt. Marktübliche Beleuchtungssysteme setzen in solchen Fällen Stab- oder Fresnellinsen ein, um die notwendigen Beleuchtungsstärken zu erreichen. Während die Verwendung von Stablinsen zu Farbabweichungen aufgrund von Beugungseffekten führt, ist das von Chromasens entwickelte und patentierte Spiegel-(Reflektor)-Prinzip frei von solchen negativen Auswirkungen. Bei der Brechung an Medien mit unterschiedlicher optischer Dichte (also Linsen) ergibt sich der durch die Brechung verursachte Ausfallwinkel als eine Funktion der Wellenlänge. Deshalb wird bei einer Stablinse jede Wellenlänge auf eine andere Entfernung fokussiert. Wenn die Unterschiede der Winkel auch nicht besonders groß sind, führen sie doch zu einer unterschiedlichen Farbkomposition abhängig vom Arbeitsabstand. Weißes Licht enthält (fast) alle Wellenlängen, nach der Brechung werden die verschiedenen Wellenlängen aber nicht in der gleichen Weise am gleichen Ort wieder zusammengefügt. Bei der neu entwickelten Reflektortechnologie folgt die Reflektion der physikalischen Grundregel: Ausfallswinkel gleich Einfallswinkel und ist somit unabhängig von der Wellenlänge. ‚Color Aberration‘ ist dann relevant, wenn es um eine homogene Farbqualität bei nicht präzise zu kontrollierenden Arbeitsabständen geht. Das gilt beispielsweise bei der Druckinspektion, wo die Bahn eventuell leicht schwankt, man aber präzise Farbbilder braucht. Eine periodische ‚Auf-und-ab-Bewegung‘ der Druckbahn hat – im Fall einer Color Aberration der Beleuchtung – für das Auge deutlich sichtbare Farbwellen zur Folge.

3D-Beamforming

Zusätzlich zu der Reflektor-Technologie kommen mittlerweile auch geschickte Kombinationen von speziellen Linsen und Reflektor-Baugruppen zum Einsatz, die ein sogenanntes 3D-Beamforming erlauben, also die Formung des Lichts nicht nur in Richtung der Beleuchtungslinie und der Beleuchtungstiefe, sondern auch in Richtung der Beleuchtungsbreite.

  • • Mit 3D-Beamforming kann eine höhere Effizienz und Lichtintensität erreicht werden, da weniger Licht außerhalb der Beleuchtungsbreite verloren geht.
  • • Die gezielte Lichtformung vermeidet seitliche Blendungen und ermöglicht die Realisierung applikationsspezifischer Beleuchtungsprofile entlang der Beleuchtungsbreite.
  • • Gleichzeitig kann das Lichtintensitätsprofil entlang des Arbeitsabstandes optimiert werden. Eine Funktionalität, die insbesondere bei AOI-Applikationen enorme Vorteile bietet.

Ohne eine gezielte Beamformung des Lichts erzeugt man sowohl entlang der Scanzeile als auch über die Tiefe üblicherweise eine sehr ungleichmäßige Lichtverteilung. Die typische Methode mit ungleichmäßig verteiltem Licht umzugehen, war bislang die sogenannte Shading-Korrektur. Dabei werden Pixel, die weniger beleuchtete Gebiete abbilden verstärkt, das heißt mit einem Faktor >1 multipliziert. Moderne Kameras erlauben jedem Pixel einen solchen Verstärkungsfaktor zuzuordnen. Diese Verstärkung intensiviert jedoch gleichzeitig das Rauschen, was wiederum nur durch Erhöhung der Lichtintensität reduziert werden konnte. Musste beispielsweise ein Beleuchtungsquader ausgeleuchtet werden, dann funktionierte die Shading-Korrektur in nur einer Entfernung wirklich korrekt. Für jede Entfernungsebene wäre ein unterschiedlicher Shading-Korrektur-Faktor erforderlich. Die einzige Lösung bestand darin, den Quader homogen auszuleuchten, oder zumindest einer homogenen Ausleuchtung nahe zu kommen. Durch die jetzt durch Beamformung mögliche effiziente und gezielte Lichtlenkung entstehen keine Verluste außerhalb des auszuleuchtenden Bereichs sowie keine ’schlechter ausgeleuchteten Zonen‘ innerhalb des auszuleuchtenden Bereichs. Zudem steht mehr Licht für die Kamera zur Verfügung und kann für höhere Scangeschwindigkeiten, höhere Tiefenschärfe (das heißt kleinere Blende) oder weniger Rauschen (das heißt besseres Signal-Rausch-Verhältnis) eingesetzt werden. Ein weiterer positiver Nebenaspekt ist der geringere Energiebedarf, der den Aufwand für die Kühlung der Beleuchtung verringert. Und schließlich erleichtert ein homogen ausgeleuchtetes Bild die Weiterverarbeitung des Bildes erheblich.

Chromasens GmbH

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