3D-Thermografie von Städten

3D-Kamerasystem kombiniert RGB- und Wärmebilder

3D-Thermografie von Städten

3D-Wärmebildkamerasystem für Analysen aus der Luft

Bei der Erfassung von Geoinformationen aus der Luft finden auch 3D-Kameras mit hohen Auflösungen Einsatz. Allerdings gab es bis 2017 weltweit noch kein einziges System, dass auch die Vorteile dreidimensionaler Wärmebilder bieten konnte. Das Institut für Geoinformation und Vermessung der Hochschule Anhalt in Dessau entwickelte daher ein neues Wärmebild- und RGB-Kamerasystem, bei dem mit verschiedenen sich überlappenden Kameras auch Wärmebild-3D-Aufnahmen möglich werden.

 3D-Wärmevon Magdeburg (in der mitte der Magdeburger Dom). (Bild: Flir Systems GmbH)

Bild 1 | 3D-Wärmebild von Magdeburg (in der Bildmitte der Magdeburger Dom). (Bild: Flir Systems GmbH)

Mit dem neuen Wärmebild- und RGB-Kamerasystems sind insgesamt acht sich überlappende 3D-Kameraaufnahmen aus einem Gyrocopter möglich. Mit an Bord sind auch vier aufeinander abgestimmte Kameras des Typs A65sc 25°FOV von Flir. Während 3D-Kamerasysteme (RGB-Oblique-Kamerasysteme) mit z.T. sehr hohen Auflösungen bekannt waren, gab es bisher noch kein solches System, das auch die Vorteile thermaler Daten bot. Neben dem Institut für Geoinformation und Vermessung der Hochschule Anhalt war auch der Flir-Integrator bgk infrarotservice aus Riesa sowie die Airborne Technical Systems (ATS) aus Berlin an dem Projekt beteiligt. Da eine herkömmliche hochauflösende Kamera selbst bei Längs- und Querüberlappungen von 85% die Seiten von Gebäuden nicht detailgetreu wiedergeben kann, wurde ein neues System aus je vier RBG-Kameras und Wärmebildkameras entworfen, das durch die schräge Anordnung der Kameras mit sich überlappenden Sichtfeldern 3D-Wärmebilder und 3D-Geodaten erfassen kann, die mittels einer Standardsoftware, wie z.B. Photoscan oder Pix4D, analysiert und ausgewertet werden.

Technische Spezifikation

Für das System wählte das Team vier Wärmebildkameras des Typs A65sc von Flir sowie vier kompakte RGB-Kameras eines anderen Herstellers mit jeweils ca. 5MP aus. Hermann Kaubitzsch (bgk infrarotservice) empfahl die ungekühlte Thermografiekamera: „Die A65sc eignet sich mit einer Wärmebildauflösung von 640×512 Pixeln, einer Bildwiederholrate von 30Hz, dem Ethernet-Anschluss und den kompakten Abmessungen von 106x40x43mm sehr gut für diese Anwendung.“ Zudem war der Spezialist auch für die Synchronisation und die Auswertung der Kameras zuständig. „Vor einigen Jahren hatten wir mit einer Wärmebildkamera eines anderen Anwenders experimentiert, aber da funktionierte die Steuerung über Ethernet nicht wie versprochen“, so Prof. Dr. Lutz Bannehr, der am Institut für Geoinformation und Vermessung die Bereiche Geodatenerfassung und Sensorik leitet. Studenten entwickelten eine 3D-Anordnung für die insgesamt acht Kameras, die auf möglichst kleinem Raum angeordnet werden mussten, um im Bodenbereich des ultraleichten Fluggerätes Platz zu finden. Für den Einbau im Gyrocopter wurde eigens eine offene Bodenplatte mit Halterung angefertigt. Auch ein Name für das ´Aerial Oblique System´ war schnell gefunden: AOS-Tx8. Die Steuerung des Systems findet über Ethernet, die Anzeige der Bilddaten auf einem 10″-Display statt. Insgesamt wiegt das Kamerasystem 11,6kg bei Abmessungen von 330x400x320mm.

Synchronisation der Wärmebildkameras

 Das AOS-Tx8 kombiniert in einer sich überlappenden Schräganordnung vier kompakte RGB-Kameras mit vier Wärmekameras des Typs Flir A65sc. (Bild: Flir Systems GmbH)

Bild 2 | Das AOS-Tx8 kombiniert in einer sich überlappenden Schräganordnung vier kompakte RGB-Kameras mit vier Wärmebildkameras des Typs Flir A65sc. (Bild: Flir Systems GmbH)

Die Überlappung der Flir-Kameras beträgt 12% bzw. 3°. Um verwertbare Daten der vier einzelnen Wärmebildkameras zu erreichen und Temperatursprünge in den Messdaten am Übergang des Messbereichs von zwei Kameras zu vermeiden, mussten die vier Kameras miteinander synchronisiert werden. Technik-bedingt weisen ungekühlte Wärmebildkameras eine Abweichung von bis zu +/-5% in der Temperaturmessung auf. Bei einem Test aller vier Kameras gegenüber einem Referenzstrahler ergaben sich dann auch tatsächlich die vorhergesagten Abweichungen, die sich allerdings linear über das gesamte Spektrum verteilten. Insofern war es möglich, eine der Kameras zur Referenzkamera zu machen und die anderen drei Kameras darauf abzustimmen.

Am 15. August 2017 war es dann soweit: Das AOS-Tx8 System war in den Gyrocopter eingebaut und bereit für erste Testmessungen im Flug. Die Flugplanung erfolgt mittels Flugplanungsprogrammen, bei denen Google Earth als Kartenbasis dient. Die Flugplanungsdaten mit den Auslösepunkten werden in das Flugmanagementsystem kopiert. Dieses triggert bei den Flügen das Kamerasystem und andere Sensoren. Bei den Testflügen entstanden nicht nur Bilder aus einem senkrechten Winkel (IR-Orthobilder), sondern auch großflächige 3D-Wärmebilder, die auch die Dämmung von Fassaden zeigen. Somit ist es erstmalig möglich, ein digitales Oberflächenmodell (kurz: DOM, mit Ermittlung der genauen Häuserhöhe) sowie ein digitales Geländemodel (DRM) in RGB und Infrarot abzuleiten. Weitere mögliche Anwendungsbereiche sind z.B. die Erhebung von Bestandsdaten über Großrauminventuren, Überwachung, Volumenkontrolle im Tagebau, Waldbrand-Monitoring, Zustandserhebung im Dämmungsbereich, Ertragsschätzung für Photovoltaik und Solarthermie, Umweltmonitoring, Geologie und topographische Geländeaufnahmen bis zu digitalen Stadtmodellen, bei denen verschiedenste urbane Parameter gesammelt werden.

FLIR Systems GmbH

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