Software als zentrales Element

Software als zentrales Element

Die Rolle der Software für den zukünftigen Erfolg der IBV

Die VDMA IBV Expertenrunde beschäftigt sich dieses Mal mit dem Thema Software. Somit ergab sich praktisch von alleine der Gesprächspartner zu diesem Thema für die inVISION. Dieser ist Dr. Olaf Munkelt, Geschäftsführer der MVTec Software GmbH, die mit Halcon eine der Standardsoftware-Lösungen für die Bildverarbeitung haben.

" Es wird sich zeigen, ob sich Deep-Learning-Technologien bei einer kritischen Masse von IBV-Anwendungen durchsezten werden." - Dr. Olaf Munkelt, MVTec Software

„Es wird sich zeigen, ob sich Deep-Learning-Technologien bei einer kritischen Masse von IBV-Anwendungen durchsezten werden.“ – Dr. Olaf Munkelt, MVTec Software (Bild: MVTec Software GmbH)

Welche Rolle spielt das Thema Software für den zukünftigen Erfolg der Bildverarbeitung?

Dr. Olaf Munkelt: Für die industrielle Bildverarbeitung sind natürlich beide Komponenten wichtig, Hardware und Software. Erstere, also Bildeinzugsgeräte wie Kameras oder Sensoren, liefern den Input. Die Software interpretiert, bildet die Schaltzentrale der Vision-Prozesse. Hier werden die Informationen verarbeitet und für die folgenden Schritte bereitgestellt. Die Robustheit einer Technologie in diesem Bereich entscheidet darüber, wie schnell und effizient beispielsweise verschiedenste Objekte oder Zeichen erkannt werden oder wie verlässlich sich die Position von Gegenständen bestimmen lässt. So ist die BV-Software ein zentrales Element für flexible und agile Produktionsabläufe. Diese gewinnen im Rahmen von Industrie 4.0-Szenarien zunehmend an Bedeutung: Kompakte, flexible Roboter einer neuen Generation müssen schnell und einfach für verschiedenste Aufgaben eingerichtet und kalibriert werden. Kleinste Losgrößen müssen passgenau bereitgestellt werden. Eine Vision-Software sollte diese Prozesse optimal unterstützen und die einfache Erstellung sowie schnelle Anpassung entsprechender Applikationen ermöglichen, damit das volle Potenzial dieser Entwicklung auch ausgeschöpft werden kann.

Kann eine IBV-Software genauso einfach zu bedienen sein wie ein Smartphone?

Dr. Munkelt: Das ist das Ziel. Bislang war die Technologie vielfach nur absoluten Vision-Spezialisten vorbehalten. Selbst die Erstellung von einfachen Anwendungen erforderte fundierte Programmierkenntnisse. Professionelle Entwickler mussten komplexe Programme mit umfassenden Quellcodes schreiben, was mit hohem Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden war. Unsere Software Merlic vereinfacht diesen Prozess. Dank einer bildzentrierten Benutzeroberfläche lassen sich Machine-Vision-Applikationen ohne Experten-Know-how erstellen. Dabei steht eine große Bandbreite an professionellen Funktionen und Werkzeugen in Form eines ´’What you see is what you get’´-Editors zur Verfügung. So reicht die Bedienbarkeit fast an die Einfachheit eines Smartphones heran. Dies erweitert natürlich die Adressatengruppe für die Bildverarbeitung und macht sie auch für Personen ohne entsprechend tiefgreifende Programmierkenntnisse zugänglich, z.B. Ingenieure in der Produktionsplanung und Fertigungsvorbereitung.

Was sind die Herausforderungen, um das nächste Entwicklungslevel für Vision-Software zu erreichen?

