TITELSTORY: Optimale Ergebnisse mit Flüssiglinsen-Objektiven

TITELSTORY: Optimale Ergebnisse mit Flüssiglinsen-Objektiven

Flüssiglinsen sind nach wie vor eines der aktuellsten Themen, wenn es um Optik-Innovationen im Machine Vision Umfeld geht. Der folgende Beitrag gibt eine Übersicht über vorhandene Produkte und zeigt, was beim Einsatz von Flüssiglinsenobjektiven beachtet werden sollten.

Bild 1 | Immer mehr Objektive basieren auf Flüssiglinsen, sei es mit telezentrischen Objektiven, im Bereich Mikroskopie oder mit Festbrennweitenobjektiven. Allerdings gibt es einige Punkte beim Einsatz von Flüssiglinsen-Objektiven zu beachten. (Bild: Edmund Optics GmbH)


Immer mehr Hersteller sind mit Objektiven basierend auf den Flüssiglinsen von Optotune- oder Corning Varioptic am Markt vertreten, sei es mit telezentrischen Objektiven, im Bereich Mikroskopie oder mit Festbrennweitenobjektiven. Während im letzten Fachbeitrag die Technologien der beiden genannten Hersteller vorgestellt wurden (inVISION 1/20 S. 38 ‚Flüssiglinsentechnologien im Vergleich‘), gibt dieser Beitrag eine Übersicht über die verschiedenen Produkte und beleuchtet Aspekte, die beim Einsatz der verschiedenen Typen von Flüssiglinsenobjektiven beachtet werden sollten. Allgemein ist zu beachten, dass die Bildqualität mit zunehmender Größe des Fokussierbereichs abnimmt. Je größer der abzubildende Arbeitsabstandsbereich, desto stärker muss die Brechkraft der Flüssiglinse angepasst werden. Dies führt insbesondere dazu, dass ihr Beitrag zur sphärischen Aberration stark variiert, was sich nur bedingt durch die übrigen Optiken im System kompensieren lässt. Um die bestmögliche Performance zu erreichen, ist es daher notwendig zu verstehen, für welchen Arbeitspunkt (Dioptrienzahl) der Flüssiglinse das Objektiv ausgelegt ist.

S-Mount Objektive

Bei S-Mount Objektiven mit Flüssiglinse ergibt sich bei der Frage nach der optimalen Bildqualität eine weitere Komplikation. Anders als für C-Mount Objektive ist für den S-Mount kein Auflagemaß definiert, wodurch sie in der Regel auch keinen mechanischen Flansch haben, bis zu dem man die Objektive ‚auf Anschlag‘ auf eine Kamera schraubt. Die Objektive können daher auf zwei Arten fokussiert werden. Auf der einen Seite durch den ‚mechanischen Fokus‘, sprich das Heraus- bzw. Hereindrehen am Kameramount, auf der anderen Seite durch die Flüssiglinse. Um das optimale Ergebnis an Bildqualität zu erzielen, ist es aber notwendig zu wissen, wo beim Design des Objektivs die Schwerpunkte gesetzt wurden. Beispielsweise kann das Design so ausgelegt sein, dass das Objektiv die besten Ergebnisse erzielt, wenn man die Flüssiglinse ohne Brechkraft betreibt (0 Dioptrien). In diesem Fall sollte der mechanische Fokus so eingestellt sein, dass bei 0dpt an der Flüssiglinse ein scharfes Bild in der Mitte des benötigten Fokusbereichs entsteht. Das hierzu gehörige Auflagemaß ist jedoch ohne Einblick in das Optikdesign nicht ohne Weiteres zu bestimmen. Schließlich kann man die S-Mount Objektive nicht herein- bzw. herausschrauben während sie angeschlossen sind. Daher ist es einfacher, diese Information vorab beim Hersteller anzufragen. Alternativ können sich Kamera- und Objektivhersteller im Vorfeld der Produktentwicklung abstimmen: Ist dem Optikdesigner das mechanische Layout einer Platinenkamera bekannt, kann das Objektiv mit dem dazu passenden Auflagemaß entwickelt werden. In dem Fall kann man das Objektiv auch mit einem festen mechanischen Anschlag versehen, sodass der Nutzer das S-Mount Objektiv genau wie ein C-Mount Objektiv einfach auf die darauf abgestimmten Kameras schrauben kann, ohne sich weiter Gedanken zur Bildqualität machen zu müssen. Dies war die Herangehensweise bei der Entwicklung der M12-Flüssiglinsenobjektivserie von Edmund Optics, die auf die Autofokus-Kameras von IDS abgestimmt ist. Als weiteres Feature verfügt das Objektivgehäuse über zwei gegenüberliegende Schlitze für das Flachbandkabel der Flüssiglinse. Sollte sich nach dem Einbau des Objektivs herausstellen, dass die zum Kabel dazugehörige Buchse auf der Kameraplatine auf der gegenüberliegenden Seite liegt, kann der Nutzer einfach die vordere Baugruppe des Objektivs abschrauben und die Flüssiglinse um 180° drehen. Hierdurch wird der Zusammenbau des Kamera-Objektiv-Systems signifikant vereinfacht.

