Die Herausforderung, der sich die Forscherinnen und Forscher am Center for Vision, Automation & Control am AIT Austrian Institute of Technology stellten, war ein vorrangig handgeführtes Messsystem zu entwickeln, das neben der 3D-Vermessung von engen, schwer zugänglichen Hohlräumen und Bohrungen mit geringen Durchmessern (<10mm) auch die Vermessung von kleinen Objekten und Bauteilen mit Abmessungen von wenigen Millimetern möglich macht. Die 3D-Messlösung sollte daher eine kleine Baugröße haben, Messabstände von nur wenigen Millimetern erlauben und eine Anpassung der Projektionslichtwellenlänge/-leistung zulassen, um auf unterschiedliche Oberflächenreflexionseigenschaften reagieren zu können.
Stereoskopie im Miniaturformat
Das Ergebnis – der 3D-Oberflächenscanner TinyScan – ist ein höchst performantes stereoskopisches 3D-Messsystem. Er besteht aus einer Kamera und einem Projektor mit statischer Lichtmusterprojektion, das speziell an die jeweilige 3D-Vermessungsapplikation angepasst wird. Das projizierte Lichtmuster ermöglicht den Einsatz auch für schwach oder nicht texturierte Oberflächen. Der Scanner ist gerade mal 3,2×1,6×4,5mm klein und speziell für den handgeführten Einsatz geeignet. Lediglich ein sechspoliges Kabel ist zur Videobilddatenübertragung und Stromversorgung erforderlich. Dadurch sind Leitungslängen von bis zu zwei Metern zwischen 3D-Messkopf und einer Interfaceelektronik realisierbar, welche die Daten über USB an einen Datenverarbeitungscomputer überträgt.
3D-Messabweichung von rund 30µm
Mit dem TinyScan360° sind handgeführte 3D-Oberflächenvermessungen in einem Messabstand zwischen 3 und 10mm zur Objektoberfläche möglich. Das resultierende Messfeld besitzt im Nominalabstand von 6,5mm eine Messfläche von rund 5x5mm. Die mittlere 3D-Messabweichung einer einzelnen 3D-Stereorekonstruktion liegt bei rund 30µm. Messframeraten von mindestens 20fps sind mit einem Standard-PC erreichbar. Um größere Bereiche zu vermessen wird der Sensorkopf über das Messfeld geführt und aufeinander folgende 3D-Stereorekonstruktionen ohne Informationen zur jeweiligen Messsystempose in Echtzeit zu einem 3D-Gesamtoberflächenmodell zusammengefügt. Die Messergebnisse stehen als 3D-Punktewolke oder 3D-Mesh zur Verfügung. Sein modularer Aufbau ermöglicht die einfache Kombination mehrerer Sensorköpfe z.B. für die gleichzeitige Messung in unterschiedliche Blickrichtungen. Optionale Lichtquellen ermöglichen zusätzlich zur 3D-Vermessung der Hohlräume auch das Generieren von Überblicksbildern und die Detektion von Oberflächenfehlern. Für die handgeführte Verwendung wird der Scanner um ein sogenanntes Orientierungskamerasystem erweitert – mit Blick auf die äußere Umgebung der zu vermessenden Stelle – und garantiert so höchste Messgenauigkeit. Alle Systeme sind dabei exakt zueinander kalibriert und tragen zu einem präzisen und umfassenden 3D-Modell bei.
Innenbohrungen und Gehörgänge
Das System besticht durch seine miniaturisierte Scannergröße sowie durch eine präzise 3D-Modellgenerierung. Der Scanner ist klein genug, um dort zu prüfen, wo andere Sensoren nicht hinkommen. Das macht ihn zum idealen Instrument für die 3D-Vermessung von Objekten und Hohlräumen (z.B. Bohrungen und Innengewinde), die aufgrund ihrer minimalen Größe, Lage, Geometrie und Oberflächeneigenschaften bisher für berührungslose Messsysteme ein Problem darstellten. Der TinyScan360° schließt damit eine Lücke in der 3D-Vermessung und Inspektion für schwer zugängige Objekte. Im handgeführten Einsatz wird er für die rasche und exakte Vermessung des Gehörganges eingesetzt und ermöglicht so beispielsweise die individuelle Anpassung moderner Hörgeräte.