Quo vadis Vision?

Quo vadis Vision?

Hintergründe zur Verschiebung der Vision 2013

Am 11. Februar gab die Landesmesse Stuttgart bekannt, dass die Vision ab sofort in einen Zwei-Jahres-Rhythmus wechselt und die diesjährige Messe abgesagt wird. Wie kam es zu diesem Schritt, was bedeutet er für die Zukunft der Vision und welche anderen Messen können evtl. davon profitieren?
Befragt zur Bedeutung der Vision antworteten – laut Abschlussbericht der Vision 2012 – über 90% der Aussteller, dass die Bedeutung der Messe in der Zukunft steigen bzw. gleich bleiben wird. Auch der Zuspruch der Besucher für die Messe war groß: Mehr als 52% waren davon überzeugt, dass die Messe künftig noch wichtiger für die Branche wird, der Rest war der Ansicht, dass die Bedeutung zumindest gleich hoch bleibt. Dennoch nun der Frequenzwechsel. Die Vielzahl an Statements von Ausstellern und Verbänden der Vision auch zukünftig die Treue zu halten, macht eines klar: Für einige Aussteller bleibt die Messe wegen, für andere trotz des neuen Rhythmus die Weltleitmesse für die Bildverarbeitung

Gründe für den Wechsel

  • • Besucherzahlen: Zwar klagen einige Aussteller, dass ´angeblich´ zu wenig neue Besucher jedes Jahr nach Stuttgart kämen, aber die Besucherzahlen sind in den letzten Jahren (leicht) gestiegen (auf knapp über 7.000), d.h sind definitiv nicht geringer geworden.
  • • Innovationszyklen: Der Grund, der vorwiegend für die Verschiebung genannt wurde, waren Innovationszyklen. Es sei inzwischen schwer, jedes Jahr dem Messe-Besucher wirkliche Neuheiten am Stand zu präsentieren, so einige Aussteller. Bedenkt man die Tatsache, dass z.B. das Thema USB 3.0 bereits auf den letzten zwei bis drei Visions als Innovationsträger herhalten durfte, kann man das Argument nicht von der Hand weisen. Allerdings sind die Innovationszyklen in der Automatisierung auch nicht kürzer und dennoch denkt keiner über eine Verschiebung der SPS IPC Drives nach.
  • • Terminkollision: Aufgrund von Terminüberschneidungen mit der BlechExpo, hätte die Vision dieses Jahr im September stattgefunden und nicht wie sonst Anfang November. Zu dieser Überschneidung wäre es zukünftig übrigens alle zwei Jahre gekommen. Mit dem neuen Rhythmus kann an dem November-Termin dauerhaft festgehalten werden. Allerdings findet die Vision nun zukünftig immer im gleichen Jahr wie eine Automatica statt.
  • • Standgröße: Schaut man sich die Größe einiger Messestände und den Personalaufwand mancher Aussteller auf der letzten Vision an, muss man sich schon fragen, ob sich das für knapp 7.000 Besuchern lohnt, d.h. ob die Kosten pro Kontakt nach der Messe überhaupt wieder hereingeholt werden können. Möglicherweise wäre der eine oder andere Aussteller weiterhin für den bisherigen Rhythmus zu begeistern gewesen, wenn er jedes Jahr nur einen kleineren Stand, d.h. geringeren Personalaufwand und Standkosten zu tragen hätte?

Fakt ist, die Vision 2013 hätte ohne eine Reihe von Marktführern stattgefunden, die sich bereits im Vorfeld entschlossen hatten, nur noch alle zwei Jahre auf die Messe zu kommen. Um die Besucher nicht zu verwirren, welcher Aussteller nun wann und warum auf der Vision ausstellt bzw. wann die Messe nun stattfindet (September oder November), blieb der Landesmesse Stuttgart letztendlich gar nichts anderes übrig, als auf einen Zwei-Jahres-Rhythmus zu wechseln.

Es bleiben einige Fragen

Laut dem offiziellen Abschlussbericht der letzten Vision kamen 87% der Besucher mit Investitions- oder Kaufabsichten auf die Messe. Mehr als zwei Drittel der Besucher, die angaben Einkaufs- oder Beschaffungsentscheidungen mit zu beeinflussen, wollten in den nächsten sechs Monaten investieren. Wo können diese Besucher sich zukünftig vor ihren Investitionen umschauen und beraten lassen? Sollen diese Investitionen einfach für die nächsten zwei Jahre zurückgestellt werden? Was machen kleinere Aussteller, die nicht ein so großes Vertriebsnetz wie die Marktführer haben und die darauf angewiesen sind, zumindest einmal im Jahr ihre Kunden auf einer Branchen-übergreifenden internationalen Messe zu treffen? Bei Diskussionen zur Vision-Verschiebung in entsprechenden Internetforen fällt auf, dass es zwei Lager bei den Ausstellern gibt: die ´’Kleineren’´favorisieren einen Jahresrhythmus, während die ‚Größeren‘ für einen Zwei-Jahres-Rhythmus plädieren. Für viele ausländische Aussteller war die Vision zudem die einzige Plattform, um sich jährlich auf dem deutschen/europäischen Markt zu präsentieren. Diese Möglichkeit entfällt zukünftig. Beide Gruppen – Besucher und Aussteller – müssen nun neue Wege finden, um zu Kaufentscheidungen bzw. Kontakten zu kommen. Dies sind entweder andere Vertriebswege (Fachzeitschriften, Direktvertrieb, Internet…) oder neue Messen.

