Zukünftige Verlagerungen

Zukünftige Verlagerungen

Wie sieht der Kameramarkt der Zukunft aus?

Im vierten Teil der VDMA IBV Expertenrunde geht es um das Thema Kameras. Der Kameramarkt ist derzeit im Wandel, sei es durch technische Entwicklungen (z.B. Embedded Vision), aber auch durch eine zunehmende Zahl von Akquisitionen. Daher hat sich inVISION mit Dr. Dietmar Ley, CEO der Basler AG, über den Kameramarkt der Zukunft unterhalten.

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„Wachstum in reifer werdenden Märkten hängt nicht mehr allein von guten Produkten, sondern zunehmend von einer starken Marke, von gutem Marktzugang und von Skaleneffekten ab.“ (Bild: Basler AG)

Dr. Dietmar Ley: Akquisitionen sind ein Zeichen der zunehmenden Reife des Bildverarbeitungsmarktes. Wachstum in reifer werdenden Märkten hängt nicht mehr allein von guten Produkten, sondern zunehmend von einer starken Marke, von gutem Marktzugang und von Skaleneffekten ab. Aufbauend auf dem größten Produktportfolio bei Industriekameras ist Basler in allen drei Punkten weltweit stark aufgestellt, wie man an unserer deutlich über dem Marktdurchschnitt liegenden Wachstumsgeschwindigkeit ablesen kann. In der Zukunft werden wir uns kontinuierlich dem sich ändernden Kundenbedarf anpassen, so dass wir in zehn Jahren sicherlich kein reiner Kamerahersteller mehr sein werden.

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Bildverarbeitungskamera der Zukunft aus?

Ley: Dies hängt davon ab, wie das Bildverarbeitungssystem der Zukunft aussieht. Unserer Meinung nach werden der aktuell in der Bildverarbeitung dominierenden PC-Architektur Embedded-Architekturen an die Seite gestellt, die deutlich kleinere und kostengünstigere Lösungen erlauben. Wir erwarten, dass sich bei Kameras für PC-basierte Bildverarbeitungslösungen die Trends in Richtung höherer Auflösungen und Bildraten fortsetzen. Hinzukommen werden 3D-Kameras und Produkte, die Strahlung außerhalb des sichtbaren Spektrums detektieren können. Bei Kameras für Embedded-Lösungen wird es darauf ankommen, Kosten, Formfaktor und Integrationsaufwand weiter zu reduzieren und so den Kundenbedarf möglichst schlank zu bedienen.

Muss die Kamera eine gewisse Intelligenz haben?

Ley: Auch dies wird von der Systemarchitektur abhängen. In PC-basierten Lösungen wird die Bildauswertung weiterhin im PC erfolgen, die ´Intelligenz´ der typisch mehrere Meter vom PC entfernten klassischen Kamera wird sich im Wesentlichen auf die Bildakquisition und die Optimierung des Rohbildes fokussieren. In kompakten Embedded-Architekturen, in denen Kamera und Rechner häufig unmittelbar nebeneinander angeordnet sind, verschwimmt die Grenze zwischen Kamera und Rechner zunehmend. Hier werden typische Steuer- und Vorverarbeitungsfunktionen klassischer Industriekameras auf den Embedded-Rechner verlagert.

Welche Möglichkeiten bietet Embedded Vision für Kamerahersteller?

Ley: Embedded Vision eröffnet dem Kunden die Perspektive, Bildverarbeitung viel kompakter und kostengünstiger zu nutzen als dies heute möglich ist. Das wird dazu führen, dass sich sowohl innerhalb als auch außerhalb der Fabrikautomation völlig neue, bisher unerschlossene Anwendungsfelder für die Bildverarbeitungsindustrie und damit auch für Kamerahersteller ergeben. Um die Wachstumspotenziale von Embedded Vision zu erschließen, müssen allerdings ganz neue Produkte und möglicherweise neue Geschäftsmodelle entwickelt werden.

Kann Machine Vision dank Embedded Vision auch ein Produkt für Massenmärkte werden?

Ley: Aufgrund der Vorteile bei Kosten und Baugröße ist dies zu erwarten. Allerdings braucht man Zugang zu i.d.R. neuen Kunden und Partnern in diesen Massenmärkten und muss bereit sein, viele liebgewonnene Gewohnheiten aus der klassischen Bildverarbeitung aufzugeben. Insofern ist keineswegs entschieden, ob die Platzhirsche der heutigen Bildverarbeitungsindustrie ihre Position in die Embedded-Vision Ära übertragen können.

Kann Bildverarbeitung irgendwann so ´einfach´ sein, dass sie wirklich jeder Anwender bedienen kann?

Bild: Basler AG

„Um die Wachstumspotenziale von Embedded Vision zu erschließen, müssen ganz neue Produkte und möglicherweise neue Geschäftsmodelle entwickelt werden. “ – Dr. Dietmar Ley, Basler AG (Bild: Basler AG)

Ley: Es ist zu erwarten, dass sich die Bedienung und Konfiguration von bildverarbeitenden Systemen laufend weiter vereinfachen wird. Schon heute kann jeder Konsument eine leere Kunststoff-Flasche im Supermarkt zurückgeben und fachfremdes Personal im Supermarkt kann den Rücknahmeautomat bedienen. Neue Technologien wie Deep Learning werden die Konfiguration von komplexeren Bildverarbeitungslösungen erleichtern. Letztlich wird die künftige Verbreitung von Geräten und Maschinen, die auf Bildverarbeitungstechnologie basieren, wesentlich davon abhängen, inwieweit es gelingt, die Fortschritte bei der Bedienung bildverarbeitender Konsumelektronik in die Welt der Investitionsgüter zu übertragen.

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Ausgabe:

inVISION 1 2017
Basler AG

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