Verschleißerkennung beim Zerspanen per App

Verschleißerkennung beim Zerspanen per App

Um die Ursache für schlechte Ergebnisse bei zerspanenden Arbeiten zu finden, wurde eine Verschleißerkennungs-App entwickelt. Mit einem Smartphone wird die verschlissene Schneide fotografiert. Daraufhin erkennt die App, um welchen Verschleiß es sich handelt und gibt Handlungsempfehlungen.

Um die Ursache für schlechte Ergebnisse bei zerspanenden Arbeiten zu finden, wurde eine App zur Verschleißerkennung entwickelt. Mit einem Smartphone wird die verschlissene Schneide fotografiert und die er mittels Deep Learning ausgewertet. (Bild: Mapal Fabrik für Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG)

Um die Ursache für schlechte Ergebnisse bei zerspanenden Arbeiten zu finden, wurde eine App zur Verschleißerkennung entwickelt. Mit einem Smartphone wird die verschlissene Schneide fotografiert und die er mittels Deep Learning ausgewertet. (Bild: C-Com GmbH)

Schlechte Ergebnisse oder gar Ausschuss können beim Zerspanen mehrere Ursachen haben. Sind verschlissene Schneiden der Grund, stellen sich folgende Fragen: Um welchen Verschleiß handelt es sich, warum tritt er auf und wie kann er künftig vermieden werden? Diese Probleme kennen Zerspaner zur Genüge. Verschleiß, der nicht der normalen Abnutzung entspricht, stellt in fertigenden Unternehmen ein erhebliches Problem dar. Da sind zum einen die Kostenfaktoren. Verschleißt eine Schneide sehr schnell, müssen Zerspaner sie oft austauschen. Vor allem bei Sonderschneiden oder Schneiden mit speziellen Beschichtungen verursacht allein der höhere Schneidenverbrauch erhebliche Kosten. Zum anderen bedeutet jeder Austausch, dass die Maschine steht und nicht produktiv ist. Im schlimmsten Fall verursachen verschlissene Schneiden Schäden am Bauteil. Aufwendige Nacharbeiten oder gar Ausschuss sind die Folge.

Prototyp auf der EMO

„In vielen Fällen ist das Experten-Wissen gefragt“, sagt Giari Fiorucci, Geschäftsführer der c-Com GmbH. In der Regel kontaktieren die zerspanenden Unternehmen den Werkzeughersteller. Der dort zuständige Außendienstmitarbeiter schaut sich die Schneide an und analysiert den Verschleiß gegebenenfalls mit den Spezialisten im jeweiligen Unternehmen. Hierfür sind mehrere Kommunikationsschleifen und Abstimmungen nötig. Viel hängt vom Wissen und der Erfahrung der jeweiligen Mitarbeiter ab – sowohl beim Zerspaner als auch beim Werkzeughersteller. „Geht zum Beispiel ein Werkzeugexperte bei einem der beiden Unternehmen in den Ruhestand, verliert man viel Kopfwissen“, so Fiorucci. „c-Com hat sich zum Ziel gesetzt, Daten für eine vernetzte und automatisierte – kurzum digitalisierte – Industrie bereitzustellen“, erläutert Fiorucci. Und so lag es für das Start-up nahe, Zerspaner auch dabei zu unterstützen, Verschleiß zu erkennen und ihn zukünftig zu vermeiden. Und das ohne lange Abstimmungen und Stillstände der Maschinen. Die Experten bei c-Com rund um Dr. Sven Winkelmann, Research Specialist für Machine Learning, machten sich an die Entwicklung einer App. Auf der EMO 2019 präsentierten sie den Prototyp.

Die App erkennt, um welchen Verschleiß es sich handelt und erteilt basierend darauf Ratschläge, um zu verhindern, dass der Verschleiß erneut auftritt. (Bild: C-Com GmbH)

Die App erkennt, um welchen Verschleiß es sich handelt und erteilt basierend darauf Ratschläge, um zu verhindern, dass der Verschleiß erneut auftritt. (Bild: C-Com GmbH)

Smartphone ausreichend

„Erste Voraussetzung war, dass wir mit einem Smartphone ein ausreichend genaues Bild der Schneide bekommen“, erläutert Dr. Winkelmann. Sprich – ohne Laborbeleuchtung, Mikroskop und Profikamera. „Dafür haben wir verschlissene Schneiden bei verschiedenen Lichtverhältnissen und mit unterschiedlichen Smartphones der neusten Generation fotografiert“, ergänzt Fiorucci. Es zeigte sich, dass die Kameratechnologie in den Smartphones ausreicht, um die Schneide auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen abzubilden. Einzig eine herkömmliche Zusatzlinse zur Bildvergrößerung, die der App-Nutzer auf die Kamera aufsetzt, ist nötig. „Die Anwendung ist denkbar einfach“, sagt Fiorucci. Der Anwender fotografiert die verschlissene Schneide und die App erkennt, um welchen Verschleiß es sich handelt. Sie ist in der Lage, verschiedene Arten von Verschleiß, wie Freiflächenverschleiß, Kolkverschleiß oder eine Aufbauschneide, zu erkennen. Basierend darauf erteilt die App Ratschläge, beispielsweise den Vorschub zu reduzieren, die Drehzahl zu erhöhen oder auf eine andere Beschichtung umzusteigen. So verhindern Zerspaner, dass der Verschleiß erneut auftritt. Darüber hinaus sparen sie Ressourcen ein – Personal, Zeit und Material.

Deep Learning Inside

Die Applikation basiert auf Machine Learning. Und so qualifizieren die c-Com Mitarbeiter gemeinsam mit den Werkzeugspezialisten von Mapal tausende Bilder verschlissener Schneiden. Dr. Winkelmann beschreibt: „Wir haben den Algorithmus trainiert und ihm sozusagen gezeigt, wie welcher Verschleiß aussieht, und ob eine Schneide in Ordnung ist oder eben nicht.“ „In diesem Fall haben wir unsere App auf Deep Learning aufgesetzt“, präzisiert Winkelmann. Das Modell also läuft nicht nach dem Wenn-Dann-Prinzip, also regelbasiert, sondern auf der Grundlage eines lernenden Systems. Es eignet sich mit jedem Einsatz neues Wissen an und wendet es an. „Die Ratschläge und Hinweise, was zu tun ist um den Verschleiß zu verhindern, sind heute noch statisch“, stellt Fiorucci fest. Allerdings arbeite c-Com mit Hochdruck an der Betaversion, die anhand der Werkzeugeinsatzdaten ganz konkrete und präzise Hinweise gibt, was die Zerspaner anpassen sollen. „Wir entwickeln einen ´Technischen Berater‘ für die Hosentasche´, erklärt Giari Fiorucci. Mit zahlreichen Ausbaumöglichkeiten, um Anwendern die Arbeit zu erleichtern.

MAPAL Fabrik für Präzisionswerkzeuge

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