Roboterbasierte End-of-Line-3D-Prüfung von Cabrioverdecks

Für Valmet Automotive hat die ISW GmbH eine End-of-Line-Prüfung für Cabrioverdecks entwickelt. Das System misst mit einem von der Decke hängenden Roboter mit einem 3D-Sensor von Wenglor Sensoric an 70 Positionen. Zusätzlich prüft eine robotergeführte Thermografiekamera die einwandfreie Funktion der integrierten beheizbaren Heckscheibe und dies alles in zweieinhalb Minuten Taktzeit.

Für eine End-of-Line-Prüfung von Cabrioverdecks für Valmet Automotive hat die ISW GmbH eine Prüfzelle entwickelt, bei der ein an der Decke der Konstruktion hängende Robotor per 3D-Vision an 70 Positionen die Verdecks prüft. (Bild: ISW GmbH)
Für eine End-of-Line-Prüfung von Cabrioverdecks für Valmet Automotive hat die ISW GmbH eine Prüfzelle entwickelt, bei der ein an der Decke der Konstruktion hängende Robotor per 3D-Vision an 70 Positionen die Verdecks prüft. (Bild: ISW GmbH)

Laut Statistik werden rund 3,7% aller PKW-Fahrzeuge in Deutschland ‚ohne festes Dach‘, sprich als Cabrio verkauft. Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede: das nicht gerade sonnenverwöhnte Hamburg liegt mit 5,5% an der Spitze, gefolgt von Ländern wie Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Bayern mit über 4%. Schlusslichter sind Sachsen und Thüringen mit 1,6%. Keine riesigen Zahlen, aber Cabrios findet man hauptsächlich auf der Basis hochwertigerer und entsprechend teurer Fahrzeuge. Nun ist ein Cabrioverdeck beileibe keine reine Schutzhaut gegen Wind und Wetter mehr, sondern übernimmt mit angepassten Säulenkonzepten auch wichtige statische Aufgaben in modernen Fahrzeugen. Entsprechend präzise gefertigt müssen diese Teile sein und funktionieren. Man denke an Verdeckkonstruktionen, die bei bis zu 50km/h während der Fahrt geöffnet und geschlossen werden können. Dass dazu auch jede Menge Elektronik verbaut ist, macht die Aufgabe des Verdeckbauers nicht einfacher.

End-of-Line-Prüfung von oben

Auf solche Konstruktionen spezialisiert hat sich die Valmet Automotive mit Firmensitz in Uusikaupunki, Finnland. In Deutschland besser bekannt sein dürfte Karmann in Osnabrück, die seinerzeit mit dem Karmann Ghia ein zeitlos schönes Cabrio für Volkswagen baute, das heute noch bewundert wird. Seit 2010 gehört die Dachsparte des Unternehmens zu Valmet Automotive. Das Unternehmen fertigt für verschiedene OEM, in Deutschland hochwertige Verdecklösungen. Um für sein Werk in Polen eine End of Line-Prüfung einzurichten, bei der alle relevanten Maße eines Verdecks auf Übereinstimmung mit den CAD-Vorgaben der Konstruktion geprüft werden können, sprach das Unternehmen 2019 die ISW GmbH an. Da die ISW bereits über jahrzehntelange Erfahrung mit Qualitätsprüfungen per Bildverarbeitung hatte, mit der neuen 3D-Technologie bestens umgehen kann und auch schon mehrfach Robotertechnik in seine Lösungen integriert hat, war der Weg für eine Zusammenarbeit zum Bau einer solchen Prüfanlage schnell geebnet. Mit der Keller Feinwerktechnik GmbH war auch umgehend ein erfahrener Anlagenbauer mit an Bord, die Reise konnte losgehen.

I Der 3D ShapeDrive MLBS Sensor von Wenglor Sensoric leuchtet die Messpunkte per Streifenlichtprojektion aus und misst damit auf Bruchteile eines Mikrometers genau. (Bild: ISW GmbH)
I Der 3D ShapeDrive MLBS Sensor von Wenglor Sensoric leuchtet die Messpunkte per Streifenlichtprojektion aus und misst damit auf Bruchteile eines Mikrometers genau. (Bild: ISW GmbH)

Prüfung an 70 Positionen

In kurzer Zeit stand das Konzept und beeindruckt schon mit den schieren Maßen: rund 4,5m hoch ist die Anlage, mit einem Grundmaß von 6x6m und aus Stahlträgern aufgebaut. Clou ist der von der Decke der Konstruktion hängende ABB-Roboter, der dadurch wesentlich schneller und flexibler seine Messaufgaben verrichten kann. An der Spitze seines in sechs Ebenen verdrehbaren Armes findet sich ein 3D ShapeDrive MLBS Sensor von wenglor sensoric. Dieser leuchtet die Messpunkte per Streifenlichtprojektion aus und misst damit auf Bruchteile eines Mikrometers genau. Die ermittelten Werte werden mit den Vorgaben der CAD-Konstruktion des Verdecks abgeglichen, damit schnell entschieden werden kann, ob die Fertigung präzise gearbeitet hat. Dass das kein ganz einfaches Unterfangen ist, sagt schlicht die Anzahl der Messpunkte: an ganzen 70 Positionen muss pro Verdeck geprüft werden, teilweise an Falzen und Stellen, die verdeckt liegen sowie auf so unterschiedlichen Materialien wie Metall und Gummi. Das erfordert neben Präzision auch ein intelligentes Management des Messablaufs.

Zusätzlich wird von einer ebenfalls am Roboterarm angebauten Thermografiekamera die einwandfreie Funktion der integrierten beheizbaren Heckscheibe überprüft. Der Clou: alle Messungen laufen in einer Taktzeit von rund zweieinhalb Minuten ab. Um dem allem gerecht zu werden, hat die ISW GmbH neben der Konstruktion und dem Bau der Anlage auch die Steuerungssoftware selbst entwickelt. Basierend auf anspruchsvollen Bildverarbeitungsalgorithmen aus der Halcon-Bildverarbeitungsbibliothek von MVTec werden in einer GUI alle notwendigen Elemente zusammengefasst. Ob Rezeptwahl, Benutzerverwaltung, System- und Parametereinstellungen: alles kann zentral über eine Oberfläche gesteuert werden, die Messung selbst läuft vollautomatisch.

Äußere Einflüsse gemeistert

Was man ‚von außen‘ nicht sehen kann: unter der Haube steckt sehr viel Know-how, wie man die Raumkoordinaten von Roboter und Verdeck, das auf einem Montagewagen aufliegt, in Übereinstimmung bringt, um die präzisen Messungen überhaupt zu ermöglichen. Und äußere Einflussfaktoren, die das Ergebnis beeinflussen können, wie Temperatur oder auch Vibrationen oder Schwingungen in der Werkhalle müssen beachtet und in die Berechnungen einbezogen werden. Alles in allem eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die gemeistert wurde. Kürzlich wurde die fertige Anlage nach vollzogener Fertigungsfreigabe durch den Auftraggeber am Produktionsort in Polen montiert und in Betrieb genommen.

ISW GmbH

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