75 Prozent Prüfzeit sparen

75 Prozent Prüfzeit sparen

Warum der Kfz-Elektronik Zulieferer Aptiv (ehem. Delphi) auf Computertomographie setzt

Aptiv (ehemals Delphi) prüft weltweit seine Produkte mittels Computertomographie. Zuvor fanden die Prüfungen mittels taktiler und optischer Messtechnik statt. Wie es zu dem Wechsel kam und welche Vorteile sich für Aptiv ergeben, erklärt Patrick Nikolajko, Global CT & Metrology Manager bei Aptiv, im Interview mit inVISION.

Patrick Nikolajko, Global CT & Metrology Manager bei Delphi Deutschland GmbH, ist von den Vorteilen der Computertomographie (CT) absolut überzeugt. (Bild: Volume Graphics)

Patrick Nikolajko, Global CT & Metrology Manager bei Aptiv, ist von den Vorteilen der Computertomographie (CT) absolut überzeugt. (Bild: Volume Graphics)

Was sind für Sie die Vorteile der Computertomographie (CT)?

Patrick Nikolajko: Der größte Vorteil ist die Vergleichbarkeit der Messergebnisse, weil ich jetzt weltweit ein einziges Messverfahren habe. Ich kann die CT Daten mit dem Messtemplate – also das dazugehörige Messprogramm – an alle anderen Prüflabore verschicken und muss keine Bauteile mehr versenden, damit ein anderes Labor das Produkt für die Freigabe des Werkzeuges misst. Dies alles ist nun komplett an einem 3D-Datensatz machbar. Da wir alle fallende Bauteile messen, mussten wir bisher z.B. bei acht Kavitäten auch acht Mal das entsprechende Messprogramm schreiben bzw. ablaufen lassen. Das kann ich nun über Copy&Paste am Computer machen, weil ich ein komplettes 3D-Modell des Prüflings habe. Ein weiterer Vorteil ist, dass auch versteckte Qualitätsprobleme sichtbar werden. Ich kann Lunker direkt im CT-Bild erkennen, darauf hinweisen und sofort an dem Spritzprozess etwas ändern. Früher wurden Bauteile teilweise aufgeschnitten, um zu überprüfen ob Lunker vorhanden sind. Die Wahrscheinlichkeit diese dabei zu finden, lag allerdings unter zehn Prozent.

Wie hoch schätzen Sie den Zeitgewinn, den sie durch die CT haben?

Nikolajko: Dies ist natürlich bauteilabhängig. Wenn ich ein einfaches Bauteil mit fünf Maßen habe, kann ich dieses natürlich deutlich schneller auf einem Messmikroskop überprüfen als mit der CT. Allerdings, je mehr Kavitäten und Dimensionen ich auf meinem Bauteil habe, desto mehr Vorteile bringt mir die CT. Bei komplexen Bauteilen sprechen wir dabei von einer Optimierung von 75 Prozent der Prüfzeit. Dadurch können wir mit unseren Produkten im Durchschnitt zwei Monate früher auf dem Markt sein, was ein Wettbewerbsvorteil für uns ist.

Welche weiteren Vorteile ergeben sich noch?

Nikolajko: Wir haben viele kleine Kammern, in denen später unsere Terminals bzw. Kabel hineingesteckt werden. Diese müssen dimensional überprüft werden. Bei dem alten Prozess haben wir in die Bauteile einzelne Schnitte hineingelegt und dann gemessen. Dadurch wurde das Bauteil allerdings zerstört. Zudem mussten wir durch die Schnitterstellung bis zu fünf Muster heranziehen und hatten am Ende ein Mischergebnis aus fünf verschiedenen Bauteilen und nicht aus einem einzigen. Bei der CT ist dies nicht nötig, da wir zerstörungsfrei Prüfen und sofort das dimensionelle Ergebnis eines einzigen Bauteils haben.

Wie hilft die VDI/VDE2630 Blatt 1.3 dabei, Ihre Messergebnisse besser bewerten zu können?

Nikolajko: Die VDI/VDE2630 Blatt 1.3 hat für die Reproduzierbarkeit der CT-Ergebnisse einen großen Beitrag geleistet. Im Blatt 1.3 wird beschrieben, wie eine CT überprüft werden muss, um ein reproduzierbares Ergebnis zu erhalten. Wir müssen also nicht länger aus dem Bauch heraus sagen ‚Ich kann reproduzierbar messen‘, sondern haben jetzt ein qualitatives Ergebnis von +/-5µm+L/100, mit dem ich meine Anlage spezifizieren kann. Diese Reproduzierbarkeit ist für den Kunden ganz wichtig. Wir haben hierfür ein genormtes Teil aus Aluminium hergestellt. Bei einem ´Daily Check´ scannen wir dieses morgens einmal ein und überprüfen so, ob die Anlage in der Spezifikation ist, das Signal-/Rauschverhältnis in Ordnung ist etc.

Prüfen sie ihre Produkte auch schon per Inline-CT?

Nikolajko: Wir prüfen unsere Produkte bereits inline, d.h. aber nicht, dass wir jedes einzelne Produkt prüfen. Wir haben an unseren Standorten 50 bis 200 Spritzgussmaschinen und alle 20 bis 30s fallen acht neue Bauteile heraus. Pro Schicht prüfen wir per Inline-CT einen kompletten Schuss. Der Scan dauert knapp 2min. Danach geht es zu dem Evaluierungscomputer, an dem die Daten von der Software VG Inline ausgewertet werden. Dort wird das Bauteil auch ausgerichtet und gegen ein Masterbauteil verglichen, also nicht gegen CAD-Daten. Ein Masterbauteil ist ein Bauteil, bei dem wir genau wissen, dass es ein gutes Bauteil aus der Produktion ist, da wir es vorher überprüft haben. Gegen dieses ‚Golden Part‘ wird dann geprüft, ob alles mit den neu produzierten Teilen in Ordnung ist. Mögliche Fehler werden dabei direkt angezeigt. Fehler sind z.B. größere Lunker, da sich irgendetwas am Prozess bewegt oder verändert hat, oder ein Werkzeugbruch, den man optisch mit den Augen nicht erkennen kann. Zukünftig müssen wir uns nicht mehr auf die Bediener verlassen, welche die Bauteile optisch überprüfen, um einen Werkzeugbruch zu erkennen. Wir haben jetzt direkt eine Auswertung und sehen, ob wir einen Kernbruch haben, wo dieser ist und können sofort die Produktion anhalten.

Delphi Deutschland GmbH

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