Expertenrunde: Überholt USB4 den USB3.2-Standard?

Noch bevor USB3.2-Kameras auf dem Markt kommen, sind die Spezifikationen für USB4 definiert. Daher stellt sich die Frage: Braucht es überhaupt noch USB3.2? Um dies zu erfahren, hat inVISION bei verschiedenen Bildverarbeitungsherstellern nachgefragt.

Bereit für USB4

Daniel Kästner, MBA, Key Account Manager, Alysium-Tech GmbH

Wie kann man die Frage beantworten, ob zukünftig nur noch USB4-Kameras für Maschine Vision Anwendungen entwickelt werden oder ob der Fokus auf USB3.2-Kameras liegt? Beide Normen referenzieren auf die USB Type-C Spezifikation. Der Unterschied liegt in den unterstützen Übertragungsgeschwindigkeiten. Der Standard USB4 weist viele Vorteile auf. So ist die Übertragung der Daten mit einer Geschwindigkeit bis 40GBit/s definiert und entsprechend der Power Delivery Specification vom Juli 2021 können angeschlossene Geräte bis zu einer Leistung von 240W versorgt werden. Diese Devices werden mit einem Type-C Assembly an den Host oder den Hub angeschlossen. Die USB Type-C Spec R3.1 vom Mai 2021 definiert den Aufbau der zu verwendenden Assemblies. Die Abwärtskompatibilität ist mit diesem Standard bis USB2.0 gewährt.
Mit USB AOC Type-C Assemblies ist Alysium bereit für USB4.

Mit USB AOC Type-C Assemblies ist Alysium bereit für USB4.

Als Hersteller von robusten Industrieverkabelungen steht für Alysium bei der Entwicklung von USB-Assemblies der Physical Layer im Vordergrund, dieser beschreibt im Wesentlichen die Eigenschaften der Übertragungsstrecke. Das Augenmerk gilt dabei der Signal und Power Integrity. Ein USB-Assembly mit den maximalen USB4-Übertragungseigenschaften wird von der USB-IF als CC4G3-5 Cable referenziert, die nominale Länge wird mit kleiner-gleich 0,8m angegeben. Demgegenüber sind derzeitige passive USB-Übertragungssysteme mit einer Geschwindigkeit von 5GBit/s auf Basis von Kupfer für Längen von 5m im bewegten Umfeld, sowie 8m für die statische Verlegung ausgelegt. Die Limitierung der Einsatzmöglichkeiten für USB4-Assemblies auf Kupferbasis im industriellen Umfeld ist offensichtlich. Aktive optische USB-Übertragungssysteme ermöglichen heute bei Übertragungsgeschwindigkeiten von 5 oder 10GBit/s eine Reichweite bis 100m. Diese Reichweite ist auch mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 40GBit/s möglich. Die Limitierung der Reichweite wird nicht durch die Übertragungsgeschwindigkeit, sondern durch das Power Delivery und dem damit verbundenen Voltage Drop begründet. Die notwendigen Querschnitte für die Power Line wirken sich direkt auf den Außendurchmesser des Kabelmaterials und auf die mechanisch dynamischen Eigenschaften des Assembly aus.

Die Beantwortung der Frage USB3.2 oder USB4, liegt in der Ausgestaltung des USB Type-C Assemblies und ist damit direkt von den Anforderungen der Applikation abgeleitet. Heute schon verfügt Alysium über ein umfangreiches Portfolio an USB Type-C Assemblies, und wird damit den vielfältigen Anforderungen der Branche gerecht. Der USB4-Standard ist die Basis für die Erweiterung des Portfolios und der individuellen Kundenlösung. Mit USB AOC Type-C Assemblies ist Alysium bereit für USB4.

www.alysium.com

Noch mangelnde USB4-Akzeptanz

William Gallego, Product Marketing Manager, Teledyne Flir

USB3 wurde im Laufe der Jahre mehrfach umbenannt. Die Spezifikation USB3.2 ist die endgültige Bezeichnung, in der alle früheren Versionen von USB3, einschließlich USB3.0 und USB3.1, zusammengefasst sind. Für USB3.2 sind drei verschiedene Übertragungsgeschwindigkeiten verfügbar. USB3.2 Gen 1 (SuperSpeed USB) hat eine maximale Bandbreite von 5GBit/s, verwendet normalerweise einen USB-Stecker des Typs A und hat eine empfohlene maximale Kabellänge von 3m. USB3.2 Gen 2 und USB3.2 Gen 2×2 haben eine maximale Bandbreite von 10 bzw. 20GBit/s und erfordern einen Typ-C-USB-Stecker, wobei die maximale Kabellänge auf 1m reduziert ist. USB3.2 Gen 1 hat sich, ähnlich wie USB2.0 zuvor, weithin durchgesetzt, wobei Typ A SuperSpeed zu einer Standardverbindung geworden ist, die bei fast allen Desktop-, Laptop- und Embedded-System-Geräten erwartet wird, die heute produziert werden.

