Expertenrunde: Objektive für die industrielle Bildverarbeitung

inVISION: Wie sieht es mit Objektiv-Anschlüssen aus: Sind hier Neuerungen für den Industriebereich zu erwarten?

B. Lange: Im Zusammenhang mit den neuen Sensoren von Sony und e2v im APS-C Format setzt Edmund Optics auf die Renaissance des TFL-Anschlusses. Für dieses Format ist C-Mount zu klein, und F-Mount zum einen zu groß, aber auch nicht für das industrielle Umfeld entworfen. Lucid Vision hat eine erste Kamera mit TFL-Mount auf den Markt gebracht. Es bleibt abzuwarten, ob auch andere Kamerahersteller auf diesen Zug aufspringen.

N. Kürten: Seit Jahrzehnten hat sich der C/CS-Mount für kompakte Industrie-Kameras als Standard fest etabliert. Die breite, herstellerübergreifende Auswahl an Kameras und Objektiven mit C/CS-Mount ist ein großer Vorteil für die Anwender.

D. van de Sandt: Ich erwarte hier in den nächsten Jahren keine Neuerungen.

C. Baier: Mit wachsenden Sensorgrößen kommt der C-Mount mit seinem 1″ Durchmesser an seine Grenzen. Allerdings ist er sehr etabliert und vor allem als einziger Industrieanschluss standardisiert. Die Auswahl an alternativen Anschlüssen wächst aber. Schneider-Kreuznach ermöglicht bei vielen Objektiven mit einer V-Mount Schnittstelle über verschiedene Adapter einen Anschluss an die unterschiedlichsten Formate.

inVISION: Wie beurteilen Sie den EMVA Standard ‚Open Lens Communication‘?

C. Baier: Ein wichtiges Thema für jeden Objektivhersteller. Der neue Standard soll sicherstellen, dass die bestmögliche Kamera für die betreffende Situation ausgewählt und dann jedes verfügbare Objektiv eingesetzt werden kann. Die Standardisierung des mechanischen Anschlusses ist für uns sehr hilfreich. Welche Ansprüche das Objektiv in Bezug auf den elektrischen Anschluss zu erfüllen hat, wird sich im Verlauf dieser Initiative herausstellen.

N. Kürten: Die Industrie 4.0 fordert von Fertigungsanlagen eine immer größere Flexibilität, das heißt eine einzige Anlage soll in der Lage seine eine möglichst große Vielfalt an Produkten zu fertigen. In diesem Zuge steigt der Bedarf nach Optiken, deren Brennweiten und Blendenöffnungen über die Kamera elektronisch verstellbar sind.

D. van de Sandt: Die Kommunikation zwischen Kamera und Objektiv bietet noch viel ungenutztes Potential. Allerdings können zusätzliche elektronische Bauteile, Kabel und Kontakte zur Kamera im Einsatz unter industriellen rauen Bedingungen die Zuverlässigkeit beeinträchtigen, bis hin zu einem Systemausfall. Außerdem steht hier ein weiterer nicht unerheblicher Kostenfaktor an. Diese Technologie eignet sich daher eher für Anwendungen, bei denen häufig das Objektiv gewechselt werden muss.

B. Lange: Für den größten Teil des heutigen Visionmarktes ist eine Kommunikation zwischen Objektiv und Kamera nicht relevant. Der allgemeine Preisdruck wird auch mittelfristig eine Implementierung der aus dem Konsumerbereich bereits bekannten Features in der breiten Masse nicht möglich machen. Es gibt allerdings Nischenbereiche, in denen die technischen Möglichkeiten, die mit der Kommunikation zwischen Objektiv und Kamera einhergehen, einen echten Mehrwert bietet.

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inVISION 3 2019
TeDo Verlag GmbH

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