Baumstämme identifizieren, ohne diese zu markieren

Ein markierungsfreies Identifizierungsverfahren soll bald die individuelle Rückverfolgung von Baumstämmen oder Stammteilen sichern - von der Ernte im Wald bis zur Vermessung im Sägewerk. Speziell hierfür optimiert das Fraunhofer IPM sein Track&Trace Fingerprint-Verfahren, um Baumstämme anhand von Oberflächenstrukturen an den Sägeflächen eindeutig zu identifizieren.
Bild 1 | Das Fraunhofer IPM entwickelt zusammen mit Partnern ein Verfahren zur Baumstammidentifizierung, das ganz ohne Markierungen auskommt. Die heute üblichen Zeichen oder Nummerierplättchen genügen nicht mehr den Ansprüchen einer modernen Holzwirtschaft
Bild 1 | Das Fraunhofer IPM entwickelt zusammen mit Partnern ein Verfahren zur Baumstammidentifizierung, das ganz ohne Markierungen auskommt. Die heute üblichen Zeichen oder Nummerierplättchen genügen nicht mehr den Ansprüchen einer modernen HolzwirtschaftBild: Fraunhofer-Institut IPM

Mit Track&Trace Fingerprint hat das Fraunhofer IPM bereits erfolgreich Systeme zur Rückverfolgbarkeit für Massenbauteile entwickelt, die eine individuelle Wiedererkennung in Produktionsumgebungen ermöglichen. Die Authentifizierungs-Technologie basiert darauf, dass fast alle Bauteile eine mikroskopisch individuell ausgeprägte Oberflächenstruktur oder Farbtextur besitzen – einzigartig wie ein Fingerabdruck. Zur Identifizierung wird ein definierter Bereich des Bauteils ausgewählt und mit einer Industrie-Kamera hochaufgelöst aufgenommen. Aus der Bildaufnahme mit ihren spezifischen Strukturen und deren Position wird dann eine numerische Kennung errechnet und einer ID zugeordnet. Gleiches soll in Kürze bei Baustämmen mithilfe von Oberflächenstrukturen an Sägeflächen funktionieren.

Bild 2 | Die Track&Trace-Fingerprint-Identifizierungssysteme werden bereits erfolgreich in 
Produktionsumgebungen zur markierungsfreien Rückverfolgung eingesetzt.
Bild 2 | Die Track&Trace-Fingerprint-Identifizierungssysteme werden bereits erfolgreich in Produktionsumgebungen zur markierungsfreien Rückverfolgung eingesetzt. Bild: Fraunhofer-Institut IPM

Oberflächenstruktur des Holzes als Fingerabdruck

In der Holzwirtschaft ist es bislang üblich, Baumstämme mit Zeichen oder Nummerierplättchen zu markieren. Dies ist weder eindeutig noch fälschungssicher und genügt nicht mehr heutigen Ansprüchen, nachhaltig und transparent zu wirtschaften. Das Fraunhofer IPM entwickelt daher im Projekt DiGeBaSt (Digitalisierung Gefällter BaumStämme) zusammen mit Partnern ein markierungsloses Verfahren zur Baumstammidentifizierung für die individuelle Rückverfolgung von Baumstämmen oder Stammteilen. Damit wird eine fälschungssichere Zuordnung zu einzelnen Waldbesitzern möglich, trotz Vermengung während der Ernteprozesse. Das macht die Abrechnung des geernteten Holzes auch bei einer gemeinschaftlichen Vermarktung transparent. Durch Verknüpfung der Kennzeichnungsdaten mit geografischen Daten und weiteren Informationen, die entlang der gesamten Prozesskette vom Wald bis ins Werk gewonnen werden, entsteht eine Datengrundlage zum Controlling in der Forstwirtschaft.

Das Verfahren nutzt die individuellen Oberflächen-Strukturen an Sägeflächen als Fingerabdruck und kommt so ohne jegliche Markierung auf dem Holz aus. Kameraaufnahmen von Schnittflächen werden zur Identifikation auf eine simple Bitfolge reduziert. Der spätere Abgleich erfolgt über eine erneute Bildaufnahme desselben Areals und die entsprechende Bitfolge. Die Speicherung einer reduzierten Bitfolge anstelle des gesamten Bildes ermöglicht eine schnelle Identifikation auch aus tausenden erfassten Baumstämmen. Darüber hinaus ist das neue Verfahren unempfindlich gegenüber lokalen Beschädigungen wie nachträglicher Kratzer oder Flecken. Die ID-Bitfolgen werden in einer Cloud verarbeitet und dezentral zur Verfügung gestellt.

Bild: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Baumstämme sind keine Massenbauteile

In der Vergangenheit wurde das Track&Trace Fingerprint-Verfahren bereits erfolgreich als Inline-Pilotinstallation in verschiedenen Automobilzuliefererfirmen integriert. Die Anforderungen sind hierbei jedoch andere als in der Forstwirtschaft: In einer vollautomatisierten Produktionslinie werden sehr eng tolerierte Bauteile in definierter Orientierung vor eine Kamera gehalten. Die Herausforderung besteht in diesem Fall darin, völlig gleich aussehende Bauteile anhand der Mikrostruktur auseinander zu halten. Zudem sind Produktionsprozesse, die das Aussehen der Oberfläche verändern, typischerweise gut genug bekannt, um den Linieneinsatz des Track&Trace Fingerprint-Verfahrens entsprechend zu planen. In der Forstwirtschaft dagegen sind die Randbedingungen nicht bekannt: Baumstämme sind keine gleichartigen Bauteile, sondern sehr unterschiedlich. Auf den ersten Blick sollte die Unterscheidung also einfacher sein. Doch die Herausforderungen bei der Umsetzung im Forstumfeld sind kompliziert: Zum einen muss das Kamerasystem den rauen Umgebungsbedingungen im Forst standhalten. Zum anderen darf das fotografische Erfassen der Baumstamm-Stirnfläche den Ernteablauf nicht beeinträchtigen. Zudem müssen die genaue Orientierung und Positionierung der Stirnflächen im Bild sowie unterschiedliche Witterungsbedingungen berücksichtigt werden. Wird ein Baumstamm gelagert, verändert sich die Stirnfläche durch die Witterung und Verschmutzung. Ob und wie gut die Wiedererkennung funktioniert, wenn es sich dabei nicht nur um eine lokale Veränderung handelt, wird derzeit noch untersucht.

www.ipm.fraunhofer.de

Das Projekt DiGeBaSt (Digitalisierung Gefällter BaumStämme) läuft vom 1. April 2021 bis zum 31. März 2023. Verbundpartner sind die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg FVA, Fraunhofer IPM, HSM Hohenloher Spezial-Maschinenbau, ForstBW A.ö.R. (Projektkoordinator) und die Karl Streit. Das Projekt wird im Rahmen des Förderprogramms Digital GreenTech des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen 0033D013C) gefördert.

Fraunhofer-Institut IPM

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