Angesichts anderer High-Speed-Optionen und der mangelnden Akzeptanz von USB4 bei den Anwendern ist es derzeit unwahrscheinlich, dass USB4 den USB3.2 Gen 1 überholen wird.

Angesichts anderer High-Speed-Optionen und der mangelnden Akzeptanz von USB4 bei den Anwendern ist es derzeit unwahrscheinlich, dass USB4 den USB3.2 Gen 1 überholen wird.

Die USB4.0-Spezifikation bietet Übertragungsraten von 20 oder 40GBit/s und ist mit bestehenden Thunderbolt 3-, USB3.2- und USB2.0-Hosts und -Geräten kompatibel. Sie erfordert Anschlüsse vom Typ C und ist auf eine Kabellänge von 1m begrenzt, um die volle Bandbreite zu erreichen. Bei PC-Desktops und -Laptops, die in diesem Jahr auf den Markt kommen, sind Typ-C-Anschlüsse zu finden, aber der spezifische Konnektivitätsstandard, den sie unterstützen (USB3.2 Gen 2, Thunderbolt 3, USB4), kann variieren, wobei selbst bei den neuesten Modellen nicht garantiert ist, dass sie USB4 unterstützen, so dass die derzeitige Akzeptanz von USB4 weitaus geringer ist als die von USB3.2 Gen 1. Höchstwahrscheinlich aufgrund der begrenzten Kabellänge sowie der geringeren universellen Akzeptanz gibt es noch keine großen Anbieter von Bildverarbeitungskameras, die bereits USB4 unterstützen.

Bei der Suche nach Lösungen, die eine höhere Bandbreite als 5Gbps erfordern, gibt es andere bereits auf dem Markt etablierte Alternativen, wie z.B. 10GigE, das die doppelte Bandbreite von USB3.2 Gen 1 bietet, während zudem eine maximale Kabellänge von 100m möglich ist. Zudem kann jeder PC mit einer PCI-Express-Host-Adapterkarte 10GigE-fähig gemacht werden. Angesichts anderer High-Speed-Optionen und der mangelnden Akzeptanz von USB4 bei den Anwendern ist es derzeit unwahrscheinlich, dass USB4 den USB3.2 Gen 1 überholen wird.

www.flir.de/mv

Peripheriekomponenten spielen wichtige Rolle

Dipl.- Ing. Heiko Seitz, Technischer Autor, IDS Imaging Development Systems GmbH

Eine Frage, die nur durch Kenntnis des Einsatzbereichs beantwortet werden kann. Im Bereich der industriellen Bildverarbeitung wurde durch die Ankündigung der neuen USB Spezifikation 4.0 im Jahr 2019 auf jeden Fall keine Lawine losgetreten, und auch seitens der Chip-Hersteller wird es noch einige Zeit dauern, bis USB4 Controller für die Kamerahersteller mit doppelter Datenbandbreite im Vergleich zu USB3.2 zur Verfügung stehen. Woran liegt das?

Wer die hohen Bandbreiten bis 40Gbps nicht benötigt, wird keine USB4-Kameras einsetzen. Heiko Seitz, IDS (Bild:)

Wer die hohen Bandbreiten bis 40Gbps nicht benötigt, wird keine USB4-Kameras einsetzen.

Zum einen ist die Entwicklung von Kameras mit USB3.2-Spezifikation (2013) und möglichen Bandbreiten bis 20Gbps noch nicht mal am Ende angekommen, da selbst dafür noch keine entsprechenden Controller zur Verfügung stehen. Zum anderen geht es nicht darum schnellstmöglich Industriekameras mit USB4 auf den Markt zu bringen, sondern geeignete Gesamtsysteme für jede Leistungsanforderung bei angemessenen Preis-Leistungsverhältnis zur Verfügung zu stellen. Wer die hohen Bandbreiten bis 40Gbps nicht benötigt, wird keine USB4-Kameras einsetzen.

Neben den Bauteil- und Entwicklungskosten solcher High-End-Kameras spielen auch hochwertige Peripheriekomponenten eine wichtige Rolle, um die Geschwindigkeitsvorteile auch nutzen zu können. Auch Steckverbinder, Kabel und Host PCs müssen entsprechend hochwertig verarbeitet sein, und Leistung bereitstellen, um die hohen Datenraten übertragen und auch verarbeiten zu können. Nicht vergessen sollte man auch, dass steigende USB Leistung leider auch mit höherer Verlustleistung durch Abwärme und einer Reduzierung der maximalen Kabellängen einhergeht. Und mit den höheren Betriebsanforderungen schrumpfen die Vorteile der USB Technologie bzgl. Preis und Handhabung gegenüber anderen Highspeed-Interfaces wie beispielsweise GigE. Selbstverständlich werden wir Kameras mit USB4.0-Spezifikation entwickeln, wenn die notwendigen Bauteile zur Verfügung stehen und Anwendungen die hohen Bandbreiten benötigen. USB4-Kameras werden dann das Portfolio ergänzen, aber niemals ersetzen.

www.ids-imaging.de

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