Laserscanner beschleunigt Werkzeugentwicklung

Schneller am Ziel

Laserscanner beschleunigt Werkzeugentwicklung

Der Automobilzulieferer Bosch Automotive Steering arbeitet am Standort Schwäbisch Gmünd mit einem neuen Laserscanner für multisensorfähige Messgeräte. Dadurch reduziert sich die Anzahl der Iterationsschlaufen bei der Werkzeugentwicklung für die Fertigung von Zahnstangen.

Der LineScan 2-8 erfasst Oberflächen von Formen mit bis zu 700.000 Punkte/s. Er ist mit einem Maximum Permissible Error (MPE P) von 2,9 bzw. 3,3µm und einem Root-Mean-Square (RMS) von 0,9µm der präziseste Sensor der Serie. (Bild: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH)

Der LineScan 2-8 erfasst Oberflächen von Formen mit bis zu 700.000 Punkte/s. Er ist mit einem Maximum Permissible Error (MPE P) von 2,9 bzw. 3,3µm und einem Root-Mean-Square (RMS) von 0,9µm der präziseste Sensor der Serie. (Bild: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH)

Immer schneller zu agieren, ist laut Stefan Fröhlich, Abteilungsleiter Verfahrensentwicklung der Robert Bosch Automotive Steering GmbH am Standort Schwäbisch Gmünd, kein neues Thema. Selbst bei Basisthemen, wie der Konstruktion und Fertigung von Lenksystemen, reizt der Standort proaktiv die Grenzen des fertigungstechnisch Machbaren aus. Beim Lenksystem wird deshalb großer Wert auf die präzise Fertigung der Zahnstange gelegt. Denn das Besondere einer Zahnstange, die eine variable Übersetzung ermöglicht, ist die von der Mitte nach außen hin größer werdende Zahnteilung, wodurch sich die Lenkübersetzung in Abhängigkeit vom Lenkradeinschlag ändert. Damit dies gelingt, müssen die von der Konstruktion festgelegten Merkmale wie Schrägungs- und Eingriffswinkel der einzelnen Zähne sowie der Abstand dazwischen mit den engen Toleranzen eingehalten werden.

Präzise taumelnd

Die Zähne und damit die spezielle Struktur der Zahnstange mit variabler Übersetzung werden über das sogenannte Taumeln in den Rohling eingebracht. Ein Fertigungsverfahren, bei der eine Presse das Rohteil über eine taumelnde Bewegung in die Werkzeugform drückt. Der Stahl wird sozusagen mit einer Presskraft von bis zu 1.000t in die ca. 20cm breite Form eingewalzt. Der Stahl wird dafür nicht erhitzt, was sich positiv auf die Einhaltung von Maßtoleranzen und die Festigkeit auswirkt. Bosch beherrscht laut Daniel Hübscher, Technologieplaner Messtechnik bei Bosch, das Verfahren so gut, dass trotz der großen Krafteinwirkung einzelne Merkmale der Zahnstange bis auf wenige µm genau sind. So wird ein präzises Ineinandergreifen von Ritzel und Zahnstange und damit ein sicheres und komfortables Lenken gewährleistet. Bei den hohen Präzisionsvorgaben muss natürlich das Presswerkzeug, die Form, in die der Rohling getaumelt wird, noch engere Toleranzvorgaben einhalten. „Da gehen wir heute an die Grenze des fertigungstechnisch Machbaren“, verrät der Technologieplaner.

