Perfekte Bewegungsbahnen dank mobilem Laserscanner

Präziser Griff

Perfekte Bewegungsbahnen dank mobilem Laserscanner

Wenn ein Roboter einen Motorblock greift und eine Säge oder Fräse anfährt, darf es kein Wackeln geben. Doch Abweichungen von Soll-Fertigungsdaten machen den Robotern das Greifen schwer. Die Firma August Mössner hat dafür eine Lösung gefunden: Neben maßgefertigten Formstücken für Robotergreifer, die mit Hilfe eines mobilen Laserscanners gefertigt werden, ist auch das Programmieren der Anlagen mit dem Scanner optimiert worden.

Bild 1 | Christian Kunz (r.) und Christian Haase (l.) inspizieren die Greifer eines Roboters. Diese sollen später schwere Motorgussteile an die Bearbeitungsstationen halten, die rechts aus der Wand ragen. (Bild: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH)

Bild 1 | Christian Kunz (r.) und Christian Haase (l.) inspizieren die Greifer eines Roboters. Diese sollen später schwere Motorgussteile an die Bearbeitungsstationen halten, die rechts aus der Wand ragen. (Bild: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH)

Der eine Roboterarm hält einen Motorblock in der Schwebe, sicher einen Zentner schwer. Erst in ein paar Wochen, wenn die gesamte Anlage fertiggestellt ist, werden sie sich in Bewegung setzen und an Motorblöcken, die aus einer Gießerei kommen, störende Speiser- und Angusssysteme absägen sowie Gießgrate abfräsen. Dazu wuchten sie die Teile zu den Sägen und Fräsen, die aus der Wand ragen und aussehen wie riesige Zahnarztbohrer. Hier bei der Firma August Mössner, Hersteller von Sondermaschinen für die Gießerei- und Aluminiumtechnik, ist aber nicht ihr zukünftiger Einsatzort, sondern in den Motorenwerken namhafter Automobilhersteller. In dem Betrieb werden die Bearbeitungsstationen konstruiert und in den Probebetrieb genommen. Mössner hat in der Automobilbranche den Ruf, automatisierte Fertigungslinien mit Dutzenden von Robotern im Zeitplan und perfekt funktionsfähig auszuliefern.

Bild 2 | Der Greifbacken, mit dem der Roboter später das Getriebegehäuse packen soll, rutscht am Gehäuse ab. Die Ursache ist, dass bei Prototypen oft Soll-/Istwerte nicht übereinstimmen. (Bild: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH)

Bild 2 | Der Greifbacken, mit dem der Roboter später das Getriebegehäuse packen soll, rutscht am Gehäuse ab. Die Ursache ist, dass bei Prototypen oft Soll-/Istwerte nicht übereinstimmen. (Bild: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH)

Mehrere Millimeter Abweichungen

Eine wichtige Rolle spielt dabei das Team von Christian Kunz. Die 20 Mitarbeiter seiner Abteilung Robotik, Forschung und Entwicklung sind dafür verantwortlich, einen präzisen, sicheren und effizienten Ablauf der Anlagen zu planen. Dabei steckt der Teufel im Detail. Eines sind die Formstücke, mit denen der Roboter den Motorblock greift. Sie sind so klein wie ein Eishockeypuck, müssen aber das Gussteil exakt greifen können und dies im Bearbeitungsprozess an dessen Position halten, entgegen der auftretenden Kräfte. Dazu haben die Formstücke Vertiefungen, die genau über die Ausbuchtungen der Gussteile passen. Dies ist aber vorerst nicht gegeben. Kunz hält ein Formstück an den Gussrohling eines Getriebegehäuses, an die Stelle, wo später der Roboter das Bauteil aufnehmen soll. Doch wie der Ingenieur das Formstück auch dreht und kippt, die Teile wollen nicht zusammenpassen. „Wenn uns die Automobilhersteller Gussteile schicken, weichen diese oft um einige Millimeter von der Soll-Konstruktion ab“, erläutert Kunz. Das ist kein Wunder, denn meistens handelt es sich um so genannte Anfahrteile neuer Motorentypen. Die Toleranzen sind beim Serienanlauf noch groß und in den CAD-Modellen der Gussteile nicht dargestellt. Kunz hat mit seinem Team eine Lösung gefunden, bei der der mobile Scanner Zeiss T-Scan von zentraler Bedeutung ist. Mit dem handgeführten Laserscanner messen die Ingenieure die Oberflächenkontur des Gussteils, z.B. eines Motorblocks oder eines Getriebegehäuses, und vergleichen den dadurch generierten Datensatz mit den Soll-CAD-Daten, die der Automobilhersteller liefert. Zum einen dient dies der Dokumentation des Ist-Zustands und zum anderen ist die Messung die Basis für die Anpassung der Formstücke an das Gussteil und für die spätere Programmierung des Roboters. So sehen die Ingenieure schnell wo Abweichungen vorliegen und können umgehend eine Nachbearbeitung der Formstücke anstoßen. Das Formstück wird von Hand nachgearbeitet, anschließend eingescannt und kann dadurch dokumentiert und in CAD-Daten gewandelt werden.

