(Fast) Von Anfang an dabei

Rückblick auf vier Jahrzehnte Vision - Interview Horst Horvath
Seit fast 40 Jahren begleitet Horst Horvath, Leiter Vertrieb und Marketing bei Octum, die industrielle Bildverarbeitung bei verschiedenen Vision-Firmen. Ende März ist er in den Ruhestand gegangen. Vorher hat er aber noch für inVISION, die Entwicklung der Branche Revue passieren lassen.
Bild: Octum GmbH

Herr Horvath, wann haben Sie persönlich erstmals mit dem Thema industrielle Bildverarbeitung zu tun gehabt?

Horst Horvath: Das war im Januar 1984 und ich kam zu dem Thema „wie die Jungfrau zum Kind“. Ich sollte meinen Job in der Prozessleittechnik bei Siemens in Karlsruhe antreten und wurde gefragt ob ich auch industrielle Bildverarbeitung machen würde. Meine Frage was das denn sei, konnte erst in der Fachabteilung beantwortet werden. Das Thema war für mich so neu und spannend das ich sofort zugesagt habe. Es blieb die letzten 38 Jahre spannend, ich bin also am Thema haften geblieben.

Was waren Ihre damaligen Eindrücke von der ’neuen‘ Technologie? Wie sehen Sie das heute?

Horvath: Die Möglichkeit aus Bildern automatisiert Informationen zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und damit die Prozesse zu verbessern, war faszinierend. Die Lauflängenkodierung war damals das Echtzeit Datenreduktionsmodul der Stunde und auch nötig, um mit 4 bis 8kB Speicher für die Auswertung und Bedienerführung zurecht zu kommen. Programmiert wurde in Assembler und jede Applikation war ein Unikat. Die wirklich lösbaren Aufgabenstellungen waren überschaubar. Für die Kunden war das meistens eine black box ohne tieferen Zugang. Heute haben wir technologisch eine sehr große Entwicklung hinter uns, die in allen Bereichen (Kamera, Beleuchtung, Hardware und Software, Benutzerführung, Prozess Integration) die Möglichkeiten eröffnet, die in den Anfängen überhaupt nicht denkbar waren. Das Einzige was sich nicht gravierend verändert hat ist die Physik. Diese gilt nach wie vor und sorgt dafür, dass immer noch nicht alles umsetzbar ist, was Kunden und Anbieter sich so wünschen.

Nach ersten Erfolgen, kam es auch bei der Bildverarbeitung zu dem berühmten ‚Tal der Tränen‘. Viele der hohen Erwartungen konnten seinerzeit nicht erfüllt werden. Warum ist Vision dennoch eine Erfolgsgeschichte geworden?

Horvath: Weil Vision Nutzen stiftet und Kundenprobleme löst, die mit keiner anderen Technologie wirtschaftlicher lösbar sind. Bei den automatisierten Fertigungsanlagen mit hohen Taktraten, den Dokumentationsanforderungen zur jederzeitigen Nachvollziehbarkeit der Prozesse, der Forderung nach konstanter objektiv geprüfter Qualität, ist Vision einfach eine zu gute Lösung, um nicht erfolgreich zu werden. Ebenso haben die Anbieter aus den Fehlern der Anfangszeit gelernt und sich auf Branchen oder Anwendungen fokussiert, um damit wirtschaftliche Lösungen anbieten zu können. Nicht zuletzt hat auch das Erscheinen der intelligenten Kameras und Vision Sensoren zum Erfolg der Bildverarbeitung beigetragen.

Wie unterscheidet sich die damalige Vision-Szene von der heutigen?

Horvath: Die damalige Vision Szene war überschaubar und dominiert von kleinen mittelständischen Unternehmen sowie kleinen Bildverarbeitungsabteilungen weniger Konzerne. Die Produktanbieter waren schon früher international aufgestellt und haben damit von den Skaleneffekten profitiert. Die Lösungsanbieter haben erst viel später diesen Pfad beschritten und auch nur wenige davon. Die Entwicklung vom ´wir machen alles´ Anbieter zum Spezialisten für x oder y und die damit verbundene Standardisierung, war entscheidend für den Erfolg der heutigen Player. Die Anwender hatten früher weniger Auswahlmöglichkeiten in einem überschaubaren Anbieterumfeld, es war also leichter den richtigen Anbieter zu finden. Im Gegenteil dazu sind die Selektionsprozesse heute recht aufwendig und zeitraubend bei der Vielzahl der Anbieter. Viele Anwender haben inzwischen eigene BV Experten die den gesamten Prozess steuern. Das Wissen und die Erfahrung mit dieser Technologie ist mittlerweile auch auf Anwenderseite häufiger vorhanden. Es findet somit ein Treffen auf Augenhöhe statt.

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