(Neue) Kameraschnittstellen im Mainstream-Markt

(Neue) Kameraschnittstellen im Mainstream-Markt

Sechs digitale Kamera-Schnittstellen-Standards hat die Bildverarbeitungsindustrie seit der Jahrtausendwende hervorgebracht. Dieser Artikel beleuchtet den Stand der Dinge und skizziert, wie es weiter geht.
Der Markt für Kamera-Schnittstellen kennt zwei ausgeprägte Schwerpunkte. Beide werden durch die immer höheren Bandbreiten von Sensoren getrieben. Der eine Schwerpunkt setzt kompromisslos auf Bandbreite, was in der Regel zu Framegrabber-basierten Lösungen führt (Camera Link, Camera Link HS, CoaXPress). Der andere setzt auf niedrige Kosten, was in der Regel zu Bus-basierten Schnittstellen aus der Verbraucherwelt führt (FireWire, Gigabit Ethernet, USB 3.x). Bild 1 zeigt Bandbreiten typischer Mainstream Sensoren (=1.1″ für C-Mount) im Vergleich zu den gängigen Kameraschnittstellen. Marktstudien zeigen, dass bei den Verkaufszahlen der Bus-basierten Schnittstellen derzeit noch die GigE-Schnittstelle dominiert. Die USB 3.0-Schnittstelle holt jedoch bei neuen Kameraintegrationen auf, insbesondere wenn die Bandbreite von GigE nicht ausreicht. Auch die nächste Generation USB 3.1 steht schon in den Startlöchern, deren Bandbreite der höchsten Ausbaustufe von Camera Link Deca vergleichbar ist (die Bandbreite von USB 3.0 liegt etwas oberhalb von Camera Link Base). Der Bandbreitensprung von GigE zu USB 3.1 ist enorm, und vermutlich wird der Mainstream-Markt, der den Löwenanteil der Stückzahlen und Umsätze stellt, einige Jahre brauchen, bis er diese Bandbreiten absorbiert hat. Durch diese Entwicklung rutscht ein erheblicher Anteil ehemaliger High-End-Anwendungen in den Mainstream-Bereich, während sich die Domäne der Framegrabber-basierten Schnittstellen weiter hin zu noch höheren Bandbreiten verschiebt. Diese Bandbreiten werden insbesondere von Sensoren >1.1″ benötigt, die in Bild 1 nicht berücksichtigt sind.

USB 3.0-Kabel

Seit dem Release des USB3 Vision Standards im Jahr 2013 sind sehr viele neue standardkonforme Kameras am Markt erschienen und haben proprietäre USB-Protokolle weitgehend verdrängt. Anfangs hat es Probleme mit der Qualität von langen Kabeln (>3m) gegeben, insbesondere weil Kunden versucht haben, sehr preiswerte aber technisch mangelhafte Produkte einzusetzen. Die Original-Kabel-Spezifikation der USB-IF behandelt nur passive Kabel bis 3m Länge. Mit geeigneten Materialien und sorgfältiger Verarbeitung sind aber auch 5 bis 8m lange passive Kabel, sowie schleppkettentaugliche Kabel problemlos möglich. Für noch größere Entfernungen sind aktive elektrische und optische Kabel verfügbar. Das USB3 Vision Standard Gremium hat inzwischen eine eigene Kabel-Prüfanleitung erarbeitet, die die Lücken der Original-Spezifikation schließt und sicherstellt, dass auch längere, qualitativ hochwertige Kabel sicher verfügbar sind.

USB C-Type-Connector

Die USB-IF hat mit dem C-Type-Connector einen kleinen, universell verwendbaren Stecker geschaffen, von dem erwartet wird, dass er sich zügig in der PC-Industrie verbreiten wird. Anfangs wird in vielen Geräten auf diesem Stecker nur die ‚alte‘ USB 3.0 Verbindung verfügbar sein (USB 3.1 Gen 1); die ’neue‘ USB 3.1 Verbindung mit doppelter Geschwindigkeit (USB 3.1 Gen 2) folgt dann etwas verzögert. Auch hier hat das USB3 Vision Standard Gremium die Initiative ergriffen und sich dafür stark gemacht, dass wie bei USB 3.0 ein arretierbarer C-TypeStecker entwickelt wird, der im ursprünglichen USB 3.1 Standard nicht berücksichtigt wurde. Die USB-IF hat diese Initiative aufgegriffen, und organisiert die nötige Erweiterung des USB 3.1 Standards unter Mithilfe interessierter Firmen aus der Kamerabranche.

