Bessere Defekterkennung in der Halbleiterindustrie mit KI-Vision

Halbleiterinspektion 2030

McKinsey prognostiziert, dass fast 70% des Wachstums bei Halbleitern in den nächsten zehn Jahren von nur drei Branchen getragen werden: der Automobilindustrie, der Datenverarbeitung/-speicherung sowie der drahtlosen Kommunikation. Bildverarbeitung wird eine Schlüsselindustrie sein, um diese Ziele zu erreichen.
Bild: ©aslysun/shutterstock.com

Die weltweite Halbleiterknappheit, die im Jahr 2021 begann, prägte die Welt. Einem Bericht aus dem Jahr 2022 zufolge hat der Mangel an Halbleitern dazu geführt, dass sich die Vorlaufzeiten in der Produktion von durchschnittlich drei bis vier Monaten auf zehn bis zwölf Monate verlängert haben. Umsatzverluste in Höhe von 100Mrd. USD häuften sich in der Folge und lenkten viel Aufmerksamkeit auf eine unserer wichtigsten – und gleichzeitig am wenigsten beachteten – Industrien. Mehrere Quellen gehen davon aus, dass die Halbleiterindustrie im Jahr 2030 eine Milliarde Dollar wert sein wird, was sie zu einer der fünf wichtigsten Industrien der Welt machen würde. Um dieses Ziel zu erreichen, sind enorme Investitionen in die Infrastruktur erforderlich. Ein Faktor für dieses Wachstum wird die erneute Führungsrolle der amerikanischen Halbleiterindustrie sein. Heute machen die in den Vereinigten Staaten hergestellten Halbleiter nur noch 12% der weltweiten Gesamtproduktion aus. Das ist ein Rückgang gegenüber einem Höchststand von 37% vor 30 Jahren, laut Statement aus dem Weißen Haus. Selbst bei diesem geringeren Beitrag entfällt der größte Teil nicht auf High-End-Chips mit kleinen Nodes (<10nm). Die US-Regierung möchte diese Situation mit dem im Jahr 2022 beschlossenen, so genannten Chip Act ändern, mit dem sie umfangreiche Investitionen zur Förderung der Forschung, Investitionen in die Infrastruktur und eine robuste Lieferkette zusagt. Auch in Europa soll massiv in die Elektronikfertigung investiert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und Abhängigkeiten zu reduzieren.

Die enormen Investitionen in die Infrastruktur der Halbleiterfertigung werden über die eigentlichen Halbleiterfabriken (Fabs) hinaus auf die vielen Hersteller von Anlagen und Systemen durchschlagen, welche die Chipproduktion erst möglich machen. Man geht davon aus, dass dies zu einem enormen Wachstum bei Belichtungssystemen und Fotolithografie-Anlagen, sowie bei den Inspektionsanlagen, die zur Bewertung der wichtigsten Phasen des Herstellungsprozesses eingesetzt werden, führen wird. Gleichzeitig wird die Nachfrage nach Innovationen – kleineren Nodes und höheren Erträgen – Schritt halten, wenn nicht sogar zunehmen. Das ist kein leichtes Unterfangen. Hersteller wie TSMC werben für ihre Wettbewerbsfähigkeit mit der Entwicklung von Prozessen mit immer kleineren Nodes, um die Chipgröße zu verringern und den Stromverbrauch bei gleichzeitiger Leistungssteigerung zu senken.

Das Streben nach immer kleineren Merkmalen und höherer Leistung reicht von den Masken, die das Schaltungsdesign definieren, bis hin zu den Substraten, die die integrierten Schaltungen, Leiterbahnen, Schalter, Beschichtungen und andere Komponenten tragen, aus denen eine Leiterplatte besteht. Die Hersteller entdecken allerdings immer neue Schwachstellen, Problembereiche und Defekte, je weiter sie in Richtung Nanoproduktion und darüber hinaus vordringen. Die Lösung sind geringere Toleranzen in jedem Schritt des Produktionszyklus.

Bild 2  |  KI-Algorithmen werden an 
verschiedenen Mustern defekter und 
nicht-defekter PCB-Komponenten trainiert.
Bild 2 | KI-Algorithmen werden an verschiedenen Mustern defekter und nicht-defekter PCB-Komponenten trainiert.Bild: Teledyne Dalsa

Neue Vision-Ansätze nötig


In der Halbleiterfertigung ist die Ausbeute das A und O, denn sie bestimmt den Ausstoß und die Kosten. Geringere Toleranzen und kleinere Komponenten können jedoch eine große Herausforderung für die Qualitätskontrolle darstellen. Hersteller, die kleinere Geometrien fertigen wollen, müssen die Ausbeute durch Inspektionen an mehr Stellen im Prozess auf dem Weg vom Wafer bis hin zur fertigen Leiterplatte steuern, damit sie Fehler früher identifizieren können. Der Schlüssel liegt darin, kontinuierlich mehr Prüfschritte hinzuzufügen, ohne die Gesamtzeit für die Prüfung zu verlängern. Die dafür eingesetzten Bildverarbeitungssysteme müssen eine höhere Auflösung bieten und gleichzeitig die Dauer der Inspektion verkürzen.

Bei integrierten Schaltungen können Merkmale im Nano-Bereich kleiner werden als die üblicherweise verwendeten sichtbaren oder sogar als UV-Wellenlängen. Die für die Erkennung und Quantifizierung erforderliche Präzision kann sich dem tatsächlichen Rauschpegel von Sensoren oder sogar den grundlegenden Funktionsprinzipien nähern. Lösungen erfordern daher neue Ansätze, wie z. B. extreme UV-Beleuchtungen und eine entsprechend präzise Bildgebung. Dies erhöht auch die Anforderungen an die nachgelagerten Komponenten wie die Bildverarbeitungshard- und -software, mit denen die aufgenommenen Bilder für die Entscheidungsfindung umgewandelt und analysiert werden.

Bei Leiterplatten hat die neue Komplexität von Design und Fertigung zu immer subtileren Fehlern geführt. Die Hersteller müssen heute eine Vielzahl von Fehlern, wie u.a. gebrochenes Material, Abrieb, Verunreinigungen, Bruchstücke und Luftblasen erkennen. Die herkömmliche manuelle Inspektion oder regelbasierte Bildverarbeitungssysteme sind dieser Aufgabe u.U. nicht mehr gewachsen. Regelbasierte Bildverarbeitungstechniken sind bei PCB-Komponenten, die große Unterschiede in Form, Farbton, Kontrast und Textur aufweisen, nicht immer zuverlässig. Die Entwicklung eines robusten Inspektionssystems mit herkömmlichen Algorithmen ist dann nicht mehr praktikabel. Infolgedessen nutzen die Hersteller immer öfter KI-Funktionalitäten als Ergänzung für Aufgaben, bei denen herkömmliche Methoden versagen. KI-Algorithmen können an verschiedenen Mustern defekter und nicht defekter PCB-Komponenten trainiert werden, um einen hohen Grad an Präzision bei der Klassifizierung von Komponenten zu erreichen.

Bild 3  |  Die Softwarepakete Sapera, Sherlock und Astrocyte von Teledyne ermöglichen eine Kombination aus regelbasierten und KI-basierten Algorithmen.
Bild 3 | Die Softwarepakete Sapera, Sherlock und Astrocyte von Teledyne ermöglichen eine Kombination aus regelbasierten und KI-basierten Algorithmen. Bild: Teledyne Dalsa


KI-basierte Bildgebung


Ein Halbleiter-OEM stand vor dieser Herausforderung, die zu einem Anstieg fehlerhafter Teile führte, die im AOI-Prozess des Unternehmens unentdeckt blieben. Um das Problem zu lösen, implementierte er die Software Sapera mit Astrocyte von Teledyne. Die neue Inspektionslösung kombiniert damit nun regelbasierte Algorithmen und KI-Funktionen in einer AOI-Anlage. Mit Hilfe dieser KI-Software-Tools erreichte er eine Genauigkeit von 98% bei der kontinuierlichen Klassifizierung mit einer Geschwindigkeit von 12 bis 14ms für 200 Bilder und eine Genauigkeit von 100% bei einer Trainingsmenge von 453 guten und elf Bildern von schlechten Musterteilen. Darüber hinaus konnte das Unternehmen eine Genauigkeit von 99,62% bei 259 Bildern und eine Geschwindigkeit von 20ms für die Objekterkennung erreichen, wenn gleichzeitig nach mehreren Fehlern in einem Bild gesucht wurde.

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: LMI Technologies GmbH
Bild: LMI Technologies GmbH
Smart 3D Coaxial Line Confocal Sensors

Smart 3D Coaxial Line Confocal Sensors

LMI Technologies new Gocator 4000 series introduces coaxial line confocal sensor technology to provide high-speed, high-resolution, and versatile 3D inline inspection performance with angular range (Max. slope angle up to +/-85°). The sensors have 1,920 points/profile for shadow-free 3D measurement and inspection, resolutions up to 1.9µm, a FoV up to 5.0mm and speeds up to 16kHz.

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
Qualitativ gut

Qualitativ gut

Viel war im Vorfeld der Messe darüber gerätselt worden, wie die Control dieses Jahr ohne zahlreiche große Aussteller laufen würde. Mit 475 Aussteller in zwei Hallen – davon 38% aus dem Ausland – und 13.149 Fachbesuchern überraschend gut. Anbei einige der Messe-Highlight im Überblick.

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
Robot Vision Webinar

Robot Vision Webinar

Am Dienstag den 28. Mai findet ab 14 Uhr das inVISION TechTalks Webinar ‚Robot Vision‘ statt. Dort stellen IDS (Machine Vision for Robotics – Technologies & Applications) und Roboception (Intelligent 3D robot vision plattform for end-users and distributors).

Bild: EMVA
Bild: EMVA
EMVA 1288 Standard Online Training

EMVA 1288 Standard Online Training

Am 18. Juni sowie am 3. Dezember findet ein dreitägiger Online-Kurs zur Norm 1288 der European Machine Vision Association (EMVA) statt. Ziel des Trainingskurses ist u.a. die vertiefte Kenntnis über die Grundlagen der neuen Version 4.0 sowie das Sammeln von praktischen Erfahrungen.

Bild: Mahr GmbH
Bild: Mahr GmbH
Mahr Innovation Days 2024

Mahr Innovation Days 2024

Am 12. bis 13. Juni findet in Göttingen bei Mahr die Innovation Days 2024 statt. Dabei stellt die Firma zahlreiche Neuheiten zur Oberflächenmessung und Messtechnik vor und gibt an beiden Tagen in zahlreichen Vorträgen einen Überblick über aktuelle Trends und Produkte.