Welche Messen profitieren vom Wechsel?

Kann die Vision mit einem Zwei-Jahres-Rhythmus ihre Vormachtstellung in Sachen Bildverarbeitung sowohl national als auch international behaupten? Welche Messe bietet sich als zeitweise Alternative in den Nicht-Vision-Jahren an? (in alphabetischer Reihenfolge):

  • • Automatica: Nein. Die Automatica hat ebenso einen Zwei-Jahres-Rhythmus und in Sachen Bildverarbeitung eher den erfolgreichen Schwerpunkt Robot Vision. Versuche allgemeine Bildverarbeitungsthemen in München zu etablieren, waren bisher nicht erfolgreich. Zudem findet die Messe zukünftig im gleichen Jahr wie die Vision statt.
  • • Control: Möglicherweise. Thematisch sicherlich sehr nahe an der Vision, steht das Thema Bildverarbeitung auf der Control derzeit noch stärker unter dem Fokus ‚Qualitätssicherung im Prüflabor‘. Allerdings verschieben sich derzeit die Grenzen. Die optische Messtechnik hält als Inline-Kontrolle immer stärker Einzug in die Produktion und Firmen wie z.B. Hexagon, Mitutoyo oder Carl Zeiss bieten bereits entsprechende Lösungen und Produkte an. Carl Zeiss hat mit HGV letztes Jahr bereits eine Firma mit Schwerpunkt Bildverarbeitung gekauft. Es könnte durchaus sein, dass sich die Control zukünftig in den Nicht-Vision-Jahren als Alternative für die Besucher und manche Aussteller anbietet.
  • • Hannover: Nein. Das Thema Bildverarbeitung ist nur noch ein Randthema auf der Hannover Messe.
  • • Laser World of Photonics: Vielleicht. Eigentlich eine Messe am Rande des Bildverarbeitungsspektrums. Allerdings findet die Laser zukünftig in den Nicht-Vision-Jahren statt, hat hohe (internationale) Besucherzahlen und durchaus auch einen Bezug sowohl zu industriellen als auch nicht-industriellen Anwendungen.
  • • Motek: Möglicherweise. Als jährliche Branchenmesse für die Produktions- und Montageautomation bietet sie eigentlich das perfekte Umfeld für die Bildverarbeitung. Allerdings hat sie in den letzten Jahren etwas damit zu kämpfen, dass sie mit ihrer Ausrichtung thematisch genau zwischen einer SPS IPC Drives und Automatica liegt. Dennoch eine sinnvolle Alternative für den einen oder anderen Aussteller.
  • • Optatec: Nein. Noch stärker als eine Laser thematisch alleine auf optische Technologien eingeschränkt und zudem zukünftig im gleichen Jahr wie die Vision.
  • • Sensor+Test: Jein. Schon bevor die Vision abgesagt wurde, stand fest, dass es einen Themenstand Bildverarbeitung auf der Sensor+Test 2013 geben wird. Dieser könnte nun interessant für CCD-/CMOS-Sensor-Hersteller werden, die dort im richtigen Themenumfeld platziert wären und zukünftig alle zwei Jahre in Nürnberg ausstellen.
  • • SPS IPC Drives: Ja. Sicherlich nicht für alle Vision-Aussteller von Interesse, aber für diejenigen, die Systeme oder (intelligente) Kameras im Programm haben, ist die Messe schon lange im Fokus. Hier war bisher die Tatsache, dass beide Messen im November stattfinden, das Hauptproblem für eine Teilnahme. Als Branchenmesse ´Automatisierung´ ist es wahrscheinlich, dass bereits dieses Jahr einige Vision-Aussteller erstmals die Chance ergreifen, um in Nürnberg auszustellen.
  • • Internationale Messen: Im Augenblick nein. Keine der internationalen Messen wie z.B. eine Automate, Boston Vision Show oder Veranstaltungen in Japan und China haben derzeit die gleiche Anziehungskraft wie eine Vision. Allerdings halten einige Experten die Verlagerung der Weltleitmesse nach Asien, also dorthin wo derzeit am meisten investiert wird, für ein nicht unwahrscheinliches Szenario, unabhängig von der Frequenz einer Vision.

Fazit

Letztendlich entscheiden die Besucherzahlen der Vision 2014, ob der Schritt auf einen Zwei-Jahres-Rhythmus richtig war oder nicht. Ob in zwei Jahren in Stuttgart deutlich mehr Messeneuheiten präsentiert werden als bisher, wird sich dann zeigen. Dass die Vision durch die Verschiebung zukünftig wichtiger geworden ist, darf zumindest angezweifelt werden. Auf die Vision 2013 freuten sich laut letztem Abschlussbericht 92% der Besucher. Ob sie auch der Vision 2014 die Treue halten, werden wir in knapp 19 Monaten sehen.

Themen:

| Fachartikel
TeDo Verlag GmbH

Das könnte Sie auch Interessieren