USB 3.1-Kabel

Im Gegensatz zu den alten USB 3.0-Steckern befindet sich im Inneren des C-Type-Stecker ein Stück Platine, auf dem z.B. ein Identifikationschip untergebracht ist. Dieser Basisaufbau ermöglicht es relativ einfach, aktive Kabel zu designen, was auch erforderlich ist, weil passive Kabel bei voller USB 3.1 Gen 2 Geschwindigkeit nur noch 1 bis 2m lang sein werden. Bei 5 bis 10m oder mehr erforderlicher Länge bieten sich elektrooptische Kabel an, die auf beiden Seiten elektrische C-Type-Stecker tragen. Will man vergleichbare Bandbreiten mit Camera Link übertragen, benötigt man zwei 10m Camera Link-Kabel, die zusammen deutlich teurer sind als ein elektrooptisches Kabel. Bei Verbindungen, für die die USB 3.1 Gen 1 Geschwindigkeit ausreicht, kann man nach wie vor lange passive und damit preiswerte Kabel einsetzen, die an beiden Seiten einen C-Type-Connector haben. Das USB3 Vision Gremium wird darauf hinwirken, dass die verschiedenen Kabeltypen für Gen 1 und Gen 2 optisch klar unterscheidbar sind, um Verwirrung bei Kunden zu vermeiden. Kameras und Kabel, die tatsächlich die volle USB 3.1 Gen 2 Bandbreite liefern, sind teurer als die heutigen USB 3.0-Produkte. Daher wird es auch in Zukunft Kameras geben, die nur die USB 3.1 Gen 1 Geschwindigkeit unterstützen, und die man mit passiven Kabeln betreiben kann. Diese Kameras werden aber im Gegensatz zu heute vermutlich mit einem C-Type-Connector ausgestattet sein. Beide Kameravarianten kann man gemischt an einem Hub betreiben.

Embedded Vision

Für den Mainstream-Markt scheint bis auf Weiteres kein Bedarf an neuen Bus-basierten Schnittstellen zu bestehen, da zunächst einmal USB 3.x vollständig ausgerollt werden muss. Ähnliches gilt für den High-End-Markt mit seinen Framegrabber-basierten Schnittstellen. Die Firmen der Branche haben in den vergangenen Jahren viel Geld in die neuen Schnittstellen investiert, das erst einmal ´zurückverdient´ werden muss. Es gibt allerdings eine ganz andere Ecke der Branche, in der sich die Notwendigkeit einer neuen Schnittstelle herauskristallisiert, und zwar bei den Embedded Systems. Die aktuellen embedded Prozessoren sind inzwischen so rechenstark, dass sie in etlichen Bildverarbeitungs-Anwendungen den PC ersetzen können. Dies führt häufig zu einer Systemkonfiguration, wo eine oder mehrere Einplatinen-Kameras zusammen mit einer Rechnerkarte dicht beieinander in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht sind. Und für diesen Fall sind die existierenden Schnittstellen nicht besonders gut geeignet, weil häufig ihr Gegenstück auf der Seite des embedded Prozessors fehlt oder zu viel Overhead erzeugt. Zur Verdeutlichung des Problems stelle man sich den Einsatz von Gigabit Ethernet zur Überbrückung von 10 bis 30cm Abstand zwischen Kamera und embedded Rechner vor. Das von der G3 Dachorganisation der Standardisierungsgremien getragene Future Standards Forum hat eine Studiengruppe gegründet, um Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten für ein solches embedded Interface zu definieren. Mögliche Kandidaten wären z.B. das MIPI CSI-2/3 Interface oder PCIe, die beide in vielen embedded Prozessoren standardmäßig vorhanden sind. Das Ziel ist es, ein zu den bestehenden Schnittstellen weitgehend kompatibles Interface zu definieren, um maximale Wiederverwendung von bestehendem Wissen und Infrastruktur bei Kunden und Lieferanten zu gewährleisten.

GenICam

Fast alle aktuellen Schnittstellenprotokolle (GigE Vision, USB3 Vision, CL HS, CXP) basieren in ihrer Lagen-Struktur auf GenICam, was bedeutet, dass sich die Schnittstellenprotokolle als Transport Layer um die Bewegung von Video und Control Daten kümmern, während sich die darüber liegende GenICam-Schicht um die Bedeutung der Daten kümmert, also z.B. Kamera-Features standardisiert. Das hat zur Folge, dass aus Kundensicht Kameras trotz verschiedener Schnittstellen softwaretechnisch sehr ähnlich behandelt werden können. Das GenICam Standardgremium stellt eine von fast alle Herstellern genutzte Referenzimplementierung zur Verfügung, die mit dem Sprung auf Version 3.0 eine massive Performancesteigerung erfahren hat, sowohl in Hinblick auf schnelles Laden der in den Kameras gespeicherten XML-Selbstbeschreibungsdatei als auch auf geringeren Speicherbedarf. Damit ist GenICam auch für embedded Systems gut gerüstet.

Basler AG

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