Telezentrische Präzision

Telezentrische Präzision

Telezentrische Objektive für geometrische Messungen

Telezentrische Objektive ermöglichen präzise geometrische Messungen an komplexen, dreidimensionalen Teilen. Dabei sind telezentrische Messsysteme in Situationen, in denen die Objektposition nicht genau kontrolliert werden kann oder in denen aufgrund komplexer Objektgeometrien die interessanten Merkmale auf unterschiedlichen Höhen liegen, sehr robust und zuverlässig, da sich die Vergrößerung der telezentrischen Objektive mit dem Abstand zum Objekt nicht ändert.
Wenn Bildverarbeitungssysteme scharfe Bilder liefern, wird schnell angenommen, dass diese Bilder auch die Dimensionen eines Teils zutreffend darstellen. Ungenauigkeiten gibt es aber auch in Bildern, die mit teuren Objektiven aufgenommen werden. Einige Fehler können durch Kalibrierung beseitigt werden, insbesondere wenn sich das Objekt in einem gleichbleibenden Abstand von der Kamera befindet. In der Produktion kann die Objektposition jedoch oft nicht genau kontrolliert werden oder Objekte weisen eine komplexe Geometrie mit erheblicher Höhenvariation auf. In diesem Fall sind telezentrische Objektive die optimale Lösung für derartige Messanwendungen. Sie sind so konstruiert, dass die Eintritts- und/oder Austrittspupille im Unendlichen liegt. Man könnte auch sagen, dass die Hauptstrahlen senkrecht zur Objekt- und/oder Bildebene sind, dass die Vergrößerung konstant über dem Arbeitsabstand ist bzw. die Punktspreizfunktion bei linearen Verschiebungen im Wesentlichen unveränderlich ist. Auch wenn diese Begriffe für jemanden ohne Optik-Hintergrund meist unverständlich sind, so gibt es eine praktische Konsequenz für die Messtechnik: die Dimensionen im Bild ändern sich nicht mit dem Abstand vom Objektiv.

Prinzipien der Telezentrie

Das telezentrische Konstruktionsprinzip ist einfach: Verwenden Sie eine normale Aperturblende, um außeraxiale Lichtstrahlen zu blocken. Sie werden dies besser verstehen, wenn Sie mit den Fingern ein ‚V‘ bilden, dieses vor das Auge halten und auf den Schnittpunkt der Linien mit dem Motiv vor Ihnen blicken. In Ihrer Nähe begrenzen die Linien einen Ausschnitt, der nur wenige Zentimeter groß ist, während die Linien in größerer Entfernung einen Ausschnitt begrenzen, der mehrere Meter groß ist. Auf diese Weise erfasst ein konventionelles Objektiv Licht, mit dem Ergebnis, dass Objekte mit unterschiedlichen Größen auf den gleichen Stellen im Sensor abgebildet werden. Ein konventionelles Objektiv hat also die gleiche Funktionsweise wie Ihr Auge. Um eine Analogie zur Funktionsweise eines telezentrischen Objektivs herzustellen, machen Sie das ‚V‘ mit den Fingern enger, bis die Finger fast parallel zueinander stehen. Die zwei parallelen Linien begrenzen unabhängig vom Abstand des Auges zum Objekt einen Ausschnitt von ein bis zwei Zentimetern. Ein telezentrisches Objektiv arbeitet also, indem es den Bildwinkel beschränkt. Bild 2 zeigt den Vergleich der Messfehlerwahrscheinlichkeit, die bei Anwendung unterschiedlicher Objektive auftritt. Hierbei werden ein beidseitig telezentrisches Objektiv, ein objektseitig telezentrisches Objektiv sowie ein nicht-telezentrisches Objektiv mit 35mm Festbrennweite verglichen. Telezentrische Objektive gibt es in drei verschiedenen Ausführungen: objektseitig, bildseitig und beidseitig telezentrisch. Strahlen in einem objektseitig telezentrischen Objektiv verlaufen senkrecht zum Objekt; in einem bildseitig telezentrischen Objektiv verlaufen sie senkrecht zum Sensor; während die Strahlen in einem beidseitig telezentrischen Objektiv senkrecht zur Objekt- und zur Bildebene verlaufen.

Besonderheiten der Telezentrie

Der Grad der Telezentrie ist der Öffnungswinkel des Objektivs. Wie in Bild 1 gezeigt, verändert sich die Messgenauigkeit bei unterschiedlichen Objektabständen mit dem Grad der Telezentrie und es wird ein Unterschied deutlich, ob die Messung mit einem telezentrischen Objektiv durchgeführt wird oder mit einem konventionellen 16mm-Objektiv. Ein zusätzlicher Vorteil telezentrischer Objektive im Vergleich zu konventionellen ist die höhere effektive Tiefenschärfe. Auch wenn das telezentrische Bild eines Punktes außerhalb der Fokusebene unscharf wird, verschiebt sich der Schwerpunkt des Punktes bei geändertem Objektabstand nicht, das heißt die Berechnungen der Objektdimensionen sind relativ unabhängig vom Abstand des Objekts zum Objektiv, auch wenn das Bild unscharf wird.

Telezentrische Anwendungen

Telezentrische Objektive kommen zum Einsatz in Anwendungen, bei denen höchste Genauigkeit in einem 3D-Objekt-raum erforderlich ist. Zusätzlich zur Genauigkeit durch die konstante Vergrößerung weisen die Objektive auch keinen Parallaxenfehler auf. Dies eignet sich insbesondere für eine Anwendung wie z.B. Pick&Place-Bestückungen von Leiterplatten. Wie in Bild 1 gezeigt, gibt es keinen perspektivischen Fehler, durch den die Teile sich gegenseitig abschatten oder verdunkeln. Telezentrische Objektive sind ideal für Lasergravur- oder Laserbohranwendungen. Dabei bedeutet Telezentrie, dass der Laserstrahl immer senkrecht zur Oberfläche des Objektes ist. Durchbohrungen in der Mitte des Bildfeldes erscheinen sowohl bei konventionellen als auch bei telezentrischen Objektiven senkrecht zur Oberfläche. Um jedoch Punkte neben der optischen Achse senkrecht zur Oberfläche erscheinen zu lassen, benötigt man ein telezentrisches Objektiv. Telezentrische Objektive bieten auch Vorteile für Scansysteme. Da der Strahl senkrecht zur Oberfläche ist, kommt es zu keiner Veränderung der Form des Punktes, während sich der Strahl über das Bildfeld bewegt. Es wird eine konstante Leistung und Bildqualität über den gesamten Bereich geliefert. Konventionelle Objektive bringen ordentliche Leistungen, nachdem sie kalibriert worden sind. Jedoch lassen sich sowohl Parallaxenfehler als auch Vergrößerungsänderungen nicht durch eine Kalibrierung vermeiden. Die Leistungsvorteile der telezentrischen Objektive sparen also Zeit, reduzieren Fehler und verbessern letztendlich die Qualität des Endprodukts.

Edmund Optics GmbH

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