Grundbegriffe der Aberrationstheorie

Grundbegriffe der Aberrationstheorie

Auswirkungen von Aberrationen auf IBV-Objektive

Auch wenn die Aberrationstheorie ein weites Feld ist, kann das Wissen um einige grundlegende Begriffe zu einem besseren Verständnis beitragen. Im Folgenden werden diese Begriffe erläutert: sphärische Aberration, Astigmatismus, Bildfeldkrümmung und chromatische Aberration.

Sphärische Aberration

Die sphärische Aberration bezieht sich auf Strahlen, die bei unterschiedlichen Abständen fokussiert werden, je nachdem an welcher Stelle der Apertur sie auf die Linse treffen. Die sphärische Aberration ist damit von der Aperturgröße abhängig. Je steiler der Einfallswinkel ist, mit dem das Licht auf die Oberfläche der sphärischen Linse auftrifft, desto fehlerhafter wird das Licht von der Linse gebrochen. Bei Objektiven mit großen Aperturen (kleinen Blendenzahlen) ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich sphärische Aberrationen negativ auf die Bildqualität auswirkt. Weist ein Objektiv besonders viel sphärische Aberration auf, kann die Bildqualität verbessert werden, indem die Blendenzahl erhöht, bzw. die Objektivblende geschlossen wird. Allerdings kann dadurch die Bildqualität nur bis zu einem gewissen Grad erhöht werden. Wird die Objektivblende zu stark geschlossen, wird die Objektivleistung durch Lichtbeugung eingeschränkt. Bei Objektivdesigns können optisches Glas mit einem hohen Brechungsindex oder zusätzliche Linsenelemente dazu verwendet werden, die sphärische Aberration auch bei Objektiven mit kleiner Blendenzahl zu korrigieren. Diese optischen Designs verringern die Lichtbrechung an allen Oberflächen und damit die Menge der sphärischen Aberrationen. Dies kann jedoch dazu führen, dass das Objektiv größer, schwerer und teurer wird.

Astigmatismus

Astigmatismus hängt von den Feldwinkeln ab. Muss ein Objektiv über ein großes Bildfeld eine gute Leistung erbringen aber die Objektivleistung in der einen Feldrichtung ist im Vergleich zur Leistung orthogonal dazu vermindert, spricht man von Astigmatismus. Betrachtet man eine Reihe teilweise horizontaler, teilweise vertikaler Linien, sind die Linien, die in eine Richtung verlaufen fokussiert, während die Linien, die in die entgegengesetzte Richtung verlaufen, defokussiert sind (Bild 1). Dies wird dadurch bedingt, dass Strahlen außerhalb der Objektmitte, anders als Strahlen, die sich auf der optischen Achse befinden, keine rotationssymmetrischen Oberflächen durchlaufen. Um dem entgegenzuwirken, sind zwei Maßnahmen notwendig. Erstens müssen die Objektivdesigns symmetrisch zur Blende sein und zweitens geringe Einfallswinkel für die Feldstrahlen haben. Sind die Designs symmetrisch, entstehen Objektive, die den Doppelgaußobjektiven ähneln. Für symmetrische Designs können allerdings keine Teleobjektivdesigns oder umgekehrte Teleobjektivdesigns verwendet werden. Dies kann bei langen Brennweiten zu einer großen Baulänge und bei kurzen Brennweiten zu einer kurzen hinteren Brennweite führen. Die Verkleinerung der Einfallswinkel erfordert, ähnlich wie bei der sphärischen Aberration, optische Gläser mit einem höheren Brechungsindex sowie zusätzliche Komponenten, was dazu führt, dass das Objektiv größer, schwerer und teurer wird. Die hier verwendete, vereinfachte Definition vereint, zu einem besseren Verständnis, bewusst die Effekte von Astigmatismus und Koma.

Bildfeldkrümmung

Bildfeldkrümmung ist die Aberrationsform, die beschreibt wie stark die Bildebene von Natur aus gekrümmt wird. Diese Aberration entsteht, wenn die Summe aller Brennweiten der einzelnen Objektivkomponenten, multipliziert mit ihrem Brechungsindex, ungleich Null ist. Ist die Summe positiv, wie das bei bildgebenden Objektiven normalerweise der Fall ist, hat die Bildebene eine konkave Krümmung. Aus diesem Grund haben z.B. Kinos leicht gekrümmte Leinwände. Da eine Krümmung der Bildebene bei Objektiven für die industrielle Bildverarbeitung nicht gewünscht ist, müssen korrigierende Komponenten mit negativem Wert in ein Bildverarbeitungssystem integriert werden, um die Summe der Brennweiten zu verringern. Dies führt in der Regel dazu, dass Objektive länger werden und sich eine Zerstreuungslinse nah an der Bildebene befinden muss, wodurch sich die hintere Brennweite des Objektivs verringert.

