Digitale Bildkorrelation mit Fluoreszenz für Verformungstests

Fluoreszierende DIC

In der Materialforschung gilt die digitale Bildkorrelation (Digital Image Correlation, DIC) als etabliertes Verfahren, um sehr genau Verformungen zu erkennen. Mittlerweile gibt es Systeme, wie z.B. von Lavision (Vertrieb Polytec) die statt des üblicherweise auf einer Grundierung aufgebrachten Punktemusters mit Fluoreszenz arbeiten.
Bild 1 | Auf der Oberfläche des Messobjekts wird ein Speckle-Muster mit fluoreszierender Farbe 
aufgebracht um DIC-Analysen auch auf 
anspruchsvollen Oberflächen zu ermöglichen.
Bild 1 | Auf der Oberfläche des Messobjekts wird ein Speckle-Muster mit fluoreszierender Farbe aufgebracht um DIC-Analysen auch auf anspruchsvollen Oberflächen zu ermöglichen.Bild: LaVision

DIC-Systeme bieten gegenüber Dehnungsmessstreifen oder Kraftsensoren viele Vorteile, da sie berührungslos arbeiten und sich sehr flexibel nutzen lassen. Sie können Dehnungen über einen weiten Bereich von Microstrain bis mehreren 100% messen und auch kleine Proben, im Mikrometerbereich, sind mit Mikroskop-Optiken charakterisierbar. Mit Highspeed-Kameras lassen sich zudem hohe Messraten realisieren, z.B. bei Crashtests in der Automobilindustrie. Die prinzipielle Funktionsweise der DIC-Systeme ist einfach: Basis ist die Auswertung von Bilderserien, um die Verformungen sichtbar zu machen. In der Regel wird das Testobjekt weiß grundiert und mit einem dunklen Speckle-Muster versehen, das aus vielen, zufällig verteilten Punkten besteht. Während der Verformung werden dann Bilder des Bauteils mit Industriekameras aufgezeichnet. Für 2D-Messungen genügt eine Kamera, sollen Verformungen dreidimensional erfasst werden, sind zwei Kameras erforderlich. Die Algorithmen zur Bildkorrelation errechnen, wie sich das Punktemuster in den aufgezeichneten Bilderserien verschiebt. Aus den gemessenen Pixelkoordinaten des Musters lassen sich dann die bei der Verformung entstandenen Veränderungen der Probe oder des Bauteils mit großer Genauigkeit bestimmen.

Bild 2 | Aufnahme des Schwingverhaltens von Stimmbändern: starke Reflexionen bei Weißlicht (l.); Fluoreszenzfarbe grundiert und Pulver bespecklet (r.).
Bild 2 | Aufnahme des Schwingverhaltens von Stimmbändern: starke Reflexionen bei Weißlicht (l.); Fluoreszenzfarbe grundiert und Pulver bespecklet (r.).Bild: Courtesy of Charles Farbos Di Luzan, Liran Oren, University of Cincinnati

Photogenic Patterning

Leider lässt sich aber nicht immer das normale Speckle-Muster nutzen, denn es gibt Anwendungen, bei denen es aufgrund der Probenbeschaffenheit nicht funktioniert. So stößt es beispielsweise bei Abschattungen am Objekt an Grenzen. Wo wegen Einkerbungen oder anderer komplexer Geometrien wenig oder gar kein Licht hinkommt, sind auf den Kamerabildern auch keine aussagekräftigen Veränderungen des Speckle-Musters sichtbar. Textilien sind hierfür ein typisches Beispiel. Auch stark reflektierende oder nasse Oberflächen können zur Herausforderung werden. Hier hilft zwar polarisiertes Licht prinzipiell weiter, das Einstellen der Filter ist allerdings oft recht aufwendig. Auch lässt sich nicht auf allen Untergründen eine Grundierung aufbringen, weil sie zum Beispiel die Materialeigenschaften beeinflusst oder während der Verformung reißen kann.

Das von LaVision entwickelte Photogenic Patterning, das Polytec im Programm hat, kennt diese Schwierigkeiten nicht. Auf der Oberfläche des Messobjekts wird dabei ein Speckle-Muster mit fluoreszierender Farbe aufgebracht, das seine eigene Lichtemission erzeugt und deshalb als photogenic bezeichnet wird. Fluoreszenz ist die Emission von Licht durch einen Stoff, der Licht oder andere elektromagnetische Strahlung absorbiert. In den meisten Fällen hat das emittierte Licht eine längere Wellenlänge als das zur Anregung eingesetzte. So ist es möglich, das Fluoreszenzmuster zu isolieren und mit darauf abgestimmten DIC-Algorithmen auszuwerten. Eine Grundierung ist dazu nicht erforderlich und Abschattungen durch die Beschaffenheit der Probenoberfläche oder Geometrie sind nicht mehr kritisch.

Bild 3 | Das StrainMaster Portable-System ist modular aufgebaut. Es besteht aus 
Controller, Software, ein oder zwei Kameras, Beleuchtung sowie Mechanik.
Bild 3 | Das StrainMaster Portable-System ist modular aufgebaut. Es besteht aus Controller, Software, ein oder zwei Kameras, Beleuchtung sowie Mechanik.Bild: Polytec GmbH

Zwei verschiedene Systeme

Fluoreszierende Farben sowie das passende Zubehör zum Aufbringen gibt es in zahlreichen Varianten, so dass sich für praktisch jede Oberfläche eine adäquate Lösung findet. Die Farben eignen sich für unterschiedliche Untergründe und lassen sich nach dem Test einfach abwischen. Biokompatible Farben eignen sich z.B. für den Einsatz direkt auf organischen Proben, sogar feuchte Stimmbänder lassen sich auf diese Weise vermessen. Selbst saugfähige Oberflächen eignen sich für Photogenic Patterning dank entsprechenden Kreiden. Polytec bietet gleich zwei DIC-Systeme an, die zur 2D-/3D-Form-, Beanspruchungs-, und Deformationsanalyse jetzt auch die fluoreszierenden Speckle-Muster nutzen:

Das StrainMaster Portable-System ist modular aufgebaut. Es besteht aus Controller, Software, ein oder zwei Kameras, Beleuchtung sowie Mechanik und ist auch nachträglich erweiterbar. Alle Prozessschritte der Messung von der Hardwaresteuerung über die Datenverarbeitung, Validierung, Darstellung und den Datenexport sind im System integriert. Die Software steuert alle Prozessschritte von der Aufnahme bis zum Datenexport. Die erfassten Rohdaten bleiben dabei erhalten und erlauben jederzeit eine erneute Nachbearbeitung. Wichtige Parameter wie Auflösung, FoV, Dehnungsbereich und Arbeitsabstand hängen von den verwendeten Beleuchtungen, Kameras und Optiken ab und lassen sich variabel an die Applikationen anpassen.

Beim StrainMaster Compact besteht der in einem Gehäuse untergebrachte Messkopf aus zwei fest integrierten USB3 Kameras und einer hellen LED-Lichtquelle. Der Vorteil des Systems liegt in seinem integrierten Aufbau, der einfachen Bedienbarkeit sowie im einsteigerfreundlichen Preis. Dabei sind Messraten bis 150Hz möglich. Vier Gerätevarianten mit unterschiedlichen Auflösungen und Sichtfeldern erlauben vorab eine Optimierung bezüglich der Anwendung. Ein Komplettsystem besteht aus Messkopf, Controller mit Display, Maus und Keyboard sowie der StrainMaster Compact-Software.

www.polytec.de

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: TeDo Verlag GmbH
Bild: TeDo Verlag GmbH
Webinar Spectral Imaging

Webinar Spectral Imaging

Am 7. Mai findet um 14 Uhr das inVISION TechTalk Webinar ‚Spectral Imaging‘ statt. Dabei stellen Vision & Control (Tailored Optics and Lighting for Hyper- and Multispectral Imaging), Lucid Vision (Advanced sensing with latest SWIR and UV cameras) und Baumer (Inspect the invisible with powerful SWIR & UV Cameras) verschiedene Trends zu SWIR, UV und Hyperspectral Imaging vor.