Auswirkungen von Covid-19 auf M&A von Vision-Tech-Firmen

Auswirkungen von Covid-19 auf M&A von Vision-Tech-Firmen

Vision Ventures ist spezialisiert auf Merger & Acquisition von Vision-Tech-Firmen. inVISION sprach mit Firmeninhaberin Gabriele Jansen, inwieweit die Covid-19-Krise die Branche, aber auch ihre Arbeit verändert hat.

„Generell kann man sagen, dass die Bildverarbeitung als Schlüsseltechnologie für die Automatisierungstechnik weniger hart von der Covid-19-
Krise getroffen ist, als andere Bereiche.“ Gabriele Jansen, Vision Ventures (Bild: Vision Ventures GmbH & Co. KG)

inVISION: Frau Jansen, können Sie kurz erläutern, was Vision Ventures eigentlich genau macht?

Gabriele Jansen: Vision Ventures ist auf Beratung und Projektmanagement von Unternehmenskäufen und -verkäufen im Bereich Vision Tech spezialisiert. Konkret heißt das, wir managen den kompletten Prozess eines Firmenverkaufs für den Eigentümer – von der Identifikation geeigneter Käufer über die Due Diligence bis zum Vertragsabschluss – und wir helfen dem Käufer bei der Identifikation und Bewertung geeigneter Zielunternehmen und unterstützen ihn beim Erwerb.

inVISION: Wie definieren Sie den Begriff Vision Tech?

Jansen: Vision Tech ist der Oberbegriff für die unterschiedlichen Bezeichnungen, die Sie heute in Literatur und Praxis finden: (industrielle) Bildverarbeitung, Machine Vision, Computer Vision, Embedded Vision, Image Processing, Autonomous Vision, Robot Vision … Ich könnte hier noch beliebig fortfahren. Die genannten Begriffe sind nicht notwendigerweise synonym, aber sie alle lassen sich unter Vision Tech subsumieren. Als Branche, die geprägt ist von kleinen und mittelständischen Unternehmen, tun wir gut daran, uns nicht zu kleinteilig nach außen zu präsentieren. Vision Tech ist ein guter und mittlerweile gängiger Begriff, der insbesondere auch von Investoren und Entscheidern außerhalb der Branche verstanden wird und mit einer sehr positiven Bewertung verbunden ist.

inVISION: Was macht für Sie eine interessante Firma aus?

Jansen: Eine interessante Vision-Firma, aus der Sicht eines Käufers, weist eine Kombination der folgenden Eigenschaften auf: Technologiekompetenz, Alleinstellungsmerkmale in Produkt und IP, zukunftsfähiges Geschäftsmodell, positive Kundenresonanz, kompetentes und engagiertes Management und Team, attraktive Umsatzgröße und Profitabilität. Dabei ist es zunächst einmal unerheblich für die Attraktivität des Unternehmens, ob es im Bereich Kameratechnik, Software oder 3D-Verfahren aktiv ist, ob es Produkte herstellt oder schlüsselfertige Systemlösungen, ob es ein junges Unternehmen ist, das Wachstumskapital sucht oder ein langjährig etabliertes Unternehmen, dessen Eigentümer seine Nachfolge regeln möchte. In allen diesen Szenarien finden sich interessante Firmen und je nach individuellem Fall ist die Zusammensetzung und die Gewichtung der genannten Eigenschaften unterschiedlich.

inVISION: Ausgelöst durch Covid-19 befindet sich der Maschinenbau in einer Krise. Welche Auswirkungen hat das auf die Vision Tech Firmen?

