Industrielle Computertomografie am Computer simuliert

Die Software aRTist ist ein Simulationswerkzeug zur Erzeugung realistischer Radiografien virtueller Durchstrahlungsaufbauten. Mit Durchstrahlungssimulationen können virtuelle Bauteilmodelle wie in einem Computertomografen gescannt werden.

 Screenshot mit CT Scan Modul und virtueller Durchstrahlungsanordnung. (Bild: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM))
Screenshot mit CT Scan Modul und virtueller Durchstrahlungsanordnung. (Bild: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM))


Die industrielle Computertomografie (CT) mittels Röntgenstrahlung ermöglicht die zerstörungsfreie Erfassung innerer und äußerer Oberflächen sowie Inhomogenitäten technischer Objekte. Die virtuelle CT bietet neue Möglichkeiten der Untersuchung von Parametereinflüssen dieser komplexen Prüf- und Messtechnik. Neben der Option physikalische Effekte an- und abzuschalten, können auch Scanbewegungen vor ihrer technischen Realisierung getestet werden.

Durchstrahlungssimulation

Die Modellierung des Durchstrahlungsprozesses erfordert die Berücksichtigung verschiedener theoretischer und praktischer Aspekte. Im Mittelpunkt steht die Auswahl geeigneter physikalischer Näherungen zur Implementierung schneller Simulationsprogramme bei gleichzeitig ausreichender, dem Problem angepasster Genauigkeit. Die Software aRTist nutzt dafür folgende Techniken: analytisches Prozessmodell, Strahlenverfolgungsalgorithmen, STL-Beschreibung von Prüfobjekten sowie eine grafische Benutzeroberfläche. Die physikalischen Modelle von der Erzeugung bis zur Detektion der Strahlung ermöglichen quantitative Simulationsergebnisse. Die Strahlenquelle wird durch Spektrum und Brennfleck beschrieben. Spektren von Röntgenröhren können in aRTist berechnet und der Brennfleck als begrenzte Fläche mit einer Intensitätsverteilung definiert werden. Das Detektormodell beinhaltet Übertragungsfunktionen für Intensität und Rauschen sowie Parameter für das Auflösungsvermögen. Eine Anpassung an reale Detektoren kann mit einer Referenzaufnahme erfolgen. Der Simulator kombiniert analytische und Monte-Carlo-Methoden, um den Strahlungstransport effizient zu beschreiben. Mit der analytischen Berechnung der Strahlungsschwächung werden nahezu Echtzeitbildraten erreicht sowie eine Livebild-Vorschau gewährleistet. Streustrahlungsverteilungen werden in wenigen Sekunden bis Minuten an durchschnittlich leistungsfähigen Arbeitsplatzrechnern berechnet, indem die Monte-Carlo-Rechnungen auf ein Minimum begrenzt werden. Die geometrische Beschreibung der Prüfobjekte erfolgt durch triangulierte Oberflächen (STL-Geometrien), die homogene Materialbereiche abgrenzen. Die Materialien werden vom Nutzer über Dichte und Zusammensetzung definiert. Es können mehrere Geometrien in der virtuellen Szene angeordnet werden, die sich teilweise oder ganz überlappen können. Das ermöglicht, nachträglich innere Strukturen in Bauteile einzubringen und deren Lage unabhängig zu verändern.

 Benutzeroberfläche der Software aRTist. Die Software dient zur Simulation realistischer Radiografien virtueller Durchstrahlungsaufbauten. (Bild: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM))
Benutzeroberfläche der Software aRTist. Die Software dient zur Simulation realistischer Radiografien virtueller Durchstrahlungsaufbauten. (Bild: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM))
 Virtuelle CT mit und ohne Streustrahlung: Streustrahlungsartefakte werden als Grauwertschwankungen in homogenen Materialbereichen des rekonstruierten Schnittes sichtbar. (Bild: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM))
Virtuelle CT mit und ohne Streustrahlung: Streustrahlungsartefakte werden als Grauwertschwankungen in homogenen Materialbereichen des rekonstruierten Schnittes sichtbar. (Bild: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM))

Virtuelle CT mit aRTist

Die virtuelle CT generiert Projektionsbilder aus verschiedenen Richtungen für die anschließende Rekonstruktion eines Volumenmodells des untersuchten Objektes. Die Rekonstruktion der simulierten Scans erfolgt mit den Algorithmen und Programmen für reale Scans. Tomografische Scans bestehen aus einer großen Anzahl von Projektionen, die vom Anwender einer Simulation praktisch nicht einzeln erzeugt werden können. Die Software bietet verschiedene Möglichkeiten zur automatisierten Simulation tomografischer Scans. Diese reichen von der Standard-CT bis zu Scans auf frei wählbaren Bahnen oder mit individuellen Projektionsmatrizen. Die Simulation der Standardmethode, das Drehen des Objekts im Strahlengang zwischen Röntgenquelle und Detektor, wird in aRTist durch ein spezielles Programmmodul unterstützt. Dieses umfasst zusätzlich die Rekonstruktion und kann das Ergebnis zum direkten Vergleich in die Szene einblenden (Bild 1). Allein durch die Angabe der gewünschten Anzahl von Projektionen wird die aktuelle Durchstrahlungsanordnung zur virtuellen CT (Bild 2). Zusätzliche Parameter dienen der detaillierten Steuerung der Scans. Anders als in der Realität können bei der Simulation Primärstrahlungsanteil und Streustrahlungsanteil getrennt abgebildet werden. Dies erlaubt die Untersuchung von Streustrahlungsartefakten bei der Computertomografie. Beim Vergleich der Simulationsergebnisse mit und ohne Streustrahlungsanteil werden diese Grauwertschwankungen in homogenen Materialbereichen quantifizierbar (Bild 3). Weitere Programmmodule ermöglichen zusätzliche Freiheitsgrade bei der Parametrisierung der virtuellen Scans bis hin zur Variation von Parametern während eines Scans. Die Übereinstimmung der Ergebnisse der Simulation mit der Realität ist bei genauer Abbildung des Messprozesses sehr hoch. Mit der virtuellen CT wird aRTist zum digitalen Zwilling einer CT-Anlage.

Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)

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