Dr. Munkelt: Eine große Herausforderung ist das stärkere Zusammenwachsen von IBV und SPS. Harmonieren beide Technologien, wirkt sich dies positiv auf die durchgängige Automatisierung von industriellen Produktionsprozessen aus. Die Integration beider Verfahren steht jedoch erst am Anfang. SPS- und IBV-Anbieter sprechen noch unterschiedliche Sprachen und der Datenaustausch funktioniert nicht optimal. Auf der IBV-Seite muss häufig noch eine Vielzahl von proprietären Schnittstellen gepflegt werden. Wir arbeiten jedoch intensiv daran, dass beide Disziplinen mehr und mehr zusammenwachsen. Dabei gewinnt die Etablierung einschlägiger Standards wie etwa OPC UA zunehmend an Bedeutung. Generell ergeben sich durch die Standardisierung noch weitere Chancen.

Derzeit wird viel über das Thema ‚Embedded Vision‘ gesprochen. Kann Embedded Vision dazu beitragen, dass Vision-Software ´ besser‘ wird?

"Eine große Herausforderung ist das stärkere Zusammenwachsen von IBV und SPS." - Dr. Olaf Munkelt, MVTec Software

„Eine große Herausforderung ist das stärkere Zusammenwachsen von IBV und SPS.“ – Dr. Olaf Munkelt, MVTec Software (Bild: MVTec Software GmbH)

Dr. Munkelt: Sie wird vielleicht nicht besser, aber die möglichen Einsatzszenarien der IBV nehmen durch Embedded-Technologien deutlich zu. Finden Standard-IBV-Systeme vor allem in stationären PC- oder Server-Umgebungen Verwendung, laufen Embedded-Lösungen auf unterschiedlicher Hardware, wie etwa in intelligenten Kameras, Vision-Sensoren, Tablets oder Handhelds. Da mobile Geräte zunehmend auch im industriellen Umfeld verbreitet sind, gewinnen Embedded-Vision-Systeme an Wichtigkeit. Dabei ist eine der größten Herausforderungen die Vielzahl unterschiedlicher Embedded-Plattformen, wie z.B. Raspberry Pi oder die ARM-Architektur. Letztere überzeugt durch kompakte Ausmaße, eine hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit und niedrige Stromaufnahme. Daher findet unsere Bildverarbeitungs-Software Halcon verstärkt in Embedded-Systemen auf Basis der ARM-Architektur Verwendung. Zudem verringert sich der Abstand hinsichtlich Speicherplatz und Rechenleistung im Vergleich zu PC-Standardsystemen durch die Weiterentwicklung der Embedded-Hardware zunehmend. MVTec etwa macht mit ´’Halcon Embedded auf Android’´ seine Software auch auf Android-basierten tragbaren Devices wie Tablets, Phablets und Smartphones verfügbar.

Welche Trends sehen Sie derzeit im Bereich Software für die Bildverarbeitung?

Dr. Munkelt: Zu den wichtigsten Trends zählen die bereits erwähnte Benutzerfreundlichkeit und die zunehmende Verbreitung von Embedded Vision. Von großer Bedeutung ist zudem, dass Vision-Software mit der rasanten Entwicklung und den Herausforderungen von Industrie 4.0 und der Digitalisierung der Produktionsprozesse Schritt hält. Dabei wird die Bildverarbeitung eine technologiegetriebene Industriebranche bleiben und weiterhin die Anforderungen der Kunden sowohl im Produktionssektor als auch in anderen Branchen adressieren. Auch im Rahmen von neuen Technologien und Trends wie etwa dem 3D-Druck ist Machine Vision gefordert, die Qualität der gedruckten Teile zu sichern. Ob dies zu vollintegrierten Vision-Systemen mit lokalen Rechner-Ressourcen oder zu einer Super-Cloud führt, die alle Bilddaten verarbeitet und daraus lernt, bleibt abzuwarten. Ebenso wird sich zeigen, ob sich Deep-Learning-Technologien bei einer kritischen Masse von IBV-Anwendungen durchsetzen werden.

Teil 4 der VDMA IBV Expertenrunde beschäftigt sich mit dem Thema ´Kameras´.

Themen:

| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 6 2016
MVTec Software GmbH

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