3. Dimension der Lichtverarbeitung

3. Dimension der Lichtverarbeitung

Zeilenkameras mit mehreren Polarisationsfiltern

Die meisten Kameras nutzen heute die s/w- oder Farbbildgebung. Dabei wird die Intensität des Lichts über ein breites Spektrum auf Pixelebene gemessen oder die Lichtintensität für die Farben Rot, Grün und Blau (und eventuell noch mehr Bereiche) erfasst. Neue Kameratechnologien können Veränderungen im Winkel des elektrischen Felds erkennen und messen die Intensität des Lichts in mehreren Polarisationszuständen. Dies erweitert die Sichtbereiche über die üblichen (Intensität und Wellenlänge) in die 3. Dimension der Lichtverarbeitung: die Polarisation.

Ein Plastiklineal aufgenommen mit einer Polarisationskamera (a) und mit einer konventionellen Kamera (b). Die Farbcodierung der Polarisationskamera macht die Belastung im Lineal sichtbar. (Bild: Teledyne Dalsa)

Ein Plastiklineal aufgenommen mit einer Polarisationskamera (a) und mit einer konventionellen Kamera (b). Die Farbcodierung der Polarisationskamera macht die Belastung im Lineal sichtbar. (Bild: Teledyne Dalsa)

Durch die hohe Empfindlichkeit gegenüber Veränderungen an einem Objekt können Polarisationskameras den Kontrast so weit erhöhen, dass Probleme offengelegt werden, die andernfalls nicht erkennbar wären. Dazu gehören z.B. Doppelbrechung, Belastung, Rauheit, Dicke usw. Wenn sich etwa die physikalischen Eigenschaften eines Objekts aufgrund eines Defekts verändern, hat dies Einfluss auf den Polarisationszustand. Im Bild einer Polarisationskamera erscheint der Defekt oder der betroffene Bereich mit einem höheren Kontrast als bei herkömmlichen Bildgebungsverfahren.

Filter für das Sichtbarmachen

Konventionelle Sensoren wie das menschliche Auge können die Polarisierung des Lichts nicht ’sehen‘, deshalb verwendet man bei herkömmlichen Kameras einen Polarisationsfilter vor dem Bildsensor. Die Kamera erzeugt ein Bild, in dem die Polarisation in Intensität übersetzt wird, um eine visuelle Darstellung des ansonsten unsichtbaren polarisierten Abbilds zu erhalten. Mithilfe mehrerer Filter können – ähnlich wie beim Farbspektrum – präzisere Darstellungen des Polarisationswinkels erzeugt werden. Bild 1 zeigt ein farbcodiertes Polarisationsbild eines Plastiklineals (links) und ein herkömmliches Bild desselben Lineals (rechts). Das Polarisationsbild macht die Belastung der Plastikmoleküle im Lineal sichtbar, die im herkömmlichen Bild nicht zu erkennen ist. In Bild 1 verändert sich die Polarisierung des Lichts beim Durchqueren des Lineals und macht damit die ansonsten nicht erkennbare Belastung durch Pink und Blau sichtbar. Der grüne Hintergrund verdeutlicht den Polarisationswinkel der Lichtquelle.

Polarisation bei Zeilenkameras

Messungen bei einer Kamera und einem Sensor mit einem Filter mit drei Polarisationszeilen: eine horizontal (0°), eine vertikal (90°) und eine diagonal (135°) angeordnet. (Bild: Teledyne Dalsa)

Messungen bei einer Kamera und einem Sensor mit einem Filter mit drei Polarisationszeilen: eine horizontal (0°), eine vertikal (90°) und eine diagonal (135°) angeordnet. (Bild: Teledyne Dalsa)

Obwohl die Polarisation noch ein relativ neues Bildgebungsverfahren ist, sind sich Systementwickler bereits sicher, dass die größten Vorteile dieser Technologie durch Zeilenkameras genutzt werden können. Hier wird ein Bild erstellt, während ein Objekt sich am Sensor vorbei bewegt. Unter Ausnutzung der Bewegung werden drei Zeilen Polarisation sowie eine s/w-Zeile von jedem Objektpixel erfasst. Durch diese Kombination können die Lichtintensität und der Polarisationswinkel (horizontal, vertikal und diagonal) bei voller Auflösung und für die volle Zeilenrate erfasst werden. Bild 2 zeigt einen Vergleich der Messungen der Lichtintensität. Dabei stellt die X-Achse den Polarisationswinkel des eintreffenden Lichts dar. Die violette Linie stellt die s/w-Intensität (ohne Polarisation) dar, während die rote, grüne und blaue Linie jeweils für einen Polarisationswinkel stehen. Jeder Pixel im Sensor ergibt eine Messung für jede dieser drei Zeilen. Wenn das Licht z.B. mit 0° auf den Sensor trifft, ist die rote Linie dunkel, die blaue hell und die grüne mittelhell. Wenn das Licht unverändert reflektiert wird – immer noch mit 0° -, bleibt die Polarisation gleich. Das zeigt an, dass im gescannten Objekt keine Belastung oder andere Unregelmäßigkeiten vorkommen. Ändert sich der Polarisationswinkel jedoch, verändert sich auch die Kombination der unterschiedlichen Wellenlängen, was durch Falschfarben dargestellt werden kann (Bild 1). Da für jeden Pixel im Bild vier Messungen verfügbar sind, kann das Problem schnell und genau ermittelt werden – bei eine hohen Auflösung bis auf Pixelebene. War bei herkömmlichen Verfahren noch jeweils eine Kamera pro Wellenlängenbereich erforderlich, erlaubt die stärkere Integration auf Sensorebene die Bereitstellung von vier Bereichen in einer einzelnen Kamera. (Als Ergebnis davon sinken die Kosten und die Anzahl der Kameras, während mehr Informationen übertragen werden.)

 

Polarisation in Aktion

Kameras mit Polarisationsfiltern eignen sich ideal für verschiedene Anwendungen wie das Sortieren und die Erkennung von Fehlern. Bei der Rohstoffverarbeitung können Zeilenkameras mit Polarisation Fremdobjekte durch einen höheren Kontrast hervorheben. Plastik in natürlichen Materialien oder dünne Folien können mithilfe von Polarisationstechniken sichtbar gemacht werden. Außerdem kann die Polarisationstechnologie Fehler und Defekte, z.B. mechanische Belastung, Risse oder Brüche in Materialien wie Glas, Kohlefasern und Plastik sichtbar machen – wie im Beispiel mit dem Lineal. Das Potenzial ist enorm und es gibt noch viel Arbeit. Die Filter für die Bildsensoren sind klein und erfordern eine sehr präzise Produktion und die Entwickler arbeiten an einer eleganten Lösung, die sowohl für hohe Präzision als auch günstigen Kosten sorgt – und damit an der Zukunft der Bildgebung.

Themen:

| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 5 2016
Teledyne Dalsa

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