Gibt es ein technologisch oder wirtschaftlich besonders herausragendes Produkt Ihres Unternehmens? Der technologische Durchbruch für uns war, den Geschäftsbereich der Punktmesstechnik mit dem der Kameratechnik zu kombinieren. Dies ist die Grundlage für unsere sehr erfolgreiche Xi-Produktlinie. Wir haben jetzt Geräte, die wie Pyrometer aussehen – eine Röhre mit einem Ausgangssignal von 4-20 mA – aber als einfach zu bedienende, autonome Kameras arbeiten. Diese Geräte zeichnen auf, werten Bilder aus und liefern selbstständig intelligente Temperaturinformationen an die Prozesssteuerung. Werden Infrarot-Kameras die Pyrometer dann irgendwann vom Markt verdrängen?
Das glaube ich nicht. Wir haben derzeit etwa 820.000 Pyrometer und etwa 30.000 Kameras weltweit installiert. Die meisten Maschinenhersteller verwenden unsere Geräte, um zu erkennen, ob eine kritische, stationäre Komponente heiß ist. Punktsensoren sind dafür oft ausreichend. Außerdem erfordern Metall-, Glas- oder Kunststoffanwendungen oft andere Spektralbereiche oder Zweifarben-Pyrometer. Dennoch entwickelt sich die Infrarot-Bildgebung ständig weiter. Aufgrund des günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses sind einzelne Sensoren und Kameras für Maschinenhersteller zunehmend attraktiv geworden.
Was wird in Ihrem Unternehmen am Standort Berlin produziert und was wird zugekauft?
Wir sind sehr international aufgestellt. Auf der Vertriebsseite sind wir zu 75 Prozent ein Exporteur. Und zu einem ähnlichen Prozentsatz kaufen wir Komponenten und Subkomponenten bzw. Module ein, die zum Teil aus den USA und Frankreich kommen, während Spritzguss- und Kunststoffteile – auch einige elektronische Komponenten – aus Asien kommen. Die Fertigung selbst tut all die Dinge, die notwendig und spezifisch für Infrarottechnologie sind: die Endmontage, die Kalibrierung, bestimmte Prozessschritte wie das Ausmessen von optischen Komponenten, die wir zu Objektiven montieren.
Optris gehört zu den Marktführern des Infrarotbereichs in Europa, wie wird man das?
Wir produzieren fest installierte Pyrometer und Kameras für die industrielle, berührungslose Temperaturmessung. Was uns von anderen Wettbewerbern unterscheidet, ist ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir haben nicht den Anspruch, die preisgünstigsten Geräte anzubieten, aber wir haben den Anspruch, dass Preis geteilt durch Leistung einen sehr guten Wert hat. Damit sind wir als OEM-Supplier für Maschinen- und Anlagenbauer ein gefragter Partner. Wir sind sehr volumenorientiert und nutzen einen indirekten, weltweiten Vertriebskanal. Das hat den Vorteil, dass wir große Mengen bei unseren Lieferanten einkaufen können.
Gibt es in diesem Jubiläumsjahr bei Ihnen innovative Produkte, eine ‚Jubiläums-Edition‘?
Unsere Entwicklungsingenieure sind immer aktiv beim Herstellen neuer Produkte und Plattformen. In diesem Jahr führen wir ein neues, sogenanntes Verhältnis-Pyrometer mit Videofunktionalität ein; das ist ein Punktmessgerät, welches in zwei verschiedenen Spektralbereichen misst. Neu daran ist, dass für das Visieren hochauflösende Bildschaltkreise verwendet werden. Diese Videoschaltkreise erlauben es, ein Messobjekt sehr genau anzuvisieren und einen bestimmten Alarmfall zu dokumentieren, indem nicht nur erfasst wird, wo eine Temperatur zu hoch ist, sondern auch, wie das Werkstück aussah, als es zu heiß war. Wir haben also das Visieren des Objekts auch elektronisch gemacht, so dass man in dem angeschlossenen Mobiltelefon sehen kann, wohin das System guckt; und ich kann mit einem solchen Verhältnis-Pyrometer auch bei stark verschmutztem Fenster immer noch genau messen.
Wie wird sich die Infrarot-Messtechnik in den nächsten 20 Jahren weiterentwickeln?
Obwohl wir auf verschiedenen Märkten tätig sind, bleibt unsere Fähigkeit zur schnellen Anpassung an neue technologische Fortschritte und neue Märkte unverändert. Wir verfügen über einen deutlichen Vorteil, da die physikalische Einheit Temperatur weltweit die am zweithäufigsten gemessene Größe ist, nur übertroffen von der Zeit. Unsere Fähigkeit, uns an neue Anwendungen anzupassen, ist bemerkenswert schnell. Im 3D-Druck überwachen unsere Kameras die Temperaturen im Pulverbett, während wir in der Solarzellenproduktion die Produktqualität während des gesamten Herstellungsprozesses sicherstellen. In den Fertigungslinien für die Elektromobilität überwachen unsere Geräte die Temperatur der einzelnen Batteriezellen und geben frühzeitig Hinweise auf den Austausch einzelner Komponenten, um mögliche Probleme proaktiv zu vermeiden. Wir sind sicher, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. In Kontexten, in denen energieintensive und hitzebedingte Prozesse von entscheidender Bedeutung sind, wird Energieeinsparung unumgänglich, und unsere Temperatursensoren sind ein Werkzeug, um mehr Erkenntnisse zur Optimierung zu gewinnen. Überall auf der Welt spielen unsere Geräte in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle.
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