Jansen: Es gibt derzeit nur sehr wenige Branchen, die durch die Covid-19-Pandemie nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden. Natürlich ist auch der Bereich Vision Tech betroffen. Das Ausmaß und der Ausschlag in negativer aber auch in positiver Richtung, ist jedoch sehr stark davon abhängig, in welchem Technologiezweig, in welcher Unternehmensphase und auch in welchen Kundenmärkten und Applikationen das jeweilige Unternehmen tätig ist. Lassen Sie mich das an zwei Beispielen erläutern: Unternehmen, die im Bereich der Qualitätskontrolle in der zivilen Flugzeugfertigung tätig sind, haben derzeit mit einem deutlichen Rückgang neuer Projekte und mit spürbaren Verzögerungen im Abruf laufender Aufträge zu kämpfen. Unternehmen, die sich auf Felder wie die Logistikautomation fokussiert haben, profitieren vom Corona-bedingtem Boom dieser Branchen. Generell kann man jedoch sagen, dass die Bildverarbeitung als Schlüsseltechnologie für die Automatisierungstechnik weniger hart getroffen ist als andere Bereiche und mittel- bis langfristig eher einen positiven Beitrag zu den notwendigen Veränderungen in Produktion, Warenwirtschaft und smarter Automatisierung auch persönlicher Lebensbereiche leisten wird. In Summe wird die Marktentwicklung im Bereich Vision Tech weiterhin von attraktivem Wachstum geprägt sein.

inVISION: Bedeutet dies, dass Sie zur Zeit mehr oder weniger zu tun haben?

Jansen: Wir hatten zu Beginn der Lockdown-Phase als Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie fast einen Stillstand in allen unseren Projekten. Käufer mussten sich zunächst einmal auf ihr laufendes Geschäft oder ihre bestehenden Portfolio-Unternehmen konzentrieren, Verkäufer wollten nicht mit einer reduzierten oder unsicheren Geschäftsentwicklungsprognose in eine Unternehmensbewertung gehen und alle Seiten einschließlich der Berater konnten sich nicht vorstellen, wie ein Unternehmenskauf ohne persönliche Treffen und Besuche in den Zielunternehmen weltweit funktionieren kann. Mittlerweile hat sich vieles wieder eingependelt und es entwickelt sich ein neues Verständnis von ´normal´ auch in M&A-Transaktionen. Es zeigt sich, dass Vision-Tech-Unternehmen nach wie vor hervorragende Investitionen sind, dass der Wert und die Bewertung eines soliden Unternehmens oder einer Spitzentechnologie nicht sehr von den aktuellen äußeren Einflüssen beeinträchtigt wird und wir lernen gerade, dass man doch sehr viel auch mit virtuellen Treffen bewerkstelligen kann.

inVISION: Schon vor der Krise zeigte sich der Trend, dass es zum Beispiel im Kamerabereich Zusammenschlüsse zu immer größeren Firmengruppen gibt. Hält dieser Trend an oder beschleunigt er sich sogar?

Jansen: Für viele Unternehmen ist ein strategischer Zusammenschluss eine hervorragende Möglichkeit, die eigenen Ressourcen zu verstärken, Marktzugänge zu erweitern und generell das eigene Wachstum zu beflügeln. Dieser Trend eines „gemeinsam sind wir stärker“ wird anhalten. Ein Aspekt von „gemeinsam sind wir krisenresistenter“ kann diese Entwicklung natürlich noch weiter befördern. Grundsätzlich sehen wir in der zunehmenden Konsolidierung in der Bildverarbeitung auch ein sehr positives Zeichen für einen reifer werdenden Markt.

inVISION: Wie sehen Sie die weiteren Entwicklungen auf dem Vision Markt?

Jansen: Der Markt für Vision Tech wächst derzeit rapide, hauptsächlich durch neue Einsatzfelder und Zielmärkte und neue technische Möglichkeiten, die diese neuen Felder erstmals adressieren. Vision Tech in der Fabrikautomation ist eine etablierte Technologie und wird weiter an Bedeutung zunehmen mit weiterer Automatisierung, aber auch mit zunehmender Erschließung und Nutzbarmachung all der generierten Sensor- und Produktionsdaten. Neue algorithmische Ansätze, neue Prozessortypen und neue Ansätze zur Datenkommunikation spielen dabei eine große Rolle. Vision Tech außerhalb der Fabrikautomation ist vielfach noch ein Greenfield mit Riesenpotential. Gerade hier sehen wir auch eine ganz neue Generation an jungen Unternehmen heranwachsen und neue Markt- und Applikationssegmente erschließen.

Vision Ventures GmbH & Co. KG

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