Zustandsüberwachung von CT-Anlagen per Surface Quality Map

Frühwarnsystem

Zustandsüberwachung von CT-Anlagen per Surface Quality Map

Da auch Computertomographen einem Verschleiß unterliegen, ist es für die Bauteilehersteller wichtig, regelmäßig Informationen über den Anlagenzustand zu erhalten. Volume Graphics und die PTB entwickeln derzeit hierfür ein Tool.

Bild 1+2 | Ideale (l.) und reale (r.) Verhältnisse eines CT-Datensatzes von einem Steckergehäuse ohne und mit Metalleinlegeteilen. Metalle in Kunststoff erzeugen Störungen wie Artefakte, welche die Oberflächenbestimmung erschweren. (Bild: Volume Graphics GmbH)

Die übliche Methode, den technischen Zustand von CT-Anlagen zu überwachen, sind Vergleichsmessungen. Der Messtechniker greift zu einem Masterbauteil mit bekannten Abmessungen und legt es in regelmäßigen Zeitabständen auf den Scantisch. Der Vergleich der gemessenen Ergebnisse mit den Ist-Werten gibt Aufschluss über die Stabilität der Anlage. Eine einfache Methode, allerdings mit einer Krux: die Sensitivität lässt in vielen Fällen zu wünschen übrig. „Wenn erkannt wird, dass ein Messwert aus dem Ruder läuft, ist es meistens schon zu spät. Im schlimmsten Fall ist die Produktion sofort zu stoppen und, nach Instandsetzung der Anlage, eine ganze Charge erneut zu vermessen“, erklärt Dr. Sven Gondrom-Linke, Team Leader Technical Consulting bei Volume Graphics. Ein wirkliches Frühwarnsystem ist der Messwertvergleich also nicht. Ein tiefer Blick in die Eigenheiten der CT und die Grundlagen der CT-Messtechnik selbst führt am Ende auf eine effektivere Methode. Doch der Reihe nach. Generell gilt für die CT: Um exakt messen zu können, ist die Oberfläche eines Körpers genau zu bestimmen. Die Qualität des CT-Datensatzes spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Unproblematisch sind Datensätze mit konstanten Grauwerten für Körper und Umgebung proportional zu den Stoffdichten, und dies an jeder Stelle des Scans. Die Objektkanten zeichnen sich dann deutlich ab. Der CT-Nutzer kann mit einer globalen Grauwertschwelle arbeiten. Dieser Idealzustand ist aber in der Praxis nur selten anzutreffen. Meistens variieren die Grauwerte des Objekts und der umgebenden Luft. Zudem überlagert ein mehr oder weniger starkes Rauschen jeden Scan. Insbesondere bei Kombinationen verschiedener Materialien in einem Bauteil können Artefakte auftreten. Alle diese Dinge erschweren die Oberflächenbestimmung. Die CT-Analysesoftware nimmt an den betreffenden Stellen lokal adaptive Anpassungen der Grauwertschwelle vor. Bei zunehmend schlechter Datenqualität sind aber auch damit nur noch Annäherungen an die realen Verhältnisse möglich.

Maß für die Oberflächenqualität

In einem gemeinsamen Projekt untersuchten Volume Graphics und die Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB) in Berlin diese grundsätzliche Problematik. Dabei entwickelten die CT-Experten ein Maß, das die Qualität der Oberflächen in CT-Scans beschreibt. Jeder Punkt einer Oberfläche erhält quasi ein Gütesiegel, das anzeigt, ob Messungen an dieser Stelle unproblematisch oder problematisch sind. Auf diese Weise kommt eine Surface Quality Map des gescannten Bauteils zustande. Damit die Theorie nicht für sich alleine steht, verifizierten Volume Graphics und die PTB ihre Vorgehensweise mittels realer und simulierter Daten. Das gefundene Oberflächen-Gütekriterium lässt sich im CT-Datensatz durch Farben darstellen. Grün bedeutet eine gute, rot eine verminderte Oberflächenqualität. Von diesen Informationen profitiert zum einen die Messtechnik. Wird ein CT-Datensatz vermessen, werden Regelgeometrien wie Kreise, Quadrate usw. an die Oberflächen gefittet. Eine hohe Messgenauigkeit verlangt präzise Fits. Ist bekannt, wo die Oberflächenbestimmung mit Unsicherheiten behaftet ist, kann der Messtechniker die Fitpunkte an diesen Stellen weniger stark gewichten, um den verfälschenden Einfluss auf die Messergebnisse zu minimieren.

Bild 3+4 | Statistische Überwachung der Oberflächenqualität (oben) und eines Messwertes (Wandstärke) mit Hilfe der Earth Mover‘s Distance (EMD). Die Einflüsse nach einem Tausch der Röntgenröhre und einer Reparatur des Detektors werden deutlich. Das Beispiel zeigt aber auch: Die statistische Überwachung der Oberflächenqualität ist um einiges sensitiver, so dass Fehler an der CT-Anlage früher sichtbar sind. (Bild: Volume Graphics GmbH)

Statistik ist besser als das Auge

„Unabhängig davon“, fährt Sven Gondrom-Linke fort, „haben wir uns gefragt, ob man ein Qualitätskriterium für Oberflächen auch für Aussagen über den Zustand der CT-Anlage heranziehen könnte.“ Der Bedarf an einer zuverlässigen Methode zur Anlagenüberwachung steht für viele Anwender auf der Wunschliste weit oben, gerade weil die CT immer häufiger inline/atline zum Einsatz kommt, d.h. vollautomatisch in die Produktion eingebunden wird. Außerdem: ein Computertomograph ist ein hochkomplexes Gebilde, das von den unterschiedlichsten Defekten heimgesucht werden kann. Der Totalausfall der Röntgenröhre ist ein vergleichsweise geringes Problem, weil sofort sichtbar. Kritischer sind schleichende Defekte, wie z.B. ein zunehmend an Schärfe verlierender Fokus oder Pixelausfälle am Detektor. Solche im Wachsen begriffene Defekte bleiben oft lange unbemerkt. Doch eines ist definitiv der Fall: sie haben Auswirkungen auf die Surface Quality Map. Diese spiegelt selbst die kleinsten Veränderungen der Hardware wider. Es geht also darum, die Surface Quality Maps der vielen Scans, die während der Produktion erstellt werden, fortwährend auszuwerten, um so den aktuellen Zustand der Anlage im Auge zu behalten. Dafür bemühen die CT-Experten die Statistik. Die Methode der Earth Mover’s Distance (EMD) bietet sich dafür an. Die Bezeichnung EMD ist seit Mitte der 90er Jahre gebräuchlich. Eine frühe Anwendung mit Parallelitäten zur CT ist der Ende der 80er Jahre vorgenommene Vergleich zweier monochromer Bilder hinsichtlich ihrer Qualität. Nachweisen lässt sich die Effektivität der Methode in der CT etwa bei Ringartefakten. Diese haben kaum Auswirkungen auf Messergebnisse, fallen also bei der herkömmlichen Messwertmethode gar nicht auf. In den statistischen Auswertungen sind ihre Einflüsse dagegen deutlich sichtbar. „Unser Ziel ist es“, resümiert Sven Gondrom-Linke, „Tools zur Verfügung zu stellen, welche die Surface Quality Map für die Messtechnik und Anlagen-Zustandsüberwachung nutzen, um beides zu verbessern. Das Prinzip ist nach den erfolgten Untersuchungen klar. Unsere Entwicklungsarbeit konzentriert sich im Moment auf eine schnellere Berechnung speziell für Inline- oder Atline-Anwendungen.“

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