Reportage: Markt für Bildverarbeitungskameras im Umbruch

Die zweite Welle

Reportage: Markt für Bildverarbeitungskameras im Umbruch

Derzeit kommt es zu zahlreichen Übernahmen von Kameraherstellern. Wie konnte es zu dieser Konsolidierungswelle kommen und wie geht es weiter? Die folgende Reportage beleuchtet die aktuelle Situation.

 (Bild: ©makc76/stock.adobe.com)

Derzeit erfährt der Markt der Kamerahersteller für die Bildverarbeitung eine heftige Konsolidierungswelle. Die Gründe hierfür sind vielfältig. (Bild: ©makc76/stock.adobe.com)

Vor einigen Jahren durchlief die Vision-Branche eine erste Konsolidierungswelle. Damals ging es vor allem um Hersteller von Image-Sensoren, so dass heute vorwiegend einige große Firmen, wie z.B. Sony oder On Semiconductor, den Markt dominieren. Derzeit scheint nun eine zweite Konsolidierungswelle den Kameramarkt zu erreichen. Viele bekannte Hersteller, wie z.B. Matrix Vision, Photonfocus, Point Grey oder SVS-Vistek, haben in den letzten Jahren den Besitzer gewechselt. Ein Ende dieses Trends scheint nicht in Sicht. Zwei Gründe könnten für die aktuelle Situation eine wichtige Rolle spielen:

Fehlender Nachwuchs

Die erste Generation der Firmengründer von Bildverarbeitungsherstellern hat mittlerweile ein Alter erreicht, in dem ein Rückzug aus dem Geschäft ansteht. Ist kein (interessierter) Nachfolger in der Familie vorhanden, so ist ein Verkauf der Firma eine sinnvolle Alternative. Zudem spielt der fehlende Nachwuchs auch in einem anderen Bereich eine wichtige Rolle. Derzeit dürfte es wohl kaum einen deutschen Bildverarbeitungshersteller geben, der nicht (seit Jahren) auf der Suche nach neuen Mitarbeitern in den Bereichen Entwicklung oder Vertrieb ist. Dieser Personalmangel führt dazu, dass sich einige Firmen nicht so (weiter) entwickeln können, wie es notwendig ist. Denn um dem Wettbewerb von morgen einen Schritt voraus zu sein, bedarf es bereits heute entsprechender Konzepte – und vor allem Ingenieure -, um diese auch umsetzen zu können.

Die 100Mio.$-Grenze

Seit Jahren wächst der Bildverarbeitungsmarkt kontinuierlich, so dass mittlerweile immer mehr Firmen (u.a. Basler, Cognex, Isra Vision, Stemmer Imaging?) eine Umsatzgrenze von 100Mio.$ überschritten haben. Daneben gibt es aber zahlreiche Kamerafirmen, die mit ihren Umsätzen weit von dieser Summe entfernt sind und im einstelligen bzw. unteren zweistelligen Millionen-Bereich liegen. Für diese Firmen wird es zunehmend schwerer, mit den großen Wettbewerbern weltweit konkurrieren zu können. Mittels eines organischen Wachstums lässt sich solch eine Umsatzlücke kaum noch aufholen. Daneben kommen auch immer mehr asiatische Wettbewerber auf den europäischen Markt. Dass deren Produkte nicht länger nur Kopien ´europäischer´ Kameras sind, zeigt z.B. die neue 151MP-Kamera von Hikvision. Der chinesische Kameraanbieter ist weltweit die Nr. 1 im Bereich Security-Kameras, hat einen Jahresumsatz von weit über 5.Mrd.? und ist mittlerweile auch auf dem Machine-Vision-Markt aktiv. Ein weiterer chinesischer Anbieter aus dem Security-Bereich ist Dahua, der ebenfalls in Europa mit Bildverarbeitungskameras zu finden ist. In Anbetracht dieser zunehmend anspruchsvolleren Wettbewerbssituation ist möglicherweise der Wunsch europäischer Kamerahersteller nachvollziehbar, unter den Schutzschirm einer starken Mutter zu kommen und so als Nebeneffekt einen deutlich schnelleren weltweiten Vertrieb der eigenen Produkte zu erreichen. So wuchs beispielsweise der Umsatz von Matrix Vision, die vor zwei Jahren von Balluff gekauft wurden, im letzten Jahr um +30 Prozent. Eine Alternative zum Verkauf ist der Zusammenschluss verschiedener Kamerahersteller unter einer neuen Dachmarke. So gehören inzwischen zu Lakesight (die interessanterweise im letzten Jahr von der TKH-Gruppe gekauft wurden) die Kamerahersteller Allied Vision, Chromasens, Mikrotron, NET, Tattile und (demnächst sicherlich auch) SVS-Vistek. Allerdings wirft der Zusammenschluss dieser Kamera-´Supergroup´ auch Fragen auf, z.B. zum Vertrieb dieses umfangreichen Kameraportfolios. Zwar haben die sechs Firmen (teilweise) unterschiedliche Schwerpunkte, aber auch deutliche Überlappungen im Produktprogramm.

Wie geht es weiter?

Das alleine der Zusammenschluss verschiedener Kameraanbieter zu einem einzig großen Kamerahersteller-Verbund nicht das Ende der Fahnenstange ist, zeigt Basler. Die Ahrensburger Firma ist einer der weltweit größten Kamerahersteller für die Bildverarbeitung und hat im Geschäftsjahr 2018 einen Jahresumsatz von 150Mio. ? erwirtschaftet. Dennoch arbeitet Basler seit einigen Jahren daran, auch abseits des klassischen Kameramarkts neue Geschäftsfelder zu erobern. So ist die Firma mittlerweile Anbieter von Objektiven, Beleuchtungen (in Kooperation mit CCS) und hat durch den Zukauf verschiedener Firmen (u.a. Silicon Software) nun auch Framegrabber für High-End-Anwendungen sowie eine eigene Kabelherstellung im Programm. Zudem werden neue Märkte im Bereich Embedded Vision und Time-of-Flight angegangen. Dies zeigt, dass es wahrscheinlich auch zukünftig nicht leichter werden dürfte, weltweit alleine als reiner Kamerahersteller erfolgreich agieren zu können. Daher bleibt es spannend, wie sich der Markt der Bildverarbeitungshersteller allgemein zukünftig entwickeln wird und ob die derzeitige Konsolidierungswelle demnächst möglicherweise auch auf andere Bereiche wie z.B. Objektive oder Beleuchtungen übergreift.

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| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 5 2019
TeDo Verlag GmbH

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