Expertenrunde: Objektive für die industrielle Bildverarbeitung

inVISION: Flüssiglinsen halten immer stärker Einzug in industrielle Anwendungen. Welche Trends sehen Sie dort?

B. Lange: Für den breiten Markt wird es entscheidend sein, die Handhabbarkeit der Systeme für die Anwender so weit wie möglich zu vereinfachen. Entwicklungen wie beispielsweise die Kameras von Pixelink und IDS, bei denen die notwendige Hardware zur Steuerung der Flüssiglinse bereits in der Kamera implementiert ist und per Software einfach bedient werden kann, ist ein gutes Beispiel hierfür.

A. Platz: Bei der Verwendung von Flüssiglinsen erkennt man auch den Trend zu höheren Auflösungsanforderungen, was in vielen Fällen auch durch die Apertur der verfügbaren Flüssiglinsen begrenzt ist.

D. van de Sandt: Flüssiglinsen bieten große technische Vorteile. Viele Anwender schrecken aber vor der Benutzung zurück, weil ihnen die Kosten zu hoch und die Ansteuerung zu kompliziert ist.

C. Baier: Noch reichen Flüssiglinsen nicht an die optische Qualität klassischer Objektive heran. Dafür haben sie aber andere Vorteile, wie die schnelle Fokussierung auf unterschiedliche Objekthöhen. Vor allem in der Logistik sehen wir hier Potenzial. Wenn hohe Auflösungen gefragt sind, eignen sich aber klassische Hochleistungsobjektive besser.

inVISION: Wie sieht es mit Neuheiten bei telezentrischen Objektiven aus?

C. Baier: Telezentrische Objektive haben viele Einsatzgebiete. Oft werden sie aber auch verwendet, obwohl endozentrische Objektive geeigneter wären. Wenn der Telezentrierbereich mit Schärfentiefe verwechselt wird, ist das System bei großen Objektfeldern durch die ebenfalls große Frontlinse eines telezentrischen Objektivs unnötig schwer und kostspielig.

A. Platz: Auch bei telezentrischen Objektiven setzen größere Sensoren mit hoher Auflösung die maßgeblichen Trends. Insbesondere die Breitbandkorrektur für Farbaufnahmen oder spektrale Bildauswertung erhöhen die Anforderungen, weil spezielle Glassorten in großem Durchmesser bearbeitet werden müssen. Eine Farbkamera mit großer Sensordiagonale und kleinen Pixeln kann nur schwer mit ‚Standard‘-telezentrischen Objektiven gepaart werden. Zudem ist sich der Kunde oder Kamerahersteller oft nicht bewusst, welche Kosten bei so einer Lösung entstehen. Das ist gleichermaßen eine Herausforderung und eine Chance für den Markt.

D. van de Sandt: Kowa hat telezentrische Objektive mit variabler Vergrößerung, sodass die Kunden eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung haben.

B. Lange: Die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich sind die Integration von Flüssiglinsen und die Abdeckung von größeren Sichtfeldern. Wenn es um die Verwendung von telezentrischen Objektiven mit großen Sensoren geht, gibt es allerdings noch keine große Auswahl auf dem Markt, so dass man davon ausgehen kann, dass diese Lücke in naher Zukunft geschlossen wird.

inVISION:  Welche Anforderungen ergeben sich für Objektive bei SWIR- oder Hyperspectral Imaging (HSI) Anwendungen?

A. Platz: Die hyperspektrale Bildgebung erfordert hohe Transmission über einen breiten Wellenlängenbereich und eine Farbkorrektur ohne nennenswerte Einbußen oder Fokusverschiebung. Zudem ist ein hoher Lichtbedarf und eine gleichmäßige Abbildungsleistung über das gesamte Feld notwendig.

B. Lange: Für Anwendungen im SWIR-Bereich, die hohe Transmission benötigen, ergeben sich signifikante Einschränkungen an die optischen Gläser, die man verwenden kann. Da diese Gläser sehr teuer sind, hat dies deutliche Auswirkungen auf den Preis eines SWIR-Objektives. Ist die Transmission nicht entscheidend, kann man eventuell auch mit einem normalen Objektiv mit MgF-Coating zurecht kommen. Bei HSI-Anwendungen ist neben der Transmission meistens eine geringe Verzeichnung vorteilhaft. Bei der Snapshot HSI ist es von Vorteil, wenn der Winkel des Hauptstrahls auf der Bildseite klein ist bzw. idealerweise 0° beträgt, da direkt auf dem Sensor optische Filter eingesetzt werden, die auf 0° ausgelegt sind und deren spektrale Charakteristik vom Einfallwinkel des Lichts abhängt.

C. Baier: Hier gibt es durchaus Potenzial, aber bisher noch wenige Anwendungen im industriellen Bereich. Hersteller entsprechender Kameras und Objektive suchen schon länger nach industrietauglichen Anwendungen. Dies gilt vor allem für HSI, bei dem die langen Integrationszeiten von zwei bis drei Sekunden pro Bild bisher einen Durchbruch behindern. Anders im SWIR-Bereich: Hier wächst die Nachfrage mittlerweile stetig. Noch sind die Auflösungen relativ niedrig, es ist aber davon auszugehen, dass sich das in den nächsten Jahren ändert. So wie im Visuellen immer höhere Auflösungen gefordert werden, wird auch eine Nachfrage nach hochauflösenden SWIR-Aufnahmen entstehen.

D. van de Sandt: Der Trend bei SWIR-Sensoren geht zu höherer Auflösung und damit verbundenen kleineren Pixeln, teilweise auch zu kleineren Sensorformaten. Es werden zudem Objektive gefragt sein, die eine Transmission von VIS bis SWIR haben und fokusstabil bleiben.

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inVISION 3 2019
TeDo Verlag GmbH

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