C-Mount Objektive

Der gleiche Sachverhalt gilt prinzipiell auch für C-Mount Objektive mit Flüssiglinse. Diese verfügen über ein definiertes Auflagemaß und einen mechanischen Anschlag. Entsprechend sind die meisten Objektive so ausgelegt, dass man sie ‚wie gewohnt‘ fest mit der Kamera verschraubt und die Fokussierung der Flüssiglinse überlässt. Dennoch kann es sein, dass gerade bei kurzen Arbeitsabständen bessere Ergebnisse erzielt werden, wenn mit einem Abstandsring geeigneter Dicke gearbeitet wird, um den mechanischen Fokus anzupassen und die Brechkraft der Flüssiglinse selbst so gering wie möglich zu halten. Um diesen Freiheitsgrad nicht zu verlieren, wurde die Cx Serie von Edmund Optics trotz des C-Mount Anschlusses ohne festen Flansch ausgelegt. Stattdessen wird ein Konterring verwendet, sodass für jede Anwendung der optimale mechanische Fokus genutzt werden kann, ohne bei der mechanischen Stabilität des Systems Abstriche machen zu müssen. Aber auch unabhängig vom Hersteller lohnt hier die direkte Nachfrage, damit unter Annahme der für die Anwendung zutreffenden Parameter die ideale Balance zwischen mechanischem Fokus und Flüssiglinsenfokus berechnet und verwendet werden kann. Bild 2 zeigt einen Vergleich der Abbildungsleistung eines Flüssiglinsenobjektivs. Unter ansonsten gleichen Bedingungen ist in Bild 2a die MTF-Kurve eines optimierten Systems zu sehen: Der mechanische Fokus wurde genutzt, um bei ‚flacher‘ Flüssiglinse (0dpt) auf 350mm Arbeitsabstand zu fokussieren. Die hintere Schnittweite, d.h. die Distanz zwischen der letzten Optik und der Bildebene, beträgt 13,7mm. Im Bild 2b wurde das Objektiv exemplarisch auf 500mm Arbeitsabstand optimiert: Mit 0dpt an der Flüssiglinse wurde zunächst eine hintere Schnittweite von 13,1mm festgelegt. Von diesem Arbeitspunkt aus wurde nun mit Hilfe der Flüssiglinse zurück auf 350mm fokussiert. Als Ergebnis erhält man eine durchweg geringere Bildqualität. Bei 150lp/mm liegt sowohl die MTF-Performance in der Bildmitte als auch die am Rand ca.10% niedriger als im optimierten System (Kontrast beträgt ~20% statt ~30%).

Bild 2a | MTF-Performance, optimiert bei 350mm Arbeitsabstand:
hintere Schnittweite 13,7mm, Flüssiglinse 0dpt (Bild: Edmund Optics GmbH)

Bild 2b | MTF-Performance bei 350mm Arbeitsabstand. Hintere Schnittweite 13,1mm, optimiert
für 500mm Arbeitsabstand. Per Flüssiglinse mit 0,1dpt zurück fokussiert auf 350mm. (Bild: Edmund Optics GmbH)

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