Im richtigen Licht
Single-Image (Real-Time) Photometric-Stereo
In vielen Bereichen der optischen Qualitätsinspektion ist die Erkennung von Beschädigungen auf bedruckten Oberflächen notwendig. Werden in solchen Fällen die Objekte mit einer klassischen Auflichtbeleuchtung ausgeleuchtet, so sind sowohl Bedruckung als auch Beschädigung im selben Kamerabild sichtbar und können nur schwer oder gar nicht mittels komplexer Bildverarbeitungsalgorithmen segmentiert werden.
Am 3D.LAB der Hochschule Ravensburg-Weingarten werden für solche Aufgabenstellungen Photometric-Stereo (PS) Systeme eingesetzt, die mittels Standard LED-Beleuchtungsmodulen realisiert werden. Photometric-Stereo steht dabei für eine Methode des Shape-of-Shading Verfahrens und wurde bereits Mitte der 80er- Jahre von C.H. Lee und A. Rosenfeld beschrieben [1]. In jüngster Zeit finden PS-Systeme zunehmend in der industriellen Qualitäts- und Oberflächenprüfung Verbreitung – nicht zuletzt, da mehr und mehr darauf spezialisierte Hard- und Software auf dem Machine-Vision Markt angeboten wird. Das PS-Verfahren ermöglicht die Trennung der Oberflächengestalt (3D-Information) eines Objektes von seiner Textur bzw. Bedruckung (Albedo). Für die Anwendung dieses Verfahrens werden mindestens drei Bilder des Objektes benötigt, die zeitlich sequentiell aus unterschiedlichen Beleuchtungsrichtungen und bei gleicher Kameraposition aufgenommen werden. Das Verfahren berechnet dabei die Oberflächengestalt eines Objektes aus den Grauwerten der Bilder, die aus den geometrischen und spektralen Eigenschaften der Lichtquelle beeinflusst werden. Das Verfahren eignet sich nicht für die absolute 3D-Rekonstruktion eines Objektes, vielmehr berechnet es das Gradientenfeld der Objektoberfläche. Die 3D-Oberflächengestalt wird über die anschließende Integration des Gradientenfeldes bestimmt. Für diese Berechnungen werden eine Reihe von Bedingungen angenommen: so geht man in der Regel von parallelen Lichtquellen aus, die bei konstanter Strahlungsintensität und aus bekannter Strahlungsrichtung das Objekt beleuchten und bei der Objektoberfläche wird angenommen, dass sie mit gleicher Intensität in alle Richtungen rückstrahlt (Lambert’sche Oberfläche). Für eine Übersicht und detaillierte Beschreibung des Verfahrens und seiner Einschränkungen sei auf den Artikel von Zhang et al. [2] verwiesen.
Oberflächenprüfung
Photometric-Stereo ist eine effiziente Methode um selbst kleine Defekte auf bedruckten Oberflächen zu detektieren. Bild 1 zeigt wie PS verwendet wird um Beschädigungen und Defekte auf bedruckten Verpackungen zu finden. Bei dieser Applikation ist es bei einer normaler Auflichtbeleuchtung schwierig, die im rechten Bild markierten Defekte zu detektieren. Typische Anwendungen sind: Inspektion bedruckter und lokal gekrümmter Oberflächen, OCR bei geprägten oder gravierten Lettern, wie z.B. auf Autoreifen, Lesen von Braille-Schrift, usw.
LED-Modul und -Controller
Am 3D.LAB werden IR, UV sowie R,G,B und weiße LED-Beleuchtungen vom Typ LIM-x sowie der LED-Controller DPA1024 des Herstellers OPTMV eingesetzt. Die Auswahl der Wellenlänge erfolgt dabei abhängig von der Objektoberfläche. Zur Berechnung der 3D-Oberfläche bzw. des Gradientenfeldes nach dem PS-Verfahren werden Module der Softwarebibliothek Halcon eingesetzt. Die verwendeten LED-Beleuchtungen bestehen aus vier quadratisch angeordneten LED-Modulen, wobei der Neigewinkel jedes Moduls individuell eingestellt werden kann und jedes LED-Modul individuell über den LED-Controller in der Helligkeit gesteuert und getriggert wird. Eine selbstentwickelte Schaltung generiert dabei bei jeder Bildaufnahme die benötigten n-Triggersignale für den LED-Controller und sorgt somit für den korrekten zeitlichen Ablauf der Bildaufnahme.
Bewegte Objekte in Echtzeit
Um bewegte Objekte, z.B. solche die mittels Förderband bewegt werden, in Echtzeit zu prüfen, stellt diese sequentielle Beleuchtungsmethode eine Einschränkung dar. Abhängig von Objektgeschwindigkeit und Beleuchtungstakt resultiert Bewegungsunschärfe, die den Einsatz des Verfahrens stark limitiert. Möchte man das Objekt mit einer einzigen Bildaufnahme prüfen, so kann man dies mittels spektraler Trennung der Beleuchtung erreichen. Das Prinzip des Ansatzes bleibt dabei gleich: das bewegte Objekt wird aus drei unterschiedlichen Richtungen beleuchtet. Statt farblich gleiche LED-Module und eine Grauwertkamera zu verwenden, werden rote, grüne und blaue LED-Module und eine Farbkamera eingesetzt. Die in der Farbkamera integrierten Farbfilter sorgen dabei für die spektrale Trennung der Bilder. Jedes der dabei resultierenden R-, G- und B-Komponentenbilder trägt eine unterschiedliche Richtungsinformation, die anschließend für die Rekonstruktion der Oberflächennormalen verwendet wird. Dieses Verfahren wird ebenfalls auf Basis der beschriebenen Komponenten im 3D.LAB eingesetzt. Wesentliche Einschränkung des Verfahrens ist die unter Umständen unterschiedliche Wechselwirkung der drei Wellenlängen mit der Objektoberfläche und die reduzierte Bildauflösung.
Literatur
[1] C.-H. Lee, A. Rosenfeld. An approximation technique for photometric stereo. Pattern Recognition Letters, 2:339-343, 1984
[2] Zhang R, Tsai PS, Cryer JE, Shah M: Analysis of shape from shading techniques. IEEE CVPR June, 1994; 377-384