Fehlerklassifizierung in Gussteilen mit Machine Learning bei BMW

Bild 2 | Ein Roboter nimmt einen Zylinderkopf auf, um das Inline-CT-System VoluMax (r.) zu bestücken. (Bild: Carl Zeiss AG)

CT für die Fertigung

Um eine CT-Prüfung auch in rauen Fertigungsumgebungen zu ermöglichen, verfügt das System beispielsweise über ein ausgeklügeltes Belüftungskonzept, das auch mit einem Klimagerät gekoppelt werden kann. Dadurch wird im Inneren des Zeiss VoluMax Systems die für die Präzision vorgegebene Maximaltemperatur von 35°C sichergestellt. Die für die Qualität der Daten essentiell notwendige Temperaturkonstanz ist selbst dann gegeben, wenn die Zylinderköpfe bereits nach dem Gießen mit ca. 80°C geprüft werden. Um im Fertigungstakt prüfen zu können, musste auch die Scangeschwindigkeit erhöht werden. Daher verfügt das CT-System über eine leistungsstarke Röntgenröhre und einen Detektor, der sehr schnell die Daten auslesen kann. Trotzdem gilt, so der Physiker Sievers, dass „in einem Bruchteil der sonst üblichen Messzeit natürlich nicht die gleiche Bildqualität erreicht werden kann“. Beim Zeiss VoluMax werden in weniger als einer Minute mehrere hundert Bilder vom Zylinderkopf bzw. Kurbelgehäuse aufgenommen. Aus den Bildern errechnet die Software parallel zum Scan ein 3D-Volumenmodell. Die Fehlerdetektion erfolgt, während die nächsten Bauteile bereits gescannt werden. Aufgrund der hohen Taktgeschwindigkeit bei der Bildaufnahme ist die Detailgenauigkeit etwas eingeschränkt, d.h. Abweichungen, die deutlich kleiner als 1mm sind, lassen sich laut Sievers bisher in der Linie noch nicht erkennen. Für die Prüfung der in diesem Prozessschritt relevanten Prüfmerkmale am Zylinderkopf – Restsand, Poren, Kernbrüche, Konturabweichungen und neuerdings auch Wandstärke – reicht die Genauigkeit „natürlich vollkommen aus“.

Machine Learning

Für das initiale Training, z.B. beim Einfahren eines neuen Produkts, werden bei BMW ungefähr 50 reale Zylinderköpfe bzw. Kurbelgehäuse, die über unterschiedliche Prüfverfahren als gut befunden wurden, mit dem VoluMax gescannt. Anschließend werden diese 50 Volumenmodelle übereinandergelegt. So entsteht ein ideales 3D-Modell von einem Zylinderkopf bzw. Kurbelgehäuse, das als Masterpiece für den Abgleich aller weiteren 3D-Volumenmodelle eingesetzt wird. Damit das Gesamtsystem auch bei natürlichen Prozessschwankungen, die nicht qualitätsrelevant sind, sicher zwischen sogenannten guten und schlechten Teilen unterscheiden kann, trainiert BMW das System zudem alle paar Wochen. Das Training wird vollautomatisch per Knopfdruck aus den letzten als gut bewerteten Teilen gestartet. So ist sichergestellt, dass beispielsweise auch nach der turnusmäßigen Aufbereitung der Gussform die Ergebnisse für BMW passen. Die Fehlerdetektion selbst ist kein starres System. Die von Zeiss entwickelte Software Automated Defect Detection kann permanent hinzulernen. Um dem System zu vermitteln, zu welchem Typ Defekte gehören, kennzeichnet der Anwender im konkreten 3D-Volumenmodell diese bzw. markiert sie z.B. als Restsand, Pore oder Kernbruch. Das System wird also auf das Erkennen von funktionsrelevanten Fehlern trainiert und kann dann in allen weiteren Bilddatensätzen derartige Defekte sicher klassifizieren. Zeiss Automated Defect Detection klassifiziert aber nicht nur Merkmale. Die Software bestimmt beispielsweise auch die Anzahl und die Größe der Poren sowie den Abstand zwischen den Poren bzw. zwischen Pore und der nächsten Oberfläche des Werkstücks. Informationen, die ebenfalls helfen, Gut- von Schlechtteilen zu unterscheiden und damit die Ausbeute an Gutteilen zu erhöhen und die Anzahl an Schlupfteilen zu reduzieren. Aus Testreihen weiß BMW, dass die Lösung diese Unterscheidung sicher treffen kann. Poren werden derzeit z.B. mit einer Sicherheit von über 90 Prozent erkannt. Generell hängt die Erkennungswahrscheinlichkeit von der Güte der Trainingsdaten ab, insbesondere dann, wenn die Defekte sehr ähnlich sind, wie bei Pore und Porosität.

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inVISION 5 2019
Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH

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