Chromatische Aberration

Chromatische Aberration bezeichnet die unterschiedliche Fokussierung verschiedener Wellenlängen. Die Dispersion eines optischen Glases, welche von der betrachteten Wellenlänge abhängt, bestimmt dessen Brechkraft. Daher kann die chromatische Aberration bei einem bildgebenden Objektiv durch den Einsatz von Sammel- und Zerstreuungslinsen aus Gläsern mit unterschiedlicher Dispersion eliminiert werden. Dies wird in Bild 2 veranschaulicht, das eine einzelne Linse mit einem Achromat vergleicht. Die Verwendung mehrerer Einzelkomponenten in einem achromatischen Design führt in der Regel jedoch auch zu höheren Kosten. Um Aberrationen zu verringern, müssen normalerweise Linsen mit geringerem Brechungsindex, bzw. höherer Abbe-Zahl eingesetzt werden. Wie bereits erwähnt, sind Linsen mit höherem Brechungsindex notwendig, um sphärische Aberrationen und Astigmatismus zu korrigieren. Muss bei einem Objektiv sphärische und chromatische Aberration sowie Astigmatismus ausgeglichen werden, sind zusätzliche Linsenelemente notwendig. Bei den optischen Gläsern, die gerne zur Farbkorrektur eingesetzt werden, ist aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften die Herstellung oft kostspielig und kompliziert. Nach Möglichkeit können durch den Einsatz monochromatischen Lichts chromatische Aberrationen minimiert und damit die Herstellungskosten und der Designaufwand verringert werden.

Axiale chromatische Aberration

Die axiale chromatische Aberration gehört zu den chromatischen Aberrationen und beschreibt wie unterschiedliche Wellenlängen auf unterschiedliche longitudinale Positionen fokussiert werden. Das Ziel der meisten Objektivdesigns besteht darin, alle erwünschten Wellenlängen auf ein und dieselbe Fokusebene (dort wo sich der Sensor befindet) zu fokussieren. Aus physikalischer Sicht ist es unmöglich, bei einem großen Spektralbereich eine einzige Fokusebene zu erhalten. Es ist jedoch möglich diesem Idealzustand sehr nahe zu kommen. Je näher die Wellenlängen an derselben Fokusebene fokussiert werden, desto geringer sind Abbildungsfehler. Bild 3 zeigt eine Kurve für eine axiale chromatische Aberration und ist ein Beispiel für ein achromatisches Objektivdesign, bei dem zwei Wellenlängen gleichzeitig auf dieselbe Fokusebene fokussiert werden. Auf der vertikalen Achse sind aufsteigend die unterschiedlichen Wellenlängen eingetragen, was im sichtbaren Spektralbereich einem Verlauf von blau nach rot entspricht. Die vertikale schwarze Linie stellt eine Ebene dar, an der sich der Sensor befinden könnte. Die blaue Kurve entspricht der relativen Position der schärfsten Einstellungsebene in Abhängigkeit der Wellenlänge. Die Kurve bestätigt, dass es sich um ein achromatisches Objektivdesign handelt, da diese, selbst wenn man sie leicht nach links oder nach rechts verschieben würde, die schwarze Linie an nur zwei Punkten, bzw. an zwei Wellenlängen schneidet. Die blauen, grünen und roten Punkte stellen Wellenlängen dar, die den üblichen 470, 520 und 630nm (blau, grün und rot) LEDs zugeordnet werden. Der grüne Punkt würde auf der linken Seite der Sensorebene fokussiert werden, während der rote und blaue Punkt eher auf der rechten Seite fokussiert werden. Dies entspricht der am meisten ausgeglichenen Fokusposition des Bildverarbeitungssystems, wenn alle drei Wellenlängen oder weißes Licht, das alle Wellenlängen beinhaltet, verwendet werden. Die Bildqualität bei diesem Objektivdesign ist nicht ideal, da keine der drei Wellenlängen perfekt fokussiert ist. Wird nur eine Wellenlänge verwendet, kommt es zu einer Leistungssteigerung, da die anderen Wellenlängen keine Unschärfe erzeugen. Dieses Beispiel zeigt, dass der Fehler für rotes und blaues Licht ausgeglichen werden kann, aber dies trifft nicht in jedem Fall zu. Die meisten Objektive sind achromatisch, doch bei sehr kleinen Pixeln können trotzdem Probleme auftreten. Bild 4 zeigt das Verhalten eines apochromatischen Objektivs mit derselben Skalierung wie in Bild 3. Bei einem apochromatischen Objektiv können drei Wellenlängen in derselben Fokusebene zeitgleich fokussiert werden. Während dieses Objektivdesign sehr viel komplizierter ist als das achromatische Design, können hier Wellenlängen über den gesamten Spektralbereich sehr viel besser ausgeglichen werden. Anhand Bild 4 ist zu erkennen, dass alle drei LED-Farben auf derselben Sensorebene zugleich fokussiert werden können, wodurch die Bildqualität steigt. Im Allgemeinen sind apochromatische Objektive leistungsstark, aber kaum flexibel einsetzbar, sie funktionieren lediglich gut über einen kleinen Vergrößerungs- und Arbeitsabstandsbereich. Da zusätzlich erforderliche Komponenten oft aus teuren Materialien hergestellt werden müssen, handelt es sich bei Apochromaten häufig um relativ kostspielige Objektive. Viele besonders hochwertige und hochvergrößernde Objektive sind apochromatisch. Neben diesen hier erläuterten Begriffen umfasst das Grundwissen noch eine Vielzahl anderer Fakten, deren Verständnis die Systemoptimierung erleichtert. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Webseite.

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