Bild 3 | Mit dem Zeiss T-Scan liest Christian Kunz die Oberfläche eines Getriebegehäuses ein, auch im Inneren. (Bild: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH)

Bild 3 | Mit dem Zeiss T-Scan liest Christian Kunz die Oberfläche eines Getriebegehäuses ein, auch im Inneren. (Bild: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH)

Erhebliche Zeitersparnis

Die Kaufentscheidung zugunsten des Zeiss T-Scan fiel bereits 2017. Vor allem das freie Handling innerhalb des Messfeldes habe überzeugt, so Kunz: „Mit dem T-Scan können wir auch große und sehr schwere Teile von allen vier Seiten und von oben erfassen, ohne dass wir das Teil mühsam umsetzen müssen.“ Mit der stationären Lösung eines Wettbewerbers wäre ein derart flexibler Messprozess nicht möglich gewesen. Des Weiteren handelt es sich bei dem Scanner um ein portables System mit hoher Bedienerfreundlichkeit. Dadurch können bei Bedarf Bauteile, nach dem Bearbeiten in der Roboterzelle, direkt beim Kunden gemessen werden. Vor allem beim Anlauf einer neuen Anlage spart dies wertvolle Zeit. „Der Aufbau dauert nur zehn Minuten“, so Kunz, „und wir können gemeinsam mit dem Kunden das Ergebnis der Bearbeitung schnell überprüfen.“ Da bei dem modularen System keine physische Verbindung zu einem Messtisch benötigt wird, ist die Datenaufnahme auch an schwer zugänglichen Bereichen mühelos möglich. Mittlerweile hat sich der T-Scan mehr als bezahlt gemacht – für Mössner und vor allem auch für die Kunden des Automatisierungs-Spezialisten. „Anlagenabhängig kommen wir dank des T-Scan bis zu zwei Wochen früher zur Abnahme bzw. Inbetriebnahme der Anlage“, so Christian Kunz, Leiter Robotik, Forschung und Entwicklung. Bei kleinen Anlagen mit zwei Robotern entspricht das fast einer Halbierung der Zeit. Bei größeren Anlagen mit Dutzenden Robotern kann die Inbetriebnahme bis zu einem Jahr dauern, zwei Wochen scheinen da nicht so ins Gewicht zu fallen. Allerdings werden von solchen Anlagen oft mehrere Duplikate für parallele Fertigungslinien gebaut, wodurch sich die Zeitersparnis schnell auf Monate summiert.

Der ideale Nullpunkt

Auch das Teachen der automatisierten Fertigungsanlagen konnte optimiert werden. Hier werden 80% der Zeit eingespart. Das ist u.a. dem T-Scan und Christian Haase zu verdanken. Der 25-Jährige baut als Werksstudent bei Mössner in seiner Masterarbeit eine modulare Roboterzelle. Christian Haase hat sich mit der Frage beschäftigt, wie man die Programmierung der Roboter optimieren könne. Um die Toleranzen zwischen den virtuell programmierten Bewegungsbahnen und den realen Bewegungsbahnen zu minimieren, wird ein ausgewähltes Masterteil eingescannt und mit einem Wiest-System, in diesem Fall Kugeln, versehen. Das Wiest-System ist nach der Wiest AG, die Systeme zur Kalibrierung von Robotern anbietet, benannt. Bei Haases Bachelorarbeit wurde dies an eben jenem Motorblock, für den gerade in der Nachbarhalle die automatisierte Bearbeitungsstation errichtet wird, vollzogen. Die Kugeln dienen als Bezugspunkte für ein ideales Koordinatensystem, das inmitten des Motorblocks liegt. Nach der Messung mit dem Scanner und einem Falsch-Farben-Vergleich in der Zeiss Reverse-Engineering-Software, welcher u.a. veranschaulicht an welchen Stellen Auf- bzw. Untermaß besteht, stehen mit Hilfe der Software und einem Roboter-Simulationsprogramm wenige Arbeitsschritte später die optimalen Bewegungsbahnen zur Verfügung – auch bei weiteren Gussteilen mit anderen Abweichungen. Der Nullpunkt des Koordinatensystems ist immer an der gleichen Stelle. Für die Programmierung der Roboter bringt das eine erhebliche Zeitersparnis. „Ohne T-Scan wäre das nicht möglich, und auch meine Bachelorarbeit hätte es dann nicht gegeben“, betont Haase.

Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH

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