Systemcharakterisierung

Systemcharakterisierung

Bestimmung der Linearität und Empfindlichkeit eines
CCD-Kamera-Objektiv-Systems

Bei Einbindung einer Kamera als Detektor in einen Messaufbau, ist es erforderlich, diese zuvor verschiedenen Testreihen zu unterziehen. Die vorgestellte Charakterisierung einer 8-bit CCD-Kamera in Bezug auf ihre Linearität und Empfindlichkeit dient dazu, jedem digitalen Grauwert der Kamera zwischen 0 und 255 einen Leistungswert in µW zuzuordnen. Dabei wird für jedes Pixel eine eigene Kennlinie erstellt und aus den Daten der lineare Bereich sowie die Lichtempfindlichkeitsverteilung des Kamera-Objektiv-Systems durch Gradientenbildung berechnet.
Die Charakterisierung der Linearität und der Empfindlichkeit der Kamera ist angelehnt an den EMVA 1288 Standard. Statt zwei werden jeweils zehn Bilder zur genaueren Ermittlung der Messwerte herangezogen. Des Weiteren erfolgt die Betrachtung im Gegensatz zu Standard-Verfahren für jedes Pixel einzeln. Dies erhöht die Aussage des Testverfahrens und erlaubt die Erstellung von auf den Pixel genauen Linearitäts- und Empfindlichkeitsverläufen über der gesamten Kamera-Chipfläche. Da jede in den Strahlengang eingebrachte Komponente einen großen Einfluss auf die Lichtübertragungseigenschaften des Gesamtsystems und damit auf das Messergebnis hat, sollte immer eine Charakterisierung des Gesamtsystems, hier aus Kamera und Objektiv (statt nur der Kamera), durchgeführt werden. Durch den Abgleich mit Referenzwerten eines schon kalibrierten Systems, wie in diesem Fall eines Silizium-Photodetektors, kann jedem digitalen Grauwert jedes einzelnen Pixels der Kamera eine definierte Lichtleistung in µW zugeordnet werden.

Kamerabeschreibung und -voreinstellungen

Die hier verwendete 8bit, 1.280x960Pixel Interline-Transfer-CCD-Farbkamera mit einer Pixelgröße von 4,65×4,65µm² kann per USB2.0-Anschluss mit einem PC verbunden und über LabView gesteuert werden. Die Ladung jedes Pixels wird für alle Pixel gleichzeitig jeweils seitlich in einer abgedeckten Zelle zwischengespeichert. Im ‚Progressive Scan‘-Modus werden die Ladungen dann nacheinander über ein Transferregister in den Ausleseverstärker verschoben und ausgewertet. Die Belichtungszeit kann somit elektronisch gesteuert werden. Der Sensor verfügt über eine zusätzliche HAD (hole accumulation diode) Schicht, die unter dem Bildsensor positioniert ist und positive Ladungsträger bindet, was zu einer Erhöhung der Sensitivität und einer Reduktion des Rauschens führt. Die Kamera eignet sich als Testobjekt für diverse Untersuchungen. Sie besitzt keine Temperatur-Kompensation und keine Kühlung und ist somit anfällig für thermischen Drift der digitalen Grauwerte, des Dunkelstroms, des Dynamikbereichs und der spektralen Empfindlichkeit. Damit eignet sie sich nur unter strenger Kontrolle der Umgebungs- und Messbedingungen für messtechnische Aufgaben. Der Chip der Kamera ist mit einem Bayerfilter überzogen, der das auftreffende Licht nach den Farbanteilen grün, rot und blau filtert. Die Farbfilter sind im Schachbrettmuster angeordnet. Die Hälfte aller Pixel besitzt einen grünen Farbfilter, je ein Viertel entfällt auf die rot bzw. blau gefilterten Pixel. Die Farbinterpolation kann mit Hilfe der in LabView geschriebenen Software ausgeschaltet werden. Die Bilder werden dann im Rohformat aufgezeichnet. Für bestimmte Anwendungen ist es interessant, nur eine bestimmte Farbkomponente zu betrachten. Die Software erlaubt es, nur die Information der Pixel mit der gewünschten Farbe zu berücksichtigen und damit die Recheneffizienz erheblich zu steigern. Dafür werden die Pixel einzeln ausgewählt und in eine neue, für die Farben Rot oder Blau z.B. mit 640x480Pixel nur noch ein Viertel so große Bildmatrix wie ursprünglich geschrieben. Um die Rechenzeit weiter zu verkürzen, kann für die Bildauswertung nur derjenige Pixelbereich auf dem Chip ausgewählt werden, der die relevante Bildinformation enthält, der sogenannte ROI (range of interest). Für zuverlässige Messungen unter stetig gleichbleibenden Bedingungen müssen sämtliche Bildaufnahme-Eigenschaften wie Helligkeit, Kontrast, Belichtungszeit, Verstärkung, Sättigung etc. auf dem jeweils gleichen Wert gehalten werden. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Umgebungstemperatur, die Einstrahlleistung des zu messenden Signals sowie die Betriebsdauer der Kamera einen Einfluss auf den thermischen Drift der Kamera haben.

