10GigE Vision für die industrielle Bildverarbeitung

GigE mal zehn

10GigE Vision für die industrielle Bildverarbeitung

Mit der Einführung der Ethernet-basierten 10GigE Vision Schnittstelle beginnt für die Bildverarbeitungsbranche eine neue Ära. Welche Möglichkeiten bietet aber die neue Technologie?

Bild 1 | Die Kameras hr25MXGE (l.) und hr342MXGE (M.) von SVS-Vistek nutzen 10GigE Vision als Schnittstelle und ermöglichen damit eine maximale Datenübertragungsrate von 42fps mit 25MP bzw. 35,4fps mit 31MP Auflösung. (Bild: SVS-Vistek GmbH)

10GigE Vision soll der Bildverarbeitung zusätzlichen Schub verleihen und die Grenzen des Machbaren weiter verschieben. Hintergrund dieser Entwicklung ist, dass in vielen Applikationen immer häufiger Kameras mit Auflösungen von fünf und mehr Megapixeln zum Einsatz kommen. Die dabei eingesetzten CMOS-Sensoren erlauben aufgrund ihrer leistungsfähigen Datenschnittstellen von aktuell bis zu 90GBit/s selbst bei hohen Auflösungen sehr hohe Bildfrequenzen. Für die Weiterleitung der daraus resultierenden Datenmengen sind Interfaces mit möglichst hoher Bandbreite erforderlich. Daher haben die maximalen Geschwindigkeiten der Interfaces in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Nach aktuellem Stand ermöglicht GigE Vision eine Datenübertragung von etwa 120MB/s, USB3-Vision maximal circa 360MB/s und Camera Link rund 850MB/s. Bildverarbeitungssysteme, die mit einem vierkanaligen CoaXPress-6-Interface ausgestattet sind, setzen mit Übertragungsgeschwindigkeiten bis etwa 2.500MB/s die Messlatte aktuell am höchsten. Nach derzeitigem Stand der Dinge wird 10GigE-Vision rund 1.250MB/s ermöglichen, was die Frage aufwirft, warum Hersteller und Anwender von Industriekameras dem neuen Interface mit so hohen Erwartungen entgegenfiebern, wo sie doch hinter den Werten von CXP zurückbleibt?

Gute Argumente für 10GigE Vision

Grund dafür ist, dass 10GigE Vision gegenüber anderen Verfahren eine Reihe von Vorzügen aufweist. So basiert die Schnittstelle auf einem Protokoll, das sich in der Industrie und im Consumer-Bereich schon seit Jahren bewährt hat. Sowohl in Bezug auf die Topologie als auch auf die Software lässt sich 10GigE Vision von bestehenden GigE Vision-Applikationen transparent skalieren und ist auch in der Serverwelt weit verbreitet. Die erforderlichen Switches sind bereits als preisgünstige Massenware erhältlich. 10GigE ist in vielen IT-Bereichen bereits Tagesgeschäft. Auch 10GigE-Adapter für PCs bestechen durch ihren Preis von unter 100 US-Dollar und werden zumindest auf besseren Mainboards schon bald zum Standard zählen. Framegrabber für den Bildeinzug sind unnötig. Die Netzwerkeigenschaften, Vor- und Nachteile der bisherigen GigE-Schnittstelle gelten fast alle auch für 10GigE. Für den zukünftigen Erfolg spricht auch die große Auswahl an standardisierten Komponenten für die Feldverkabelung. Industrielle Ethernet-Kabel mit M12x8-Verbindungen sind bereits seit Jahren 10GigE-ready, und auf der I/O-Seite, das heißt bei den erforderlichen Steuersignalen und beim Thema LED-Beleuchtungen, bietet sich der M12x12-Standard für Bildverarbeiter geradezu an, um robuste Verbindungen mit IP-Schutzklasse und Zertifizierung auf Basis von Industriestandards zu schaffen. Für Anwender ist neben der Datenübertragungsgeschwindigkeit auch die maximal mögliche Kabellänge ein entscheidendes Kriterium. Hier punktet 10GigE Vision gegenüber anderen Schnittstellen mit einer maximalen Übertragungslänge von bis zu 100m mit CAT 6a-Kabeln. Bei USB3-Vision liegt dagegen das Limit bei 2m, mit Camera Link ist bei 10m das Ende der Fahnenstange erreicht, und CoaXPress stößt bei 35m an seine Grenzen. Hinzu kommt, dass sich bei 10GigE mehrere Kameras oder Sensoren aufgrund des paketorientierten Protokolls und der möglichen Anbindung über Switches ein Kabel teilen können – ein Alleinstellungsmerkmal Ethernet-basierter Schnittstellen. Aufgrund der künftigen hohen Verbreitung der Technologie im Consumer-Markt ist zudem zu erwarten, dass sich auch die Preise für 10GigE-Komponenten – von der Schnittstelle bis hin zu den Kabeln – bald erheblich unter dem Niveau anderer Optionen bewegen werden.

Bild 2 | Mit einer maximalen Übertragungsgeschwindigkeit von rund 1.250MB/s liegt 10GigE Vision zwischen den Möglichkeiten von Camera Link und CoaXPress. (Bild: SVS-Vistek GmbH)

Einsatzgebiete

Haupteinsatzgebiete für 10GigE Vision sehen viele Experten auf dem Factory Floor, also der Domäne des Maschinen- und Anlagenbaus, und überall dort, wo hohe Übertragungsgeschwindigkeiten und/oder weite Kabelstrecken erforderlich sind. Die direkte Folge einer schnelleren Bilddatenübertragung besteht auch darin, dass mehr Zeit für die Auswertung der Bilddaten zur Verfügung steht und somit genauere Aussagen über die Qualität des Prüflings möglich werden bzw. der Durchsatz pro Prüfeinheit erhöht werden kann. Ob Anwender ihre bestehenden Anlagen von 1GigE auf 10GigE Vision aufrüsten werden, hängt auch von der Aufgabenstellung ab. Bei lange laufenden Systemen ohne Bedarf an mehr Leistung oder zusätzlichen Bildauswertungen wird ein Austausch keinen wirtschaftlichen Vorteil bringen. Wenn bestehende Anlagen durch einen Wechsel auf 10GigE hingegen einen schnelleren Bildeinzug oder eine verbesserte Bildauswertung erlauben, profitiert der Anwender von einer höheren Inspektionsqualität oder einer Steigerung des Produktionsflusses, und ein System-Upgrade durch einen Austausch des PCs und der Aufnahmeeinheit macht möglicherweise Sinn.

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Ausgabe:

inVISION 4 2019
SVS-VISTEK GmbH

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