Multidimensionskamera

Multidimensionskamera

6D-Kamera mit Wahrnehmungsfunktionen

Auf die Frage, warum im Bereich Packaging und Logistik kaum 3D-Kameras eingesetzt werden, kommen überwiegend Antworten wie: 3D ist zu teuer; für jeden Anwendungsfall muss man eine Sonderversion der Kamera verwenden; es gibt wenige Systemintegratoren, die sich mit 3D auskennen usw. Daher wurden die vorhandenen 3D-Verfahren untersucht um möglichst viele Anwendungen mit einer einzigen Kamera zu lösen. Dies wurde mit der Perception Camera mvPerCam erreicht, bei der sogar noch einige nützliche Features hinzugefügt wurden.
Verfahren wie Time-of-Flight, Laser-Triangulation, strukturiertes Licht oder Streifenprojektion haben alle ihre Vorzüge für individuelle Anwendungsfälle. Zudem sind die genannten Systeme typischerweise für einen vordefinierten Messbereich gebaut. Durch Variation des Kameraabstandes und/oder der Kamerawinkel wird der Messbereich mechanisch definiert. Eine Veränderung der Winkel und der Abstände im Betrieb, wie es durch Temperaturschwankungen oder Vibrationen vorkommen kann, verändert das Messergebnis.

Multistereo-Kamera mit strukturiertem Licht

Die Perception Camera basiert auf dem Stereoverfahren gepaart mit strukturiertem Licht. Um ein größeres Messfeld zu erreichen und um nicht unterschiedliche Kameraabstände sowie -winkel in der Produktion ’sonderfertigen‘ zu müssen, wurde eine zusätzliche Kamera integriert, d.h. eine Multistereo-Kamera. Jede Kombination zweier Kameras hat einen unterschiedlichen Abstand zueinander und damit unterschiedliche Arbeitsbereiche. Objekte in nahem Abstand zur Kamera werden von den Kameras mit dem kürzesten Abstand am besten erfasst und die fernen Objekte von den Kameras mit dem weitesten Abstand. Zwar sehen alle Kameras das Objekt, jedoch ist der Versatz der Objekte im Bild bei weitem Kameraabstand größer. Somit ergibt sich eine höhere Messgenauigkeit, wenn man die beiden äußeren Kameras für ferne Objekte verwendet. Die Kamera erreicht einen Messbereich von ca.25 bis 250cm mit nur einem Kamerasystem. Die Genauigkeit ergibt sich durch die dreifache Stereokamera auf 3×256 Disparitäten, d.h. einer Messauflösung von ca.±35µm bei 25cm und ca. ±3mm bei 250cm. Angeschlossen wird das Gerät an einen PC mit einem Ethernet-Kabel, womit Kabellängen von 100m möglich sind. Die Berechnung erfolgt automatisch auf einer eingebauten Grafikkarte. Dies entlastet den Hauptprozessor, der somit weitere Bildauswertungen vornehmen kann. Die 3D-Daten (x,y,z) werden mit 30fps und somit in Videoechtzeit berechnet. Berechnet werden nicht nur Tiefeninformationen, sondern auch Bewegungsinformationen. Diese liefern zusätzlich die Bewegungsvektoren zu jedem Strukturpunkt, der in zwei zeitlich aufeinander folgenden Bildern zu sehen ist. Auch die Bewegungsinformationen liegen im 3D-Raum als Vektoren (vx, vy, vz) vor, weshalb man von 6D-Daten spricht. Damit kann bestimmt werden, ob sich ein Objekt von der Kamera weg oder zu ihr hin bewegt. Zusätzlich sind die Daten farbig und werden im RGB-Farbraum abgebildet.

Wozu brauche ich Bewegung und Farbe?

Warum nicht? Lieber zu viele Informationen generieren, als zu wenige. Dadurch ist die 6D-Kamera auch für zukünftige Aufgaben gerüstet, falls z.B. später rote von grünen Paprikas unterschieden werden müssen. Dies ist weder durch reine 3D-Information noch mittels Grau-Bilder möglich. Daher ist es besser, den Farbwert zu liefern und per Software zu entscheiden, was man haben möchte. Die Kamera liefert bei 1.024×1.024 Bildpunkten (X/Y-Auflösung) ca.9Mio. Werte pro Bild (x,y,z,vx,vy,vz,r,g,b) bei 30fps. Die Verarbeitung der Daten ist komplex. Um den Anwender nicht zu überlasten, wurde deshalb noch eine Wahrnehmungsfunktion integriert. Mit formbeschreibenden Begriffen beschreibt der Entwickler, welche Objekte ihn interessieren, z.B. „Ich suche einen Bildbereich mit einer möglichst hohen Messdichte, während die Höhenänderungen eher linear sind.“ Letztlich beschreibt er damit eine Ebene. Diese ist durch vier Kanten eingerahmt. Geliefert werden die Eckkoordinaten der Kanten. Werden also Schachteln gesucht, die aus solch ebenen Flächen bestehen, ergibt das anstatt 9Mio. Werte nur noch vier Ecken mit jeweils drei Werten (x,y,z).

Trennung aneinander liegender Objekte

Die Wahrnehmungsfunktion ermöglicht eine einfache Anwendung der Kamera, die einen Masseneinsatz möglich macht. Natürlich kann der 3D-erfahrene Benutzer auch die ungefilterten Daten direkt mit seinen 3D-Cloud-Matching-Verfahren verarbeiten. Streifenlicht-Projektions- oder Lasertriangulations-Verfahren haben bisher noch gegenüber der neuen Lösung eine höhere Auflösung. Diese wird benötigt, um eng aneinander liegende Objekte trennen zu können. Zwei Schachteln, welche z.B. die gleiche Höhe haben, plan auf einer Unterlage und direkt aneinander liegen, lassen sich, ohne apriori-Wissen wie Größe oder Aufdruck, nur dann eindeutig trennen, indem der schmale Spalt zwischen den Schachteln gemessen wird. Ein 3D-System auf Basis des Stereoverfahrens benötigt hierzu eine hohe X/Y-Auflösung, was wiederum das Sichtfeld einschränkt oder die Bildrate reduziert. Um eng aneinander liegende Objekte trennen zu können, wird mit der mvPerCam eine zusätzliche strukturierte Beleuchtung auf die Szene projiziert. Die zweite Beleuchtung wird, genauso wie bei der Triangulation, in einem schrägen Winkel zur Kamera angebracht. Damit bilden sich feine Lücken in der veränderten Struktur der zweiten Beleuchtung ab und können als zusätzliche Unterbrechungen der 3D-Messpunkte betrachtet werden.

Integrierte Autokalibration

Das Problem der Dekalibrierung eines 3D-Systems, das aus mehr als einer Komponente besteht, wurde bereits angedeutet. Dieser Punkt wurde bei Vorgesprächen als wesentlicher Nachteil beschrieben, da es einen zusätzlichen Serviceaufwand bedeutet. Gerade in rauen Umgebungen kann die Kamera häufig dekalibriert werden. Schlimm ist, dass dies oft unbemerkt bleibt und die Kamera falsch misst. Daher hat die Kamera eine integrierte Autokalibration. Der Anwender kann selbst konfigurieren in welchen Zyklen die Kamera ihre Kalibration prüfen soll. Sie prüft dann ihre Kamerastellungen sowie Abstände und korrigiert die ermittelten Fehler per Software. Dies erfolgt im Normalbetrieb, ohne dass ein spezielles Kalibrationsobjekt benötigt wird. Solange genügend Strukturen im Bild zu sehen sind, reicht dies für eine Autokalibration aus.

Themen:

| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 1 2015

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