Scanner für die Werkzeugentwicklung

Bisher brauchte es mehrere Iterationsschlaufen, bevor das Werkzeug die gewünschten Toleranzvorgaben einhielt, das heißt zwischen der Konstruktion und dem serienreifen Taumeln lagen in der Regel Wochen, in denen das Werkzeug auf der Grundlage der gewonnenen Messergebnisse korrigiert werden musste. 2015 fiel daher die Entscheidung, das Koordinatenmessgerät durch eine optische Messlösung zu ergänzen. So können die Vorteile des KMM, wie z.B. den CNC-Betrieb und einfache Programmierung, mit der schnellen Erfassung von Formen durch Punktewolken kombiniert werden. Nach der Festlegung verschiedener Benchmarks schloss sich ein intensiver Auswahlprozess an. Am Ende entschied sich Sadet Hadzijakupovic, Leiter des Technikums Automotive Steering in Schwäbisch Gmünd, in das multisensorfähige Messgerät Accura zu investieren, das mit einem sehr genauen Laserscanner mit 25mm Messbereich ausgestattet ist. Ein Scanner, mit dem sich innerhalb weniger Minuten ein Netzmodell von der Zahnstange erstellen lässt. Nach der Bearbeitung des 3D-Modells durch Hübscher und seine Kollegen nutzten die Werkzeugbauer dieses für die Werkzeugkorrektur. Im Vergleich zu dem bis dato eingesetzten Koordinatenmessgerät, das allein für die Messung einzelner relevanter Merkmale ca. zehn Stunden benötigte, bedeutete die Umstellung laut Hübscher „eine deutliche Beschleunigung des Prozesses, denn wir brauchen für den Scan an sich nur noch 10min“.

Pilotkunde für neuen Scanner

Der Wunsch, die Anzahl der Iterationsschlaufen bzw. den händischen Aufwand für die Optimierung der gewonnenen Punktewolken weiter zu reduzieren, mündete laut Hadzijakupovic, dann 2017 in die Entscheidung Pilotkunde zu werden. „Zeiss bot uns die Chance, einen absolut neuen Scanner mit einer hohen Präzision zu testen“, erinnert sich Hübscher, der von Januar 2017 an dann sehr eng mit Zeiss zusammenarbeitete. Er ist voll des Lobes für den in der Pilotphase eingesetzten hochgenauen Laserscanner LineScan von Zeiss mit einem Messbereich von 8mm. Für die High-Speed-Digitalisierung können damit bis zu 700.000 Punkte/s erfasst werden. Eingesetzt werden kann er auf den Messmaschinen Contura, Accura und Prismo mit RDS. Laut Zeiss Produktbeschreibung liegt der quadratische Mittelwert aller einzelnen Standardabweichungen beim Zeiss LineScan 2-8 bei 0,9µm und die des Zeiss LineScan 2-25 bei 4µm. Die Messwerte des neuen Sensors streuen also deutlich weniger stark. Auch die Antastabweichung ist mit einem MPE P Wert von 3,3µm auf dem Messgerät Accura im Vergleich zum LineScan 2-25 mit 12µm deutlich gesunken. Werte, die nicht nur im Labor, sondern dank der Hinweise von Bosch an Zeiss auch in der Praxis mit realen Werkstücken erzielt werden. Denn aufgrund der produktionsrealen Erfahrungswerte während der Pilotphase, konnte Zeiss permanent die Leistungsfähigkeit des Scanners optimieren. Der Laserscanner ermittelt laut Hübscher „ein genaueres Abbild vom Ist-Zustand der stark reflektierenden Zahnstangen“. Mit dem Ergebnis, dass sich unter anderem auch der Aufwand reduziert, die mit einem Laserscanner gewonnene Punktewolke nachträglich noch händisch optimieren zu müssen. Nach Abschluss des Pilotprojektes sind sich alle Beteiligten bei Bosch einig: „Wir haben mit dem neuen Laserscanner unsere Werkzeugentwicklung weiter optimiert und werden daher im Technikum weiterhin mit dem Sensor Zeiss LineScan 2-8 arbeiten“, so Hübscher. Abteilungsleiter Fröhlich geht sogar noch einen Schritt weiter. Er würde den hochpräzisen Sensor zukünftig auch für die Überwachung der Fertigung einsetzen wollen. „So könnten wir noch schneller mögliche Fertigungsprobleme erkennen“.

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| Fachartikel

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inVISION 2 2019
Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH

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