3D-Kameras für selbstfahrende Roboter in den Weinbergen

3D-Kameras für selbstfahrende Roboter in den Weinbergen

Bevor die edlen Weintrauben in der französischen Champagne geerntet und zu Champagner verarbeitet werden, ist eine monatelange Pflege der Weinreben erforderlich. Ein selbstfahrender Roboter nimmt den Winzern jetzt diese Arbeit ab. 3D-Kameras sorgen für die selbständige Navigation in den Weinbergen.

 Der selbstfahrende Roboter Bakus kann dank mehrerer 3D-Kameras möglichen Hindernissen in den Weinbergen ausweichen und die Rebzeilen exakt mittig anfahren. (Bild: ifm electronic gmbh)

Der selbstfahrende Roboter Bakus kann dank mehrerer 3D-Kameras möglichen Hindernissen in den Weinbergen ausweichen und die Rebzeilen exakt mittig anfahren. (Bild: ifm electronic gmbh)

Ein Weinberg irgendwo in der Champagne in Frankreich: Wie von Geisterhand gesteuert fährt der vierrädrige Roboter gezielt über die in Reihe angepflanzten Rebstöcke hinweg, wendet am Ende und nimmt zielgenau die nächste Rebzeile in Angriff. Bakus heißt dieses autonom fahrende Gefährt, entwickelt und gebaut vom noch jungen Unternehmen Vitibot. Gründer Cédric Bach ist nicht nur Ingenieur, sondern auch zugleich Sohn eines Winzers. Damit kennt er genauestens die Herausforderungen, denen sich der moderne Weinbau stellen muss. Grund genug für ihn, im Jahr 2016 die Firma Vitibot zu gründen, um die Arbeit in den Weinbergen weitestgehend zu automatisieren. Das Ergebnis nach zwei Jahren Entwicklungszeit ist der nun serienreife Bakus. Dabei handelt es sich um eine sogenannte fahrende Tooling-Plattform. Jocelyn Vermillet, Abteilungsleiter Mechanik bei Vitibot: „Mit dieser Stand-Alone-Lösung kann der Winzer viel flexibler agieren und alle zuvor immer von Hand ausgeführten und zeitaufwändige Aufgaben automatisch erledigen lassen, und das tagsüber wie nachts.“ Verschiedenste Werkzeuge werden am Fahrzeug installiert, um unterschiedliche Arbeiten auf dem Feld auszuführen, etwa das Auflockern des Bodens, das Schneiden von Laub und Unkraut oder das Besprühen der Pflanzen. „Bakus ist in der Lage, die Pflanzen punktgenau und exakt dosiert zu besprühen. Damit können wir den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um die Hälfte reduzieren“, so Jocelyn Vermillet.

Leistungsstarke Performance

Der elektrisch angetriebene Roboter bezieht seine Energie aus 80kWh Batterien. Das ermöglicht zehn Stunden autonomes Arbeiten, ehe die Batterie zwei Stunden lang wieder aufgeladen werden muss. Sein Allradantrieb und die vier einzeln angetriebenen und lenkbaren Räder sorgen für maximale Agilität auch auf schwierigem Untergrund, zugleich ermöglichen sie Wendemanöver auf engstem Raum. Selbst steile Hanglagen bis 45% Steigung meistert der Roboter problemlos. Cédric Bache ist Gründer und Geschäftsführer von Vitibot: „Diese Maschine hat die Besonderheit, dass sie nicht nur elektrisch angetrieben ist, sondern auch völlig autonom fährt. Sie wird am Anfang eines Weinbergfeldes vom Winzer abgestellt und durchläuft dann das gesamte Feld völlig selbständig. Bakus folgt den Rebzeilen und am Ende angekommen hebt es seine Werkzeuge, wendet und bearbeitet die nächste Reihe.“

 (Bild: ifm electronic gmbh)

(Bild: ifm electronic gmbh)

Selbständige Navigation

Das Einzigartige am Bakus ist die eigenständige Navigation und Hinderniserkennung. Dafür ist das Fahrzeug mit acht präzisen 3D-Kameras von ifm ausgestattet: je zwei Kameras vorne, hinten und an den Seiten. Cédric Bache erklärt: „Die 3D-Kameras nutzen Lichtlaufzeitmessung und können die Umgebung dreidimensional erfassen. Mit unserer eigens entwickelten Software können wir anhand der übermittelten Bilddaten die Umgebung um das Fahrzeug herum abbilden. Die Software bietet uns eine doppelte Funktion: Zum einen ermöglicht sie die selbständige Navigation durch die Reihen von Reben, zum anderen können wir Hindernisse erkennen und das Fahrzeug vor diesem Hindernis rechtzeitig anhalten. Um unsere Maschine sicher zu navigieren, brauchen wir Sensoren, die Tag und Nacht sehen können. Wir haben mit LIDAR-basierten Systemen experimentiert, aber diese brachten sehr viele Einschränkungen. Andere Lösungen waren zu teuer, um sie auf den Markt zu bringen. Auch haben wir Lösungen auf der Basis von Standardkameras getestet. Auch damit gab es Probleme: Am Tag mit zu viel Helligkeit, in der Nacht mit zu wenig Licht. Wir wollten eine Lösung, die Tag und Nacht zuverlässig funktioniert. Deshalb haben wir uns für die 3D-Kamera von ifm entschieden. Ihr Bildsensor liefert unabhängig von den Lichtverhältnissen ein deutliches 3D-Bild der Umgebung.“ Kernstück des Systems ist ein 3D-Kamerachip von ifm. Er erzeugt mittels PMD-Technologie (Photo-Misch-Detektor) ein 3D-Bild. Die Auflösung des PMD-Bildsensors beträgt 176×132 Pixel. Zu jedem einzelnen der 23.232 Bildpunkte liefert die Kamera einen präzisen Abstandswert bis zu 25 mal pro Sekunde. Durch die verwendete PMD-Technik arbeitet der Bildsensor losgelöst vom Umgebungslicht, das heißt sowohl bei direkter Sonneneinstrahlung als auch bei völliger Dunkelheit erzeugt die Kamera ein 3D-Bild.

 (Bild: ifm electronic gmbh)

(Bild: ifm electronic gmbh)

3D-Bild per Software auswerten

Herzstück des Bakus ist der Auswertealgorithmus, der aus den acht 3D-Kamerabildern eine virtuelle 360°-3D-Szenerie generiert. Damien Legrand, Produktmanager 3D Vision bei ifm: „Jede Kamera erzeugt eine 3D-Punktewolke der Szenerie in ihrem Blickfeld. In komplexen Algorithmen wird aus den Punktwolken ein virtuelles Abbild der Szenerie geschaffen, welches das direkte Umfeld um das Fahrzeug abbildet, also z.B. die Reben oder andere Gegenstände. Dieses Bild wird dann zur autonomen Navigation des Fahrzeugs zwischen den Reihen mit den Weinreben und für das Wendemanöver jeweils am Ende der Reihen genutzt“. Letztendlich bedeutet der Einsatz des Roboters einen erheblichen finanziellen Gewinn für den Winzer, da er die Betriebskosten an einer Rebe bei den meisten mechanischen Arbeiten um das vierfache senkt. n @Kontakt_FA:

ifm electronic gmbh

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