Horizontale & vertikale Integration

Horizontale & vertikale Integration

Geplante OPC-UA-Spezifikation für die Bildverarbeitung

Auf der Automatica wurde zwischen der VDMA-Fachabteilung Industrielle Bildverarbeitung und der OPC
Foundation eine Absichtserklärung mit dem Ziel unterzeichnet, für die industrielle Bildverarbeitung einen neuen Interoperabilitäts-Standard zu schaffen. Dieser beschreibt die horizontale und vertikale Integration der Bildverarbeitung in die Produktionssteuerung und IT-Systeme als OPC UA Machine Vision Companion Specification. Die Inhalte, Ziele und Vorteile für die Fertigung als auch für die Bildverarbeitung erläutert Dr. Klaus-Henning Noffz,
Geschäftsführer der Silicon Software GmbH.

Was wurde in der Absichtserklärung vereinbart?

Dr. Klaus-Henning Noffz: Zunächst möchte ich betonen, dass Bildverarbeitungssysteme künftig noch unverzichtbarer in der industriellen Fertigung und Fabrikautomation sein werden, da sie wichtige Informationen wie Maschinen- und Produktionsdaten sammeln und bewerten, um intelligente Handlungen für eine vernetzte Fertigung anzustoßen und zu steuern. Die OPC-UA-Spezifikation, die in den kommenden Monaten erarbeitet werden soll, legt fest, welche Informationen, Daten, Funktionen und Dienste in ein Produktionsnetzwerk zu integrieren sind, wie der Zugriff auf einzelne Geräte oder Maschinen stattfindet und beschreibt den durchgängigen Datentransport sowie die Sicherheitsaspekte. Zentrales Element der Beschreibung ist eine standardisierte Definition (Semantik) aller Systeme als Informationsmodell für eine einheitliche Kommunikation zwischen den verschiedenen Fertigungsebenen und eine herstellerübergreifende Interoperabilität. Die Spezifikation wird zusammen mit bereits existierenden Spezifikationen Teil des OPC-UA-Standards und später in eine IEC-Norm übernommen.

Vor welchen Herausforderungen steht die industrielle Bildverarbeitung?

Dr. Noffz: Was bislang über komplexe Schnittstellen und individuelle Anpassungen realisiert wurde, soll mit dem Standard wesentlich reibungsloser, kostengünstiger und einfacher möglich sein: die Echtzeit-Kommunikation der verschiedenen Geräte, Maschinen, IT-Systeme und Fertigungsebenen. So lassen sich mehrere Bildverarbeitungssysteme bzw. Produktionsstraßen koordinieren, die Kontroll- und Statistik-Software sowie das Warenwirtschaftssystem einbinden, um dem Ziel, zeitnah Einfluss auf den Produktionsprozess zu nehmen, sehr viel näher zu rücken. Die beteiligten Einheiten entwickeln sich dabei zu selbst steuernden und agierenden autonomen Systemen, die intelligent über eine standardisierte Sprache miteinander kommunizieren. Beispielsweise ist dann ein ERP-System dazu in der Lage, Informationen direkt von den Sensoren des Bildverarbeitungssystems zu lesen und abzurufen.

Was verspricht sich die industrielle Bildverarbeitung davon?

Dr. Noffz: Vorteil ist hier ganz allgemein eine schnellere Produkteinführung. Kommt in der Fabrikautomation nur eine Sprache zum Einsatz, muss auch die industrielle Bildverarbeitung nur eine Sprache lernen. Dies gibt den Herstellern von Bildverarbeitungssystemen eine größere Zukunftssicherheit. Die Systeme lassen sich außerdem schneller integrieren, insbesondere in die SPS-Software. Die einheitliche Semantik wird voraussichtlich zur Entwicklung generischer HMI-Schnittstellen (Human Machine Interface) für Bildverarbeitungsgeräte führen. Einen weiteren Vorteil bietet die direkte Integration von eingebetteten Kameras und Sensoren in die Produktionslinie für neuartige Anwendungen. Die industrielle Bildverarbeitung in der Fabrikautomation wird die Bildverarbeitungsbranche vorantreiben.

Und wie profitieren die Anwender vom Standard?

Dr. Noffz: Alle Prozesse und Komponenten sind ohne Technologiebrüche miteinander verbunden. Die Datenerfassung, -verarbeitung und -speicherung findet lokal in dezentralen Sensorknoten statt. Da durch die einheitliche Semantik die Datenstrukturen konsistent sind, vereinfachen sich beispielsweise Engineering und Wartung einer Anlage oder der Austausch von Komponenten. Eine partiell autarke Fertigung ist vorstellbar, in der intelligente Handlungen ohne manuelle Eingriffe von alleine ablaufen. Systemintegratoren und Endkunden werden durch solch intelligente Systeme entlastet.

Werden künftig komplette Kamerabilder über OPC UA gestreamt?

Dr. Noffz: Das Client-/Server-Modell erlaubt keine Bild-/Video-Streams in der industriellen Bildverarbeitung, da ein angefragter Server (z.B. Kamera) Bilder fortlaufend sendet. Jedoch können kontinuierliche Streams durch Events oder Alarme erzeugt werden, wie etwa bei RFID. Problematisch bleiben die sehr großen Rohdaten der Bilder. Mit OPC UA soll es aber eine Echtzeit-Erweiterung geben. Bis es so weit ist, bleibt die SPS für dezentrale Auswertungen weiterhin unverzichtbar.

Wo sind derzeit noch Probleme in der technischen Umsetzung und wie ist der Zeitrahmen?

Dr. Noffz: Die Bildverarbeitung soll über den einheitlichen Standard besser verständlich und damit für die verschiedenen Mess- und Prüfaufgaben effizienter nutzbar werden. Es wird diskutiert, den existierenden GenICam-Standard für Kameras als Basis zu übernehmen. Zu klären ist noch, welche weiteren Systeme genauer beschrieben werden müssen. Im kommenden Jahr könnte es bereits eine erste Version mit Grunddefinitionen geben, was dann im Rahmen von Industrie 4.0 über mehrere Jahre ausgebaut und verfeinert werden muss.

Themen:

| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 4 2016
Silicon Software GmbH

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