Charakterisierung der Kamera

Die Charakterisierung erfolgt mit Hilfe des in Bild 2 gezeigten Aufbaus. Für die in diesem Fall gewählte Anwendung der Kamera als Detektor zur Charakterisierung kleiner Strukturen im µm-Bereich, wird ein Objektiv an dem Kameragewinde angebracht. Da jede optische Komponente die Lichtübertragungseigenschaften des Gesamtsystems signifikant verändern kann, wird die Kamera-charakterisierung mitsamt dem Objektiv durchgeführt. Das Gesamtsystem sollte nach der Charakterisierung nicht mehr verändert werden, in diesem Fall beispielsweise sollte das Objektiv nicht mehr ab- und wieder angeschraubt werden. Die homogene Ausleuchtung des Kamera-Objektiv-Systems gewährleistet ein Projektor, dessen Leistung konstant gehalten wird, um eine konstante Spektralverteilung des abgestrahlten Lichtes zu gewährleisten. Um die Abhängigkeit des Kameraausgangssignals von der eingestrahlten Lichtleistung zu erfassen, wird das Licht des Projektors mit Hilfe von zehn Graufiltern, welche die Spektralverteilung des eingestrahlten Lichtes nicht beeinflussen, nacheinander in der Lichtintensität variiert. Da die Linearität lichtwellenlängenabhängig ist, wird die Charakterisierung in diesem Beispiel für eine Wellenlänge von 635nm durchgeführt. Dazu wird das weiße, diffuse, homogene Licht des Projektors mit einem Bandpassfilter der Wellenlänge 635±2nm gefiltert. Beide Filtertypen sind in unmittelbarem Kontakt zum Kamera-Objektiv-System aufgebaut und genügend groß, um eine Abschattung des eingestrahlten Lichtes in den Randbereichen des Objektivs zu verhindern. Für jeden ND-Filter i werden mit der Kamera jeweils zehn Bilder aufgenommen und je ein Mittelwert über die zehn Bilder für jedes Pixel und jeden ND-Filter einzeln berechnet. Die Mittelwerte dienen als Ordinatenwerte in Bild 1. Die Referenzleistung wird mit einem Silizium-Sensor aufgezeichnet, der vor dem Wechsel zum neuen ND-Filter anstelle des Kamera-Objektiv-Systems montiert wird. Mit dem Referenzsensor werden für jeden ND-Filter i 100 Messwerte aufgezeichnet und jeweils der Mittelwert errechnet. Dieser ist in Bild 1 auf der Abszisse aufgetragen. Damit kann für jedes Pixel einzeln eine charakteristische digitale Grauwertkurve ermittelt werden, die einem gemessenen digitalen Grauwert zwischen 0 und 255 eine eindeutige Lichtleistung in µW zuordnet. Digitale Grauwerte sind einheitslos; zur besseren Zuordnung werden die Grauwertzahlen im Folgenden mit einem DN (engl. digital number) gekennzeichnet. In Bild 1 sind die Kennlinien für alle Pixel im ausgewählten ROI aufgetragen. Zu erkennen ist das lineare Verhalten der Kamera im digitalen Grauwert-Bereich zwischen ca. 50 und 180DN. Unter 50DN wird das Messsignal vom Dunkelstrom überlagert. Der Dunkelstrom steigt in guter Näherung exponentiell mit der Temperatur und linear mit der Belichtungszeit an. Bei Raumtemperatur wurde der Dunkelstrom µy.dark für sechs unterschiedliche Belichtungszeiten zwischen 1 und 20s aufgenommen und zu 0,0059DN/s bestimmt, wobei bei einer Belichtungszeit von 20s für einzelne Pixel Werte über 40DN gemessen wurden. Über einem Grauwert von 180DN flacht die Kurve ab, die Empfindlichkeit geht zurück und die Kamera in Sättigung. Für eine zuverlässige Messung sollte deshalb der DN-Bereich zwischen 50 und 180 gewählt werden. Außerdem ist zu sehen, dass die Steigung der Kurven im linearen Bereich stark streut, das heißt, die Pixel reagieren unterschiedlich auf die eingestrahlte Leistung. Dieser Umstand macht es notwendig, dass im Betrieb gemachte Bilder der folgenden Rechenoperation für jedes Pixel unterzogen werden müssen

(yPixel-y0)*xi/yi,Pixel = xPixel, wobei yPixel der gemessene DN, y0 der Ordinatenabschnitt der Geradenkennlinie des Pixels, xi/yi,Pixel der Kehrwert der mittleren Steigung des linearen Bereiches, errechnet durch Mittelwertbildung über alle Steigungen zwischen jeweils benachbarten Punkten i, und xPixel der korrekte Leistungswert in µW. In Bild 3 ist für jedes Pixel des CCD-Kamerachips die zugehörige mittlere Steigung yi,Pixel/xi, im linearen Bereich aufgezeichnet, das heißt, der Mittelwert der Gradienten zwischen benachbarten Punkten i einer charakteristischen Pixel-Kurve aus Bild 1. Der Einfluss des Objektivs auf die Empfindlichkeit der Pixel ist deutlich zu erkennen. Die Empfindlichkeit ist in der Mitte etwa doppelt so groß wie am Rand. Die Empfehlung sollte deshalb sein, in einem Bereich mit einer ähnlichen Empfindlichkeit zu messen. Durch Anwendung der zuvor geschilderten Rechenoperation ist es aber nicht zwingend erforderlich. Bei einer Standard-Linearitäts- und Empfindlichkeitsbetrachtung wird typischerweise über den gesamten Pixelbereich gemittelt. Würde diese Art der Betrachtung im vorliegenden Fall angewendet, würde ein zu vernachlässigender Linearitätsfehler LE von 3,25×10-15 errechnet, der die tatsächliche Situation der Streuung der Empfindlichkeiten jedoch nicht abbildet.

TU Technische Universität Hamburg-Harburg

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