Präzisionsvergleich
Studie vergleicht optische und taktile Messtechnik
Nahezu alle wichtigen relevanten optischen Messverfahren sind in der Lage, die erste Stufe der messtechnischen Herausforderungen zu meistern, nämlich die Messung der Rautiefenormale mit einer relativ geringen Messabweichung darzustellen. Allerdings war keines der optischen Messverfahren bisher in der Lage, reale Oberflächen vergleichbar zu den bis jetzt anerkannten taktilen Verfahren zu messen. So gab es Abweichungen von teilweise weit über 100%. Ein an der Hochschule Magdeburg-Stendal durchgeführtes Forschungsprojekt untersuchte, welche Parameter und Vorgehensweisen nötig sind, um eine Abweichung taktil zu optisch (mit einem Weißlichtinterferometer) von kleiner als zehn Prozent bei realen Oberflächen zu ermöglichen.
An dem ZIM-Projekt (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand), das vom BMWi gefördert wurde, beteiligten sich die Zygolot GmbH und der Messtechnik-Dienstleister IO-MQS-Consulting. Grundlage waren mehr als 7.000 Messungen an Funktionsflächen realer Bauteile, die die Firmen Stähli Läpp Technik AG und Thielenhaus Technologies GmbH bereitgestellt hatten. Die taktilen Rauheitsmessungen erfolgten im Tastschnittverfahren mit einem Tastschnittgerät Typ Hommel-Etamic T8000R von Jenoptik, die optischen mit einem scannenden Weißlichtinterferometer Typ Zygo NewView 6300 der Zygo Corporation. Untersucht wurden u.a. geschliffene Funktionsflächen von Stahlteilen. Für den Verleich waren völlig neue Wege einer umfassenden Beurteilung nötig, um alle wichtigen Einflussgrößen praxisnah mit der Methode der Prüfprozesseignung nach VDA 5 Ausgabe 2010 in einfacher Art und Weise zu berücksichtigen. Will man die auf unterschiedliche Weise gemessenen Oberflächenkenngrößen miteinander vergleichen, muss man zudem die Besonderheiten der Messprinzipien berücksichtigen. Beim optischen Messverfahren spielen der Probenwerkstoff, die Reflexionseigenschaften der Oberfläche, das Fertigungsverfahren, mit dem die Oberflächenstruktur erzeugt wurde, sowie deren Rauheit und die Flankenwinkel lokaler Steigungen eine wichtige Rolle. Das Forschungsprojekt zeigte deutlich auf, dass nur dann die Mess- und Auswerteverfahren, mit denen die Daten gewonnen wurden, gut miteinander in Korrelation gebracht werden können, wenn bestimmte Randbedingungen beachtet werden.
Abweichungen kleiner 10%
Wichtig für aussagefähige Messungen war die ISO-konforme Wahl der Messbedingungen (wie Messstrecken, Grenzwellenlängen der Filter und Tastspitzengeometrie), die in den Normen ISO3274 und ISO4288 (für taktile Messungen) festgelegt sind. Eine typische Messauswertung zeigt Bild 1. In die taktil gewonnene 2D-Messlinie wurden die aus demselben Messbereich stammenden, in optischen 3D-Messungen erfassten Profilwerte eingetragen. Die Rz- und Rmax-Werte lagen dabei eng beieinander. Wie die Messungen ergaben, ist das Weißlichtinterferometer in der Lage, bei Rz-Messungen an geschliffenen Teilen Ergebnisse zu erreichen, die von den taktil gemessenen um weniger als zehn Prozent abweichen. In Bild 2 ist (ebenfalls bezogen auf geschliffene Stahlflächen) die mittlere prozentuale Abweichung der optisch gemessenen Ergebnisse von den taktil gemessenen zu sehen (arithmetischer Mittenrauwert Ra, maximale Rautiefe Rmax und gemittelte Rautiefe Rz). Ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten die Weißlichtinterferometer in flächenhaften 3D-Messungen. Ein Praxisbeispiel zeigt die Rauheitsmessung an einer geschliffenen Distanzscheibe aus einem Einspritzsystem (Rz-Wert: 2,5µm) (Bild 3). Die Originalstudie mit ausführlichem Literaturverzeichnis ist erhältlich bei Harald Goldau (harald.goldau@hs-magdeburg.de) und Ronny Stolze (ronny.stolze@hs-magdeburg.de).