Die Brücke zur Anwendung

Wie intelligent sind die neuen Systeme, d.h. muss ich Bildverarbeitung überhaupt noch verstehen?

„Die Individualisierbarkeit von Bildverarbeitungssystemen
ist wichtig, um die Vielzahl der Anforderungen der Anwender erfüllen zu können.” Peter Keppler, Stemmer Imaging (Bild: Stemmer Imaging GmbH)

Keppler: Das wäre zu empfehlen, egal wie intelligent die Sensoren sind. Es geht bereits mit der optischen Fragestellung los, die man richtig erfassen sollte, damit man auch die richtige Auswahl trifft.

Behrens: Das hängt davon ab, ob ich Maschinenbauer bin, der es in eine Maschine integrieren soll, oder Anwender. Wenn sie als Anwender tief in die Bildverarbeitung einsteigen müssen, um ihre Maschine bedienen zu können, gehen sie besser gleich zu ihrem Integrator und fragen, was er da programmiert hat. Es sollte Baukästen geben, aus denen der Anwender aus vorgefertigen Blöcken bzw. Lösungen auswählen kann und diese miteinander verbindet, um seine individuelle Lösung zu bekommen. Bei einem iPhone X interessiert es auch niemanden, wie dort eine Bildverarbeitung funktioniert.

Keppler: Wir haben einen großen amerikanischen Kunden, der Bildverarbeitung in seine Anlagen installiert hat. Dort wurde jeder Maschinenbetreiber zu einer Schulung geschickt. Dort sollte der Anwender nicht programmieren lernen, aber ein gewisses Grundverständnis für die Technologie bekommen, z.B. dass er eine Optik besser nicht mit einem öligen Lappen sauber macht.

Schmidt: In der Bildverarbeitung müssen die Algorithmen dem Integrator verschiedene Möglichkeiten bieten, seine Anwendungen kompakt zu gestalten. Allerdings mit nur ganz wenigen Auswahlmöglichkeiten. Ich muss nicht zwischen 50 Möglichkeiten auswählen können, wenn für meine Lösung nur zwei wirklich relevant sind.

Wie weit helfen uns die neuen Systeme, Bildverarbeitung auch von der Bedienbarkeit einfacher zu gestalten?

„Es sollte Baukästen geben, aus denen der Anwender aus vorgefertigen Blöcken auswählen kann und diese miteinander verbindet, um seine individuelle Lösung zu bekommen.“
Andreas Behrens, Sick (Bild: Sick AG)

Behrens: Wir bewegen uns heute vorwiegend auf webfähigen Systemen. Wenn Sie dort etwas bestellen, müssen Sie gewisse Abfragen ausfüllen, z.B. ihre Adresse. Sie können eine neue Seite im Netz aufsuchen und dort ebenfalls etwas bestellen, obwohl Sie keine Schulung für diese neue Seite hatten. Das ist genau das, was wir bei den Maschinen erreichen wollen. Ihre tägliche Umgebung einfach widerspiegeln, d.h. dass ich einen neuen Sensor ansprechen kann und mich dabei in den gleichen Mechanismen wie immer bewege.

Munkelt: Was Amazon und dergleichen geschafft haben, ist die Digitalisierung eines Einkaufsprozesses. Man geht in einen Laden, wählt ein Produkt aus dem Regal und geht zur Kasse, um zu zahlen. Die Frage ist, was wir machen müssen, damit der Anwender bei einer Oberfläche versteht, dass der linke Kasten diese Zahl repräsentiert und der rechte Kasten eine andere. Wir Bildverarbeiter orientieren uns gerne an den Apples dieser Welt. Wir unterschätzen dabei aber massiv, wie viele hunderte oder tausende an Mannjahren an Entwicklung in diese Usability geflossen sind. Uns Herstellern bleibt daher mit unseren begrenzten Ressourcen leider nichts anderes übrig, als sich mit einer guten ´Kopie´ dieser Prozesse dem Anwender anzunähern. In fünf Jahren haben auch wir diese Prozesse besser verstanden und entsprechende einfachere Werkzeuge. Die Bedeutung der Usability – aber auch den Aufwand dahinter – kann man nicht hoch genug einschätzen.

Furtner: Wir haben in unsere neue Smart-Kamera 40 Mannjahre Entwicklungen investiert und ca. 30 Jahre davon alleine für die Usability benötigt und nur zehn Mannjahre für die Bildverarbeitung.

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Baumer Optronic GmbH

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