Expertenrunde: Hyperspectral Imaging – Wo sind die Anwendungen?

Wo liegen derzeit noch die Grenzen und wo werden wir zukünftig (mehr) HSI-Systeme sehen?

Kerschhaggl: Ich erwarte noch deutlich mehr Anwendungen bei Drohnen und im Farmerbereich. Auf lange Sicht könnte der CMOS-Bereich die RGB-Kameras ablösen, vielleicht sogar im Fotobereich, weil man jede gewünschte Filterkurve softwaretechnisch synthetisieren kann. Wenn der Preis weiter runter geht, wird die Technologie auch mehr zum Einsatz kommen.

Prayagi: Viele Kunden sind bereits sehr interessiert an Hyperspectral und sehen einen Mehrwert. Wenn der Preis in einen Bereich unter 10.000? kommt, dann ist das ein direkter Wettbewerb zu hochwertigen Standard-Bildverarbeitungskameras und dann werden sich auch mehr Anwendungen ergeben.

Schwider: Sicherlich ist alles preisgetrieben, aber es steht und fällt mit den Breitenanwendungen, also dem Verstehen der Spektren.

Makowski: Wo wir viel Bewegung im Markt erwarten, ist im Bereich Imager-Kameras.

Felsheim: Ich sehe das größte Hindernis nicht im Preis. Wir sind bereits bei Preisen, mit denen wir in margensensitiven Industrien sehr erfolgreich sind, z.B. im Drohnenbereich. Auch in der Medizinindustrie kann HSI zu diagnostischen Zwecken neue Möglichkeiten eröffnet. So konnte eine EU-Forschungsgruppe erfolgreich zeigen, dass während Hirntumor-Operationen tumoröses von gesundem Gewebe mit HSI unterschieden werden kann.

Kerschhaggl: In der Tat spielt der Preis nur dort eine Rolle, wo HSI bereits fest etabliert ist. @Interview – Frage: Wird HSI irgendwann die selbe Erfolgsgeschichte erleben wie eine Thermografie und auch im Smartphone landen?

Makowski: Thermografie ist ein sehr einfaches Verfahren. Ich bekomme einen Wert und habe damit eine Temperatur. HSI ist in diesem Sinne nicht einfach. Ich bekomme einen Vielzahl an Daten und muss diese erst analysieren. Deswegen sehe ich z.B. HSI für Handyapplikationen kritisch, da ich weder kontrolliertes Licht, tendenziell schlechte Kameras und kleine Linsen habe. Zudem steht für die Auswertung der Daten relativ wenig Rechenpower zur Verfügung. Zudem fehlt noch der Usecase.

Kerschhaggl: Es gibt Firmen, die bereits daran arbeiten, dass ich mit dem Handy in den Supermarkt gehe, um dort den Reifegrad von Obst und Gemüse zu bestimmen. Das funktioniert zwar derzeit noch nicht, aber die Vision ist der erste Schritt. Ich bin aber zuversichtlich, dass die Beleuchtungssituation mit AI lösbar ist.

Schwider: Das Beleuchtungsproblem ist den Handyherstellern bekannt und es werden auch bereits geeignete Beleuchtungsquellen entwickelt. Diese könnten dann auch für die Machine Vision interessant sein. Bei den Handy-Applikationen werden die Anwender aber nicht einen Apfel oder eine Tomate aus einem Meter Abstand prüfen können, dort habe ich dann zu viel Störlicht, sondern man wird das Handy aufsetzen und nachschauen, ob in der Tomate z.B. ein Pestizid enthalten ist.

Prayagi: Es gibt von einer skandinavischen Firma bereits ein Konzept für HSI mit Smartphones. Dort gibt es entsprechende Algorithmen, die viele Probleme der Beleuchtung mathematisch lösen. Allerdings nur für den sichtbaren Bereich. @Interview – Frage: Was wünschen Sie sich, damit HSI noch erfolgreicher wird?

Kerschhaggl: Mein Wunsch ist, dass die potentiellen Kunden mehr über die Technologie erfahren, weil die Technologie marktreif ist und funktioniert. Das größte Problem ist immer noch, dass die Leute zu wenig über das Potential von HSI wissen.

Prayagi: Wir als Kamerahersteller wünschen uns, dass die Sensoren schneller und hochauflösender in der räumlichen Auflösung werden. Ein weiterer Wunsch ist mehr Knowhow bei den Anwendern über die Integration.

Schwider: Zu den Wünschen eines Kameraherstellers gehören immer gute Sensoren. Allerdings ist das nicht das einzige, was man für HSI benötigt, sondern auch entsprechende Beleuchtungen. Auch eine gute Optik ist wichtig, z.B. Breitbandentspiegelungen. Zudem sind für den erfolgreichen Einsatz von HSI offene und standardisierte Spektrenkataloge notwendig.

Makowski: Für uns als Softwarehersteller ist die Verfügbarkeit von Hardware wichtig. Licht ist ein weiteres Thema. Halogenlampen gibt es derzeit noch, aber wie lange werden wir sehen. Was ich mir von Kundenseite wünsche, wäre schnellere Entscheidungen. Wir müssen uns aber auf Anwendungen fokussieren und nicht auf die Technologie, sonst kreieren wir einen Hype, der dann nicht alles erfüllen kann, was die Leute erwarten.

Felsheim: Wir haben in den letzten Jahren einen sehr großen Fortschritt bei CMOS-Sensoren für den Wellenlängenbereich bis 1000nm gesehen. Ich wünsche mir, dass wir ebenso eine deutliche Weiterentwicklung bei den Sensoren für den nahen – also bis 1800nm – und den mittleren Infrarot Bereich bis 2500nm bekommen. Am meisten aber wünsche ich mir neugierige Kunden, die erkennen, dass mit dieser zusätzlichen Dimension des Lichtes viel mehr zu machen ist, und HSI einfach mal ausprobieren.

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inVISION 4 2019
EVK DI Kerschhaggl GmbH

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