High Speed der dritten Generation

High Speed der dritten Generation

USB, PCIe und Thunderbolt für die Bildverarbeitung

Mehr Auflösung, Geschwindigkeit und Rechenpower: das sind die Anforderungen an viele Bildverarbeitungsanwendungen. Zudem haben die Hersteller von Bildsensoren viele innovative Produkte auf den Markt gebracht. Allerdings bietet dafür selbst USB3.0, die derzeit schnellste Standard-Schnittstelle in der Computertechnik, keine ausreichende Bandbreite. Einzig das seit Jahren etablierte PCI Express (aktuelle Version 3.0) ist schnell genug. Doch viele Zeichen deuten darauf, dass eine neue Schnittstelle den Massenmarkt durchdringt: Thunderbolt 3.
Viele Leute glauben, die Branche der industriellen Bildverarbeitung ist ganz und gar getrieben von der Faszination für Technik. Dies mag zumindest in Teilen richtig sein, in jedem Falle ist diese Faszination auch ein mächtiger Innovationstreiber, der unter anderem dazu führt, dass von Kameras immer mehr Bilder pro Sekunde mit immer höherer Auflösung gefordert und geliefert werden. Doch dahinter stehen praktische Anwendungen, bei denen dieses Mehr an Leistung eine erhebliche Wertschöpfung ermöglicht. Wann immer ein System viele und/oder sich schnell bewegende Objekte detailliert analysieren soll, werden hohe Auflösungen und Bildraten benötigt. Einige Sensorhersteller haben diesen Bedarf bereits erkannt und entsprechende Produkte auf den Markt gebracht (Tab. 1). Die Leistungsfähigkeit dieser Sensoren erfordert spezielle Schnittstellen, Framegrabber, spezielle Datenkabel und proprietäre Treiber. All dies macht Systeme in der Entwicklung, Anschaffung und im Betrieb teuer und komplex. Daher hat die Bildverarbeitungsbranche in den letzten 15 Jahren stets die vorrangigen Datenschnittstellen der IT und Unterhaltungselektronik dankend angenommen. Bei der Suche nach industrieübergreifend etablierten Datenschnittstellen mit hoher Bandbreite kommt man daher zwangsläufig auf die folgenden drei Interfaces: USB3.0 (als heutiger Standard-Port für PCs und Peripherie-Geräte), das ebenfalls allgegenwärtige PCI Express und das von Intel getriebene Thunderbolt. Interessanterweise wird zu jeder dieser Schnittstellen derzeit eine neue Generation eingeführt.

USB3.x

Heute bietet praktisch jeder Desktop-, Industrie- und Embedded-PC einen USB3.0-Port. Der USB3-Vision-Standard definiert zudem umfassend die Interoperabilität zwischen Kameras, Kabeln, Host-Chipsätzen und Software-Bibliotheken. Die ‚Kinderkrankheiten‘ der ersten Chipsätze sind inzwischen gelöst, Kabellängen von 7m (passiv) und mehr (aktiv) zuverlässig einsetzbar. Auch dank entsprechender Software-Treiber erfreuen sich USB3.0-Kameras, wie z.B. Ximea’s xiQ-Serie, aufgrund ihrer zuverlässig hohen Bildraten, kompakten Bauform und einfachen Integration in Bildverarbeitungssysteme größter Beliebtheit. In den letzten Jahren haben USB3-Vision-Kameras bereits viele innovative Bildverarbeitungssysteme ermöglicht. Der Nachfolger USB3.1 bringt speziell in der zweiten Generation einige Verbesserungen mit sich: Eine verdoppelte nominale Bandbreite von 10Gbps, den kleineren, beidseitig einsteckbaren Steckverbinder USB Typ-C und eine Leistungsübertragung zu Endgeräten von typisch 10W. Bislang sind aber Kabellängen von nur einem Meter auf dem Markt verfügbar, längere Kabel aber vielerorts bereits in Entwicklung. Generische USB3.1-Gen2-Geräte-Chipsets zur Integration in Kameras sind allerdings erst für 2017 angekündigt. Zudem bleibt USB3.0 als verbreiteter Standard bestehen.

PCI Express (PCIe)

Seit 2004 findet sich PCIe in praktisch allen Desktop-Computern als Standardschnittstelle für Grafikkarten, TV-Karten, Framegrabber oder seit 2014 auch für Kameras als External PCIe. Hier führt eine kleine Adapterkarte z.B. acht PC-interne PCIe-2.0-Kanäle in Form von zwei PCIe-x4-Anschlüssen nach außen. Kompakte und robuste Steckverbinder (Typ iPass) und wahlweise Kupfer- oder Glasfaser-Kabel verbinden bis zu zwei Kameras, wie z.B. die xiB-Serie von Ximea, direkt mit dem PCIe-Bus. Der Framegrabber ist hier quasi bereits in die Kamera integriert. Der Software-Treiber und das Kommunikationsprotokoll sind voll auf die Eigenschaften der Kamera optimiert. Dies spart Daten-Overhead und ermöglicht es z.B. zwei angeschlossenen xiB-Kameras mit 12MP-Sensoren jeweils bis zu 100fps mit 10Bit aufzunehmen und an ihren PCIe 2.0 x4-Anschluss zu übertragen. Die Verwendung mehrerer Adapterkarten ist ebenfalls möglich, wodurch die Kameraanzahl pro PC weiter erhöht werden kann. Dank vollständiger GenICam- und GenTL-Unterstützung der Software-Treiber lässt sich direkt die Kompatibilität mit allen üblichen Bildverarbeitungsbibliotheken gewährleisten. Aktuelle Motherboards bieten PCIe-Einschübe der dritten Generation (Gen3) mit einer effektiven Bandbreite von bis zu 985MB/s pro Kanal. Bei PCIe 3.0 x8 entspricht dies einer Datenrate von knapp 8GB/s. Hiermit dürften sich 12MP-Bilder bei 10Bit mit 400fps übertragen lassen. Entsprechende Kameras werden auf der Vision 2016 vorgestellt werden. Die Chipsätze rund um die neuere Prozessorgeneration von Intels Core und Xeon CPUs besitzen bereits eine dedizierte Anbindung von PCIe 3.0. So sind PCs in der Lage, Bilddaten ggf. auch von mehreren Hochleistungskameras gleichzeitig mit der notwendigen Geschwindigkeit aufzunehmen. Aufgrund der direkten Anbindung an CPU und RAM ist und bleibt PCIe der Bandbreitenprimus in der Schnittstellenriege.

Thunderbolt

Seit seiner Einführung im Jahr 2011 nutzte primär Apple diese Schnittstelle, die bereits in ihrer ersten Version 10Gbps Bandbreite bot. Thunderbolt 2 unterstützt sowohl PCIe 2.0 x4 als auch DisplayPort 1.2 und überträgt beliebige Daten mit nominal 20Gbps. Diese attraktiven Bandbreiten macht sich die erste für Thunderbolt zertifizierte Industrie-Kameraserie xiT von Ximea zu Nutze, die z.B. Bilder mit 20MP und 32fps liefert. Die Daten überträgt sie mittels eines einzigen Thunderbolt-Kabels über bis zu 60m. Die umfangreiche Thunderbolt-Zertifizierungsprozedur verifiziert die Interoperabilität sämtlicher Kabel, Host-Chipsätze, Betriebssystemtreiber, etc. und bietet einen großen Mehrwert dieser Schnittstelle. Thunderbolt 3 verfügt nun über eine Bandbreite von 40Gbps. Das von Intel geführte Thunderbolt-Entwicklungskonsortium hat folgende Standards in die dritte Generation integriert: PCIe 3.0 x4, DisplayPort 1.2, HDMI 2.0 und USB3.1 Gen2. Weiterhin nutzt Thunderbolt 3 den USB Typ-C als Standard-Stecker. Durch diese umfassende Kompatibilität mit USB3.1 und dem wachsenden Bedarf an hoher Bandbreite für die Kommunikation zwischen den nun aufstrebenden 4K-Displays und Computern ist zu erwarten, dass Thunderbolt 3 ebenfalls bei der breiten Masse der Computer, Peripheriegeräte und auch bei schnellen und hochauflösenden Industrie-Kameras zum High-End-Standard avanciert. Wie bei den Vorgängerversionen lassen sich bis zu sechs Thunderbolt-3-Geräte in Serie als ‚Daisy-Chain‘ miteinander verkabeln. Zusammenfassend bildet Thunderbolt 3 einen Hybrid aus hoher Bandbreite und dem Komfort einer Standardschnittstelle.

Fazit

USB3.0 hat seine Kinderkrankheit längst überwunden und bietet mäßig hohe Bandbreite, Standardisierung und einfache Integrierbarkeit. External PCI Express 2.0 x4 bietet 20Gpbs, macht Framegrabber überflüssig, ist flexibel und ebenfalls verhältnismäßig einfach in der Handhabung. Thunderbolt 1 und 2, mit maximal 10 bzw. 20Gbps Datenrate, bietet für den Nutzer großen Komfort, hatte sich jedoch bislang im Massenmarkt noch nicht durchgesetzt. Somit erfordern schnelle und hochauflösende Kameras nicht mehr zwangsläufig spezielle Daten-Schnittstellen, die meist zu teuren und komplexen Bildverarbeitungssystemen führen. Der Fortschritt im Massenmarkt der Computer- und Unterhaltungstechnik bringt neue Schnittstellen hervor, die sogar die speziellen, BV-spezifischen Standards an Bandbreite übertreffen. Aufgrund der technischen Anforderungen und strategischen Ausrichtung der dominierenden Technologie-Konzerne werden sich in kurzer Zeit Thunderbolt 3 und PCIe 3.0, neben dem bestehenden USB3.x, im Kameramarkt durchsetzen. Dank der nativen Unterstützung von PCIe 3.0 und damit auch Thunderbolt 3 durch die Chipsätze rund um die neuen Prozessor-Generationen kann der Bildeinzug maximal effizient erfolgen. Entwickler von anspruchsvollen Bildverarbeitungssystemen sollten aber darauf achten, dass sie einen Kamerahersteller auswählen, der bereits Erfahrung mit den oben genannten Schnittstellen vorweisen kann.

Themen:

| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 1 2016

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