Klassifizierung von Gemälden

Messen von Kreativität

 Errechnete Kreativitätspunkte (y-Achse) für Gemälde zwischen den Jahren 1400 und 2000 (x-Achse), welche die höchsten Punktwerte ausgewählter Gemälde in den einzelnen Epochen zeigen. (Bild: xxx)

Bild 3: Errechnete Kreativitätspunkte (y-Achse) für Gemälde zwischen den Jahren 1400 und 2000 (x-Achse), welche die höchsten Punktwerte ausgewählter Gemälde in den einzelnen Epochen zeigen. (Bild: ©Wikimedia Commons/gemeinfrei / ©Roy Lichtenstein)

In letzter Zeit konzentrierte sich die Forscher auf das Entwickeln von Algorithmen zum Messen von Kreativität in der Kunst. Das Projekt stützt sich auf eine weit verbreitete Definition, die ein Objekt als ‚kreativ‘ identifiziert, wenn es sowohl neuartig als auch einflussreich ist. Nach dieser Definition unterscheidet sich ein kreatives Gemälde von vorher entstandenen Gemälden (es ist neuartig), ähnelt jedoch Gemälden, die danach entstanden sind (es ist einflussreich). Beim Bearbeiten dieser Problemstellung kamen erneut die Matlab-Algorithmen zur Ermittlung von Ähnlichkeiten zwischen Gemälden zum Einsatz. In Matlab wurde ein Netzwerk erstellt, in dem die Eckpunkte Gemälde sind und jede Ecke eine Ähnlichkeit zwischen zwei Gemälden an ihren Eckpunkten repräsentiert. Durch eine Reihe von Transformationen innerhalb dieses Netzes stellten man fest, dass es sich bei diesem Verfahren – dem Ziehen von Rückschlüssen auf die Kreativität mittels eines Graphen – um eine Problemstellung der Netzzentralität handelt, die mit Matlab gelöst werden kann. Die Kreativitätsalgorithmen wurden mit zwei Datensätzen getestet, die über 62.000 Gemälde enthalten. Der Algorithmus ergab hohe Punktwerte bei mehreren Werken, die von Kunsthistorikern sowohl als neuartig, als auch als einflussreich angesehen wurden. Einige dieser Werke sind in Bild 3 aufgeführt: Edvard Munchs ‚Der Schrei‘ (1893) und Pablo Picassos ‚Les Demoiselles d’Avignon‘ (1907). In derselben Epoche ergaben mehrere Gemälde von Kasimir Malewitsch einen noch höheren Punktwert als Picassos Werk. Dieses Ergebnis überraschte anfangs. Allerdings ergaben Nachforschungen, dass Malewitsch der Gründer der Suprematismus-Bewegung war, eine der frühesten Entwicklungen abstrakter Kunst. Zur Durchführung einer Basisvalidierung des Algorithmus wurde das Datum bestimmter Kunstwerke geändert, wodurch sie in der Zeit zurück oder nach vorne verschoben wurden. Bei diesem Zeitmaschinen-Experiment zeigte sich, dass sich die Kreativitätspunkte impressionistischer Kunstwerke, die in das 17. Jahrhundert zurückversetzt wurden, erheblich erhöhten und die Punkte barocker Werke, die in das 20. Jahrhundert verlagert wurden, erheblich verringerten. Die Algorithmen bildeten also korrekt ab, dass das, was vor 300 Jahren kreativ war, heute nicht mehr kreativ ist und dass sich bei heutigen kreativen Werken der Kreativitätsgrad erhöhen würde, wenn sie bereits in der Vergangenheit eingeführt worden wären. Das Matlab-Framework zur Identifizierung von Ähnlichkeiten und zur Messung von Kreativität ist nicht alleine auf die Kunst beschränkt. Man kann es ebenso für Literatur, Musik oder andere kreative Bereich everwenden, sofern einzelne Werke so decodiert werden können, dass sie für Algorithmen erschließbar sind.

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inVISION 5 2016
The MathWorks GmbH

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