Zwei Tage Bildverarbeitung

Zwei Tage Bildverarbeitung

Interessante Themen bei der 2. Industrial Vision Conference

Vom 21. bis 22. März fand in Ludwigsburg die 2. Industrial Vision Conference statt. Knapp 50 Teilnehmer kamen, um sich in 18 Vorträgen über die neuesten Trends und Technologien aus den Bereichen Bildverarbeitung, automatische Sichtprüfung und optische Messtechnik zu informieren.

Zahlreiche Vorträge gab es auf der 2. Industrial Vision Conference: (o.v.l.): Dr. W. Eckstein (MVTec), M.Scheffler (Zeiss AI), Prof. M. Heizmann (KIT);
(m.v.l.): U. Furtner (Matrix Vision), L. Fermum (Stemmer Imaging); (u.v.l.): C. Benderoth (LMI), J. Heinze (Daimler AG), C. Kämmerer (μ-Epsilon). (Bild: TeDo Verlag / SV-Veranstaltungen)

Nach den Begrüßungen durch Martina Haeseler vom Veranstalter SV Veranstaltungen und dem Tagungsleiter Prof. Dr.-Ing. Michael Heizmann (KIT) begann die Konferenz mit zwei Keynotes. In seiner Keynote stellte Michael Scheffler (Carl Zeiss AI) unterschiedliche Möglichkeiten der Inline-Messtechnik vor. Ziel sei es, eine verlässliche Messtechnik ab dem ersten Bauteil zu bieten und so eine schnellere Inbetriebnahme von Anlagen zu ermöglichen. So können Autobauer z.B. mit dem sogenannten korrelationsfreiem Messen darauf verzichten, in regelmäßigen Abständen ihre Karosseriebauteile auf einem KMG nachzumessen. Als Beispiel wurde eine 100% Inline Prüfung beim VW Werk Wrzesnia (Polen) vorgestellt. In der zweiten Keynote stellte Jörg Heinze (Daimler AG) die derzeitigen Möglichkeiten der Qualitätssicherung in den Presswerken bei Daimler vor. Während früher manuell nur jedes 200. Teil geprüft werden konnte, sind inzwischen dank Inline-Inspektionen bei jedem zehnten Teil Prüfungen möglich. Ziel sei es jedoch, in Zukunft jedes Teil zu prüfen. Probleme bereiten aber derzeit noch die automatische Klassifizierung der Fehler und die daraus resultierende Einschätzung, ob sich eine Nachbearbeitung eines Karosserieteiles lohnt.

Weltweit schnellste Fokussierlinse

Christian Theriault (TAG Optics / Mitutoyo) stellte anschließend die TAG Lens (Tunable Acoustic Gradient) vor. Bei der Flüssiglinse erfolgt die schnelle Fokusveränderung akustisch mit bis zu 70kHz, womit sich interessante Anwendungsmöglichkeiten zur kontinuierlichen Fokussierung ergeben. Was die industrielle Bildverarbeitung mit Augmented Reality zu tun hat, erklärte dann Dr.-Ing. Dirk Berndt (Fraunhofer IFF). Einsatzgebiete von AR-Brillen in der Industrie sind z.B. visuelle Montageassistenten oder die Dokumentation von Montagesituationen. Die Inspektion spiegelnder Oberfläche mit Hilfe der Deflektometrie stand im Mittelpunkt der Präsentation von Prof. Dr.-Ing. Michael Heizmann (KIT und Fraunhofer IOSB). Als Ausblick stellte er aktuelle Forschungsarbeiten zur Kombination von Deflektometrie mit dem photometrischen Stereo- Verfahren vor. Anschließend zeigte Christian Benderoth (LMI Technologies), wie man mit mehreren intelligenten 3D-Sensoren der Gocator Serie auf Basis von Streifenprojektion eine schnelle Volumenmessung an Zylinderköpfen durchführen kann. Interessant dabei ist, dass der Anwender mit dem Gocator Development Kit selbst seine eigenen Messwerkzeuge entwickeln kann, um diese dann auf seine Sensoren zu laden.

Usability und 3D-Messtechnik

Nach dem Mittagessen stellte Uwe Furtner (Matrix Vision) die Halcon basierte Software Impact-CS vor. Diese soll Bildverarbeitung für jedermann ermöglichen, indem mittels Lernbeispielen das Verfahren und die Parameter automatisch ausgewählt werden, mit der eine jeweilige Prüfaufgabe gelöst wird. Anschließend stellte Dr. Michael Drexel (Breitmeier Messtechnik) das Verfahren der Correlogramm Correlation für Weißlichtinterferometer zur 3D-Oberflächeninspektion vor, mit dem die Auswertequalität erhöht und das Sensorrauschen reduziert werden kann, bevor Rainer Obergrußberger (senswork) das auf Fokusvariation basierende Sensorsysteme Zfokus präsentierte, das auf die 3D-Inline-Inspektion von Kleinstbauteilen spezialisiert ist. Zum Abschluss des erste Konferenztages informierte Dr.-Ing. Peter Ebert (Chefredakteur inVISION) über aktuelle Trends der Bildverarbeitung und 3D-Messtechnik. Ein Fazit seines Vortrags ist, dass immer mehr Großkonzerne aus anderen Branchen den Machine Vision Markt für sich entdecken und zunehmend in Wettbewerb zu den etablierten mittelständischen Bildverarbeitungsherstellern treten. Im Anschluss an das Vortragsprogramm konnten bei der Abendveranstaltung die zahlreichen Informationen des ersten Konferenztages diskutiert werden.

Lichtfeldsensoren und Hyperspectral Imaging

„Sehr gelungene Veranstaltung. Interessante, technologisch hochwertige Vorträge und klasse Kontakte. Nächstes Jahr sind wir gerne wieder mit dabei.“
Alexander Trebing, Cretec GmbH (Bild: Cretec GmbH)

Der zweite Tag begann mit dem Bericht von Dr. Jean Blondeau (5micron) über Oberflächenuntersuchungen an archiviertem Filmmaterial, mittels einer ausgeklügelten farbcodierter Dunkelfeldbeleuchtung lassen sich dabei Beschädigungen und Verschmutzungen zuverlässig erkennen. Danach stellte Dr.-Ing. Jens Brandenburger (VDEh-Betriebsforschungsinstitut) die Problematiken bei der Oberflächeninspektionen in der Flachstahlproduktion vor. Wegen der rauen Einsatzbedingungen ist dort derzeit für den Betrieb von je zwei Inspektionssystemen ein Vision-Experte in Vollzeit nötig. Zudem wurde die VDI/VDE/VDMA 2632 Blatt 4.1 vorgestellt, die sich mit der Stabilitätsprüfung von Oberflächeninspektionssystemen in der Flachstahlproduktion beschäftigt und bis Ende des Jahres erscheinen soll. Die Möglichkeiten von Lichtfeldsensoren in der Automatisierung und Qualitätsinspektion stellte Dr. Christoph Garbe (HD Vision Systems) in seiner Präsentation vor. Damit sind neue Ansätze für die Objekterkennung und -vermessung auch bei üblicherweise schwierig zu erfassenden Materialien möglich. Lars Fermum (Stemmer Imaging) führte in Hyperspectral Imaging ein und stellte die Software Perception Studio vor, mit der die Auswertung hyperspektraler Bilder erstmals auch für Anwender möglich ist, z.B. für die Materialerkennung (Chemical Imaging). Gleich drei unterschiedliche Verfahren zur Oberflächenprüfung präsentierte Christian Kämmerer (Micro-Epsilon). Neben dem konfokalen Bohrlochprüfsystem BoreControl, das bereits in der Flugzeugherstellung zur Prüfung von bis zu 4mm schmalen Bohrlöchern zum Einsatz kommt, waren dies die Oberflächensysteme Surface Control, ein Streifenlichtprojektionssystem zur Inspektion matter Oberflächen, sowie Reflect Control, bei dem die Prüfung spiegelnder Oberflächen mittels Deflektometrie erfolgt. Beide Systeme sind bereits im Einsatz bei verschiedenen Automobilherstellern.

Deep Learning im Fokus

In der letzten Session lag der Schwerpunkt auf Deep Learning. Zunächst stellte Georg Bacher (i-Mation) gleich eine Vielzahl von aktuellen Applikationen vor, die mittels der Deep Learning Software ViDi von Cognex aufwandsarm gelöst werden konnten. Überraschend war dabei, wie wenige Bilder zum Anlernen des Systems nötig sind. So reichen oft bereits 15 Bilder, um entscheiden zu können, ob das neuronale Netzwerk in der Lage ist, die jeweilige Aufgabenstellung zu lösen. In den nächsten Monaten wird die Version ViDi Purple erscheinen, ein bereits vortrainiertes Deep Learning System. Welche Fortschritte es bei der Implementierung von Deep Learning in Halcon gibt, berichtete Dr. Wolfgang Eckstein (MVTec). So stehen bereits zwei verschiedene vortrainierte Deep Learning Versionen bei Halcon zur Verfügung. Zum einen die Version Enhanced, die für Erkennungsraten optimiert wurde, während es bei Compact eher um höhere Geschwindigkeiten geht. Für Ende Mai kündigte Eckstein eine neue Deep Learning Version in Halcon an, die Auswertungen auf CPUs ermöglicht, und dabei nicht wesentlich langsamer sei, als GPU-basierte Ansätze. Der letzte Vortrag der Konferenz war dem Thema Bin Picking gewidmet und stammte von Dr.-Ing. Michael Kleinkes (VMT). Dabei stellte er Herausforderungen und Lösungen vor, die für einen perfekten Griff in die Kiste notwendig sind.

Fortsetzung 2019

Mit der Vielfalt der dargestellten Themen und spannenden Anwendungen vergingen die zwei Tage der Konferenz wie im Fluge. Auch die Möglichkeiten zum Networken waren in den Pausen gegeben und wurden umfassend genutzt. Zudem gab es eine Ausstellung, bei der z.B. Matrix Vision oder Swarovski Optik ihre Produkte und Lösungen den Besuchern vorstellten. Im Jahr 2019 wird die Industrial Vision Conference zum dritten Mal stattfinden. Der Termin der Konferenz sowie das komplette Programm werden spätestens im Herbst dieses Jahres online sein.

Süddeutscher Verlag

Das könnte